"Ich bastle Geschenkboxen, Taschenkalender, Kerzen und Tragetaschen",
erzählt Subal mit leuchtenden Augen.
"Wenn du so eine Box mit Trockenfrüchten oder mit Schmuck füllst, dann ist das ein tolles Geschenk."
Der 18-jährige Subal ist lernbehindert. Zusammen mit anderen jungen Menschen mit Behinderung arbeitet er im Klassenzimmer einer Sonderschule.
"Die Taschenkalender und Tagebücher machen mir am meisten Spaß. Meine Sachen sind alle handgemacht. Wir kaufen nur das Papier auf dem Markt, den Rest machen wir selber".
Die jungen Erwachsenen sind der Schule entwachsen, doch auf dem umkämpften indischen Arbeitsmarkt ist kein Platz für sie. Ihre alte Schule bietet ihnen in Zusammenarbeit mit einer Hilfsorganisation eine kunsthandwerkliche Ausbildung an. Für ein geregeltes Einkommen reicht das nicht. Ihre Produkte werden in einem kleinen Geschenkladen in der Nachbarschaft ihrer Schule verkauft. Sie haben das Gütesiegel Fair Trade, aber der faire Handel steckt in Indien noch in den Kinderschuhen.
"Fair gehandelte Produkte lassen sich auf dem indischen Markt nur dann verkaufen, wenn wir das Konzept des fairen Handels richtig erklären, aber das passiert nicht. Wir erreichen die Massen noch nicht. Ich habe ständig das Gefühl, dass wir nicht laut genug sind."
Padmini Sharma ist die geschäftsführende Direktorin des indischen Fair Trade Forums. Diesen Dachverband des fairen Handels gibt es seit etwas mehr als zehn Jahren. Fair Trade India hat heute landesweit rund 115 Mitglieder - es sind überwiegend Hilfsorganisationen, die mit Kunsthandwerkern zusammenarbeiten.
"Wir müssen endlich damit anfangen, die Massen für den fairen Handel zu begeistern. Denn nachdem wir einen Handwerker davon überzeugt haben, dass er seine Produkte besser über unsere Mitglieder vermarkten kann, brauchen wir Käufer. Ohne Endabnehmer ist der Kreislauf des fairen Handels nicht geschlossen."
Derzeit produzieren rund 200.000 indische Kunsthandwerker für den fairen Handel. Noch werden fast 80 Prozent der Ware ins Ausland exportiert, sagt Verbandschefin Padmini Sharma.
"Fairer Handel ist für entwickelte Länder wichtiger als für Länder, die sich noch entwickeln. Ich denke, man sollte sich nur dann entwickelt nennen, wenn der eigene Markt gerecht mit allen umgeht, die daran teilnehmen."
Indien durchläuft seit mehr als zwei Jahrzehnten eine rasante wirtschaftliche Entwicklung - von der Agrar- zur Industrie - und Dienstleistungsgesellschaft. Dadurch ist eine neue indische Mittelklasse entstanden, aber die Schere zwischen Arm und Reich ist auch größer geworden.
"Wir müssen an die Jugendlichen der indischen Mittelklasse rankommen. Wenn so ein junger Mensch weiß, dass er auf einem Straßenmarkt ein vergleichbares Produkt für weniger als die Hälfte kaufen kann, warum sollte er dann Fair Trade kaufen? Das tut er nur, wenn er vorher weiß, dass er damit im Leben eines anderen Menschen einen großen Unterschied macht - indem er den Wert der geleisteten Arbeit honoriert. Es geht darum, ehrlich und fair auf dem Markt zu handeln."
Der kaufkräftige Teil der neuen indischen Mittelklasse ist konsumfreudig - doch es geht wie in Europa oder den USA eher um Statussymbole als um fair gehandelte Ware. Rund 400 Millionen Menschen in Indien leben nach wie vor von der Hand in den Mund. Für Tagelöhner, die mit weniger als einem Euro am Tag auskommen müssen, ist Fair Trade ein Konzept nur für die Reichen.