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Indoor-Navis auf dem Prüfstand

Technologie.- Während ein Navigationssystem Autofahrer draußen zuverlässig von A nach B lotst, versagt die Satellitentechnik in Gebäudekomplexen wie Flughäfen kläglich. Dabei könnten auch Fußgänger von einem Wegeleitsystem profitieren.

Von Viola Simank |
    Das Hauptgebäude der Technischen Universität Chemnitz hat drei Etagen, fast 300 Zimmer, viele, viele Gänge, Treppen und Durchgänge. Hier haben sich schon viele Erstsemester und Besucher auf der Suche nach einem Zimmer verirrt, und das trotz Hinweisschildern. Bei der Suche nach dem richtigen Weg könnte ihnen bald ein neues Innenraum-Navigationssystem helfen. Das haben Wissenschaftler am dortigen Lehrstuhl für Technische Informatik entwickelt. Künftig, so die Idee, würde also der Besucher beim Pförtner eine Chipkarte bekommen. Darauf befindet sich ein Funketikett, ein sogenannter RFID-Tag, erklärt Professor Wolfram Hardt:

    "Das benutzen wir als Erkennungstechnologie, und zwar um eine Person zu erkennen, und den Wunsch, wohin sie gehen möchte. Beides, wer ist diese Person und wohin möchte sie, wird auf dieser Besucherkarte gespeichert und dann dem Gast, der unser Haus betritt, ausgehändigt."

    Nun kann sich der Besucher mit seiner Chipkarte auf den Weg machen. Dabei werden die Funketiketten und das darauf gespeicherte Ziel von entsprechenden Lesegeräten erkannt, den RFID-Toren. Die kleinen flachen Kästen installiert man in der Nähe von Treppenaufgängen oder Abzweigungen.

    Einen ersten Eindruck, wie das neue Navigationssytsem funktioniert, vermittelt eine kleine Teststrecke im Uni-Hauptgebäude. Hier kann man sich schon ein kleines Stück leiten lassen – und zwar direkt bis zur Mensa, erklärt Matthias Vodel, der das System mit entwickelt hat.

    "Wir haben jetzt einen ersten Gang mit solch einem RFID Tor ausgerüstet und solchen Displays. Das heißt, in dem Fall haben wir jetzt einen Sektor abgeteilt, der eigentlich nur aus drei Büros besteht und diesem Infoterminal unserer Mensa."

    An den drei Bürotüren sind elektronische Türschilder in Form von Displays angebracht, die momentan nur die Zimmernummer und die Namen der Zimmerinhaber anzeigen. Davor hängt links und rechts an der Wand je einer dieser Kästen, die das RFID-Tor bilden. Mit einer Testkarte in der Tasche, auf der das Ziel "Mensa" gespeichert ist, geht Matthias Vodel an ihm vorbei:

    "Man kommt also jetzt hierdurch, das heißt, der RFID-Tag wird erkannt und in diesem Bereich müssten jetzt die Displays der Räume angepasst werden. Das heißt, wenn die Person die Mensa sucht und geht durch dieses Feld durch, könnte man auf diesen drei Displays eine Pfeil nach rechts anzeigen – geh geradeaus durch."

    Und tatsächlich – die drei Türschilder verwandeln sich in Wegweiser und zeigen einen orangenen Pfeil in Richtung Mensa an, die sich gleich am Ende des Ganges befindet. Unter dem Pfeil steht der Name des Besuchers, damit er den Hinweis auch richtig zuordnen kann. Noch arbeiten die Informatiker der TU Chemnitz an der Optimierung des Systems. Die Teststrecke wird deshalb zurzeit vergrößert und die gesamte Informatik-Fakultät mit dem intelligenten Wegeleitsystem ausgerüstet.

    Die Anwendungsgebiete für das System sind vielfältig. Mit ihm könnten sich Besucher in großen Bürogebäuden besser zurechtfinden, auch in Flughäfen ist ihr Einsatz denkbar, sagt Professor Wolfram Hardt:

    "Es kann sein, dass sie einen Transfer haben, dann sind sie registriert, kommen aus dem ersten Flugzeug raus, erhalten ihre Karte oder auf ihrem Flugticket wird es mit einprogrammiert und sie werden dann richtig zum nächsten Terminal geleitet. Das ist sehr hilfreich, um Zeit zu sparen und den richtigen Anschlussflug zu bekommen. Man kann das soweit denken, dass man an ein Interaktionsterminal geht und sagt, ich möchte jetzt da und da hin, und das wird dann auf seiner persönlichen Karte gespeichert."

    Das neue Navigationssystem führt die Besucher aber nicht nur auf dem kürzesten Weg zum Ziel. Mithilfe der Chipkarte, die der Besucher bei sich trägt, kann er auch geortet werden. So lassen sich in sicherheitskritischen Bereichen unbefugte Gäste entdecken:

    "Wenn es solchen sicherheitskritischen Bereich gibt, dann werden die normalerweise auch stärker überwacht und solche Dinge unterbunden und dann wird es erfasst, dass hier jemand ist, der nicht dort hingehen darf, nicht berechtigt ist. Dann kann ein Sicherheitsbeamter informiert werden, das da irgendwas nicht in Ordnung ist."

    Diese Ortung von Personen könnte das neue Navi aber auch zum Lebensretter werden lassen. Denn im Notfall ließen sich mit dessen Hilfe Personen - beispielsweise in einem brennenden Gebäude - schneller finden und bergen.