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Industriestrategie 2030
Altmaier will Ausverkauf von Firmen stoppen

Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) will die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie verbessern und einen Ausverkauf deutscher Firmen ins Ausland verhindern. Ein vorheriger erster Anlauf für seine Pläne war auf viel Kritik gestoßen.

Von Panajotis Gavrilis | 29.11.2019
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU, l) und Tim Berners-Lee, Erfinder des World Wide Web, unterhalten sich auf dem Internet Governance Forum (IGF).
Peter Altmaiers Industriestrategie: Protektionismus oder Schutzwall? (Sven Braun/dpa)
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier will mit seiner "Industriestrategie 2030" vor allem die Rahmenbedingungen für die Industrie verbessern.
"Modernes Wettbewerbsrecht, auch auf europäischer Ebene. Sozialversicherungsbeiträge bei unter 40 Prozent deckeln, im Grundgesetz verankern. Wir wollen die Unternehmenssteuerbelastungen senken. Ich möchte gerne, dass die Stromkosten, sowohl für die Industrie wie auch für private Haushalte im europäischen Mittelfeld liegen, keinesfalls in der Spitzengruppe."
Steuerentlastungen für Unternehmen – das dürfte mit dem Koalitionspartner SPD jedoch kaum zu machen sein.
Schlüsseltechnologien schützen
Ein weiterer Schwerpunkt seiner Strategie: Schlüsseltechnologien besser vor feindlichen Übernahmen aus dem Ausland schützen.
Von einem festen Fonds, über den der Staat private Unternehmen für eine begrenzte Zeit übernehmen kann, ist keine Rede mehr, stattdessen spricht Altmaier von einer "Nationalen Rückgriffsoption".
"Ich wollte und will den Staatssektor nicht ausweiten. Ich möchte, dass der privaten Initiative immer der Vorrang gebührt vor der staatlichen Alternative und deshalb habe ich dafür Sorge getragen, dass wir eine klare Stufenlösung aufgeschrieben haben, wie wir vorgehen, wenn sich die Frage von Übernahmen in sensiblen oder sicherheitsrelevanten Bereichen stellt."
Letztes Mittel: KfW-Bank steigt ein
Als letztes Mittel, so Altmaier, könnte der Staat über die KfW-Bank sich an einem Unternehmen beteiligen.
Altmaier hatte im Februar bei seinem ersten Aufschlag viel Kritik einstecken müssen. Vor allem vom Mittelstand, der sich nicht ausreichend berücksichtigt fühlte und weil Altmaier große Unternehmen wie Siemens oder Thyssenkrupp namentlich in den Mittelpunkt gestellt hatte.
"War es ein Fehler einige Dickschiffe auch beim Namen zu nennen? Wissen Sie, ich habe nie behauptet, dass ich völlig fehlerfrei bin."
Es sei ihm stattdessen darum gegangen, eine Debatte auszulösen, so Altmaier.
Wirtschaftsverbände jetzt versöhnter
In der Endfassung werden keine konkreten Unternehmen mehr genannt, der "Deutsche Industrie und Handelskammertag" zeigt sich zufrieden, dass nun der "industrielle Mittelstand in der Strategie mehr Gewicht" erhalte.
Der "Bundesverband der Deutschen Industrie" begrüßt Altmaiers Steuersenkungspläne. BDI-Präsident Dieter Kempf fordert die Bundesregierung auf, diese nun in konkrete Politik zu verwandeln. Der BDI hält von einer staatlichen Rückgriffsoption zur Sicherung technologischer Souveränität wörtlich "nichts".
Und der DIHK-Präsident Eric Schweitzer warnt davor, dass die erneute Verschärfung der Außenwirtschaftsverordnung die Attraktivität des Investitionsstandortes Deutschland nicht weiter einschränken dürfe. Bereits gestern wurde bekannt, dass sich der Staat bei sensiblen und hochrelevanten Technologien notfalls auch befristet an Unternehmen beteiligen soll.
"Wir wollen keinen Protektionismus. Wir wollen keine Belastungen für die Wirtschaft. Aber wir wollen dafür sorgen, dass ein Ausverkauf nicht stattfindet. Insbesondere in sicherheitsrelevanten oder in sensiblen Bereichen."
Hier geht es um "kritische Technologien", heißt es, also Unternehmen die sich unter anderem mit Künstlicher Intelligenz oder Robotik beschäftigen. Konkret heißt das: Wenn ein ausländischer Investor aus einem Nicht-EU-Land mindestens zehn Prozent eines solchen Unternehmens erwirbt, besteht eine Meldepflicht. Das Ministerium kann die Übernahme sogar prüfen. Bisher gilt das nur für kritische Infrastrukturen wie Stromnetze.