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Infektiöse Fracht aus dem Lüftungsschlitz

In Süden Spaniens in Murcia ist die gefährliche Legionärskrankheit weiter auf dem Rückzug. Die Zahl der Erkrankten habe sich inzwischen auf knapp 300 stabilisiert, teilten die Gesundheitsbehörden mit. Nach der Reinigung der Kühltürme von Klimaanlagen in 14 Gebäuden sei der Infektionsherd unter Kontrolle.

Peter Kolakowski |
    Die größte derartige Epidemie in Spanien hat auch in Deutschland die Diskussion um Sinn und Unsinn von Klimaanlagen neu entfacht. Zwar sorgen diese gerade in den heißen Sommemonaten für eine angenehme Temperaturen in Büros, Kaufhäusern und Banken. Die Qualität der Luft aus den Klima-Anlagen lässt allerdings oft zu wünschen übrig, kritisieren Hygiene-Experten.

    In gut einem Drittel aller klimatisierten Büros, hat der Verein Deutscher Ingenieure ermittelt, klagen die Beschäftigten über häufige Erkältungen, Kopfschmerzen, Schleimhautreizungen oder übermäßige Müdigkeit. Weil diese Symptome aber auch andere Ursachen haben können und auch ohne das Einatmen klimatisierter Luft auftreten, wird gerade von der Industrie der Zusammenhang zwischen Klimaanlage und Gesundheitsstörungen vehement abgestritten. Untersuchungen verschiedener Hygiene-Institute der Universitäten haben jedoch gezeigt, dass die Luft sehr wohl zum Beispiel für das so genannte Sick Buildung Syndrom verantwortlich sein kann. So Professor Martin Exner Leiter des Instituts für Hygiene und öffentliche Gesundheit an der Universität Bonn

    Ich möchte allerdings mit Nachdruck darauf hinweisen, dass wir auf die Klimatechnik heute, besonders in Großgebäuden, nicht verzichten können. Dennoch müssen wir darauf hinweisen, dass der Bedarf einer richtigen Wartung erheblich ist.

    Klimaanlagen so Exner würden als Krankeitsherd nach wie vor unterschätzt. Was da aus den Düsen in die Ramluft entweicht, ist nämlich teilweise mit einen ganzen Cocktail von Krankheitserreger angereichert. Vor allem Pilzsporen und Bakterien vermehren sich in dem feucht warmen Klima der Luftkanäle und Rückkühlaggregate prächtig. Der Verein Deutscher Ingenieure hatte deshalb vor drei Jahren eine Din -Norm vorgelegt, in der geregelt ist, wie eine Anlage unter hygienischen Aspekten zu bauen und zu betreiben ist. Zum Beispiel, wo die Luft angesogen werden sollte, wie oft die Filter zu wechseln sind und wie der Befeuchter möglichst keimfrei gehalten werden kann. Zwar gab es in Deutschland schon Vorschriften für den sicheren sprich technisch reibungslosen Betrieb von Klimaanlagen, aber keine hygienischen Standards. Und die gibt es trotz DIN Norm auch bis heute noch nicht, bestätigt auch Birgit Lindenbaum,sachverständige für Klimaanlagen beim TÜV Rheinland und Brandenburg. Denn die VDI Norm ist nicht mehr als eine Empfehlung ohne rechtlich bindende Verpflichung.

    Unser Bestreben ist auch, die Hygiene zu überprüfen, die von den Betreibern etwas vernachlässigt wird. Aber unser Bestreben ist dieses zu prüfen. Die Hygiene daraufhin, dass die Zuluft, die in den Räumen eingeführt wird, nicht stärker kontaminiert ist als die Außenluft selbst.

    Bisher, so kritisieren Hygieneexperten mangelt es hier oft an der dringend nötigen Sensibilität. Meist, weiß auch der TÜV, würden auch keine Klimatechniker, sondern Hausmeister die Anlage warten. Filter würden erst dann getauscht, wenn keine Luft mehr durchginge. Bleiben sie zu lange in der Anlage beginnen die zurückgehaltenen Keime und Pilze in feinste Partikel zu zerfallen, die der Filter dann nicht mehr zurückhalten kann. Beim Zerfall entstehen giftige Stoffe, die nicht nur unangenehm riechen, sondern auch Kopfschmerzen, Erbrechen, Augenjucken und Allergien auslösen können. Sorgen macht Hygienikern auch der laxe Umgang mit den sogenannten Rückkühlaggregaten, regelrechte Brutstätten für Pilzsporen und Bakterien. Professor Martin Exner sieht hier auch den Zusammenhang zwischen magelhafter Wartung und dem massiven Auftreten der Legionärskrankheit im spanischen Murcia.

    Rückkühlwerke sind technische Systeme, die dazu dienen, erwärmte Luft herunterzukühlen, die in Gebäuden entsteht, und wenn diese Rückkühlwerke mit Wasser arbeiten, kann dann insbesondere in warmen Jahreszeiten es zu einer Ansiedlung von Legionellen kommen, die dann über die Luft weiter verbreitet werden. Legionellen haben die entsprechende Voraussetzung, auch auf längere Distanzen über die Luft weiter übertragen zu werden.

    Man wisse aber so Exner, dass diese Rückkühlwerke im Sommer teilweise ganz erheblich mit Legionellen-Erregern belastet sind. Häufig werden dann auch, um die Vermehrung von Pilzen und Bakterien in der Anlage zu unterdrücken, sogeannnte Fungizide und Bakterizide eingesetzt. Solche chemischen Gifte seien aber bei einer runter hygienischen Aspekten richtig gebauten Anlage zum einen überflüssig. Es besteht hierbei zudem die gesundheitliche Gefahr, dass Spuren solcher Gifte in die Raumluft gepustet und von den Bewohnern dann auch eingeatmet werden.

    Wir fordern natürlich, dass der Einsatz solcher entsprechender Substanzen nicht notwendig ist, denn wir sind ja darauf angewiesen, diese Luft einzuatmen. Dies ist aber vielfach ungeregelt, und von daher kann man das nicht ausschließen, dass solche Substanzen auch eingesetzt werden, ohne dass wir darüber als Verbraucher wirklich wissen, was wir da einatmen. Da wissen wir z. B. auch in Hotels nicht, was dort eingesetzt worden ist.

    Mitarbeiter in Büros aber auch Besucher von Kaufhäuser oder Banken sollten sich deshalb ruhig bei der Haustechnik über die Klimaanlage informieren lassen und wenn nötig auf die Einhaltung der freiwilligen Hygiene-DIN-Norm drängen. Rät der Allergologe und Luftraumsachverständige Dr. Steffen Engelhardt vom Bonner Hygiene-Institut

    Wenn ein Arbeitsplatzbezug solcher Beschwerden anzunehmen ist, dann sollte man nach Möglichkeit den Betriebsarzt oder Arbeitsmediziner konsultieren und auf dieses Problem hinweisen. Der kann dann gegebenenfalls auch weitere Experten konsultieren.

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