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Infektionsschutz für Ungeborene

Fehlbildungen, Probleme mit der Plazenta, oder eine ungesunde Lebensweise - es gibt viele Gründe für Früh- oder Fehlgeburten. In etwa 45 Prozent der Fälle liegt die Ursache allerdings bei winzigen Keimen, die den Gebärmutterhals und auch das Kind infizieren. Wenn die Mütter etwas von der Infektion spüren, ist es für ihr Kind meistens schon zu spät. Dabei lässt sich eine Infektion durch einen simplen pH-Test rechtzeitig feststellen und behandeln. Besser ist es allerdings, sie gar nicht erst entstehen zu lassen. Ob das möglich ist, hat Yves Garnier von der Frauenklinik der Universität Köln in einer Studie untersucht.

Von Kristin Raabe | 19.01.2007
    " Wir hatten insgesamt 57 Frauen in dieser Studie und Aufnahmekriterium war, dass diese Frauen entweder eine späte Fehlgeburt, zwischen der 12. und 22. Schwangerschaftswoche hatten, davon mindestens zwei oder bereits eine extreme Frühgeburt von der 24. bis zur 30. Schwangerschaftswoche. Und die meisten Frauen hatten Kombinationen, die durchaus vier, fünf, Schwangerschaften hatten, ohne lebendes Kind. "

    Mit dieser Vorgeschichte hätten die Frauen normalerweise nur eine Chance von 25 bis 30 Prozent gehabt, ein gesundes Kind auf die Welt zu bringen. Um auszuschließen, dass wieder Keime von der Scheide bis zum Muttermund aufsteigen und eine Fehlgeburt auslösen, entschied sich der Kölner Frauenarzt für eine kleine Operation: Er nähte den Muttermund kurzerhand zu.

    " Das ist ein überschaubarer Eingriff, aber er muss geübt sein. Man entfernt etwas von der Schleimhaut und näht es zu. In geübter Hand dauert der Eingriff 15 bis 20 Minuten. Im Anschluss muss die Patientin 24 bis 48 Stunden Bettruhe einhalten. Sie bekommt ein Antibiotikum, nach 48 Stunden steht sie wieder eigenständig auf und in der Regel haben diese Frauen nach drei bis vier Tagen die Klinik wieder verlassen. "

    Der zugenähte Muttermund stört nicht bei einer natürlichen Geburt, denn normalerweise wird das Gewebe dort während des Geburtsvorgangs durch Enzyme wieder aufgelöst. Zusätzlich kann der Arzt mit dem Finger etwas nachhelfen, was für die Schwangere unter einer Wehe keine zusätzlichen Schmerzen bedeutet. Lediglich in einem Fall war auf Grund des Eingriffs der Kölner Ärzte ein Kaiserschnitt notwendig. Für die meisten Studienteilnehmerinnen hat sich die kleine Operation aber gelohnt.

    " Das schöne Ergebnisse dieser Studie ist das von diesen Frauen 92 Prozent ein lebendes Kind mit nach Hause nehmen konnten. Zu erwarten war in diesem Kollektiv eine Geburtenrate von 25 bis 30 Prozent. Also hier doch ein deutlicher Erfolg. Aber wir haben in diesem Kollektiv auch Frühgeburten. Wir haben 15 bis 20 Prozent der Frauen die zwischen der 24. und 34 Woche entbunden wurden, aber alle dies Kinder haben keine Hinweise für Infektionen und leben gesund. "

    Bundesweit könnten Tausende von Kindern, die ansonsten einer Infektion zum Opfer fallen, mit dieser Methode gerettet werden. Aber der totale Muttermundverschluss wird nur von wenigen Ärzten angewandt.

    " Diese Methode wurde bereits vor 20 Jahren, das erste Mal beschrieben und hat sich leider nicht durchsetzen können, weil sie immer mit einer anderen Methode, der Cerclage, verwechselt wurde. Die Cerclage ist lediglich eine bandförmige Umschlingung des Gebärmutterhalses, die den Gebärmutterhals Stabilität geben soll, verhindert aber nicht das Aufsteigen von Keimen. Und diese Methode wurde verändert und diesbezüglich abgewandelt, aber bis heute machen vielleicht nur fünf bis acht Krankenhäuser in Deutschland regelmäßig den totalen Muttermundverschluss. Und das ist unser Appell, das wieder bekannt zu machen heute, dass diese Methode sehr wirksam ist. "