Archiv


Informationsgesellschaft in Europa

Mit der Europäischen Strategie i2010 ist ein Rahmen gesetzt worden, der die wirtschaftliche Entwicklung der Europäischen Union unterstützen und beschleunigen soll. Teil dieser Strategie sind die Medien.

Von Vera Linß |
    Auf drei Säulen stützt sich die Initiative der Europäischen Kommission i2010, wenn es um die Medien geht. Zum einen soll die Informationsgesellschaft für die Menschen zugänglicher gemacht werden - mit dem Einsatz moderner Technik in der Verwaltung, im Verkehr oder im Gesundheitswesen. Zum zweiten geht es darum, mehr als bisher in Informations- und Kommunikationstechnologien zu investieren, wie Harald Trettenbrein, Vertreter der EU-Kommission im Bereich Informationsgesellschaft und Medien, erklärt:

    "Hier hat Europa einen großen Nachholbedarf. Vergleichsweise werden pro Kopf in Europa in diesem Bereich etwa 80 Euro jährlich investiert, in den USA 400 Euro,. Das macht einen großen Unterschied, und hier ist Europa tatsächlich gezwungen, sich auf die Überholspur zu setzen."

    Ein dritter Schwerpunkt ist darauf ausgerichtet, einen wettbewerbsorientierten Binnenmarkt für Mediendienstleistungen zu schaffen. Dazu zählt auch die vieldiskutierte EU-Fernsehrichtlinie. Sie legt die Grundsätze fest, wonach in der digitalen Welt audiovisuelle Inhalte in den Mitgliedstaaten verbreitet werden. In der kommenden Woche findet im EU-Parlament die erste Lesung des Gesetzentwurfes statt. Die Chancen, dass das Papier innerhalb des nächsten Jahres beschlossen wird, stehen gut.

    Ein entscheidender Knackpunkt - die Frage, ob Produktplatzierung in Sendungen erlaubt sein soll - wurde gelöst. Eigentlich wollte die EU-Kommission mit Blick auf den internationalen Markt den Grundsatz, Werbung und Programm voneinander zu trennen, aufheben. Nun wurde umgerudert. Norbert Schneider, Chef der Landesmedienanstalt in Nordrhein-Westfalen, zeigt sich sehr zufrieden.

    "Weil in dieser Richtliniendiskussion sich ja doch ein außerordentlich wichtiger Wechsel an einer Stelle jetzt vollzogen hat, dass das alte Trennungsgebot nicht aufgehoben wird. Wir haben zwei Jahre lang darüber diskutiert, und Brüssel hat gesagt, nein, die Amerikaner machen das, die bringen das nach Europa, müssen wir es auch machen. Wir haben gesagt, das ist kein Argument. Untugenden rechtfertigen nicht, dass man e auf dieses Niveau drückt."

    Auch in Zukunft müssen also Programm und Werbung voneinander getrennt sein. Product Placement - das Platzieren von Produkten zu Werbezwecken - , soll nur in Ausnahmen erlaubt sein. Bei diesem Ergebnis dürfen sich auch die deutschen Bundesländer und der Kulturstaatsminister auf die Schulter klopfen. Noch vor einem Jahr wurde der Lobbyarbeit von Bund und Ländern Nachholbedarf attestiert. Nun hatte sich die deutsche Position Gehör verschafft.

    Das Thema Werbung dürfte aber unter einem anderen Gesichtspunkt noch für Diskussion sorgen, wie der Vertreter der EU-Kommission, Harald Trettenbrein erklärte:

    "Dissens gibt es jedenfalls im Parlament noch in den Werbefragen. Soll es eine Liberalisierung im Hinblick auf Fernsehwerbung geben? Soll es die Möglichkeit flexiblerer Regeln für traditionelle Fernsehveranstalter geben?"

    Dahinter steht die Frage, ob nach wie vor Filme dreimal für Werbung unterbrochen werden dürfen, und zwar in festgelegten Abständen, oder ob diese Regelung gelockert wird. Ziel der Initiative der Europäischen Kommission i2010 ist natürlich auch, die Digitalisierung der Medien in den Mitgliedsländern voranzutreiben. Hier liegt Deutschland nur im Mittelfeld. Zwar ist die Zahl der Haushalte, die digital fernsehen, gestiegen von 25 auf 32 Prozent. Zwei Drittel schauen über Antenne digital, die Hälfte aller Haushalte über Satellit. Doch das Kabel hinkt zurück, so das Ergebnis des aktuellen Digitalisierungsberichts der Landesmedienanstalten, der in dieser Woche vorgestellt wurde. Hans Hege, Chef der Medienanstalt Berlin-Brandenburg.

    "Großbritannien hat heute schon 70 Prozent Digitalhaushalte, demgegenüber liegen wir zurück, sonst liegen wir im guten Mittelfeld. Bei der Terrestrik sind wie sogar relativ weit vorne. Aber das hängt eben auch damit zusammen, dass wir ein sehr attraktives freie Angebot schon im analogen Bereich haben, so dass der Mehrnutzen in andern Ländern größer ist. In Großbritannien eben gab es nur fünf oder sechs analoge Fernsehprogramme."

    Für Hege ist die Digitalisierung des Kabels die größte Herausforderung des kommenden Jahres. Gesucht werden müsse aber auch nach einem Geschäftsmodell für Handy-TV und nach Regularien für Fernsehen über DSL.