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Ingenieure verzweifelt gesucht

Wer Lust hat auf einen Job in der Luft- und Raumfahrtindustrie, der sollte sich auf den Weg zur Internationalen Luft- und Raumfahrtmesse ILA machen. Aufgrund des Fachkräftemangels in der Branche hat die Messe in diesem Jahr zum ersten Mal ein Karrierezentrum aufgebaut. Etwa 50 Firmen stellen sich dort vor.

Von Claudia van Laak |
    Ingenieure, Ingenieure, Ingenieure - auf der großen Wand an der Stirnseite des Karrierezentrums hängen die Stellenanzeigen dicht an dicht. Gute Chancen für Claire Staschus. Sie studiert Maschinenbau, will später am liebsten in der Raumfahrt arbeiten und ist heute auf die ILA gekommen.

    " Karriereperspektive, Kontakte knüpfen, einfach sehen, was es gibt und so weiter."

    Claire Staschus sucht einen Praktikumsplatz - die Auswahl ist groß, in der Luft- und Raumfahrt werden Praktika - anders als in anderen Branchen - gut bezahlt. Die Lufthansa schwört auf deutsche Ingenieure. Mit Hochschulen in Asien oder in den USA hat Frank Schmidt, Leiter der Abteilung Personalmarketing bei der Lufthansa, keine guten Erfahrungen gemacht.

    " Das hört sich jetzt nicht sonderlich international an, aber es ist genau richtig. Im Moment sind das meine Favoriten. Wir haben in Deutschland einige exzellente, glänzende Ingenieursschulen, aber die Menge fehlt."

    Große Unternehmen wie die Lufthansa können nicht über einen Mangel an Bewerbern klagen - kleine und mittelständische Unternehmen haben es bei der Rekrutierung von Personal weitaus schwerer. Neben dem Stand von Lufthansa hat Avionics seine Zelte aufgeschlagen. Das Dresdner Unternehmen entwickelt und produziert Wasser- und Abwassersysteme für die Flugzeuge von Airbus und Boing.

    Geschäftsführer Michael Matz blickt neidisch hinüber zu Lufthansa, wo sich die Interessenten drängeln.

    " Wir haben Imagenachteile, ganz klar. Firmen wie Lufthansa haben natürlich kein Problem, junge Leute anzusprechen, Firmen wie wir sind unbekannt. Die jungen Leute achten heute, besonders die Jungs, auf das Image, und da haben es die Kleinen immer schwerer als die großen."

    Michael Matz wirbt mit schnellen Aufstiegschancen in seinem kleinen Unternehmen. In einem Großkonzern sind Sie nur ein kleines Rädchen, sagt er zu den Interessenten.

    " Bei uns gibt es flache Hierarchien, und von daher gibt es relativ schnell Verantwortung auch für junge Leute. Und Leute, die bei uns ein oder zwei Jahre dabei sein, übernehmen Teilprojektleitungen, nach zwei, drei Jahren Projektleitungen, deshalb gelingt es uns immer noch, gute Leute zu finden, aber es wird zunehmend schwieriger. "

    Stefanie Lengning kommt an den Stand von Avionics. Sie ist technische Zeichnerin, hat ein Studium der Luftfahrttechnik- und Logistik an der Fachhochschule Wildau begonnen und will erste Kontakte knüpfen.

    " Ich habe immer als Konstrukteur gearbeitet vor dem Studium und wurde immer schlecht bezahlt, hab genau die gleichen Arbeiten gemacht wie die Konstrukteure, die bloß einen Titel hatten. Das ist bestimmt bei uns nicht so. Bei uns geht es darum, was sie bringen, und nicht darum, was sie für einen Titel haben. Und wenn man sagt, Sie machen die gleiche Arbeit wie jemand, der Maschinenbau studiert hat, dann kriegen sie auch das gleiche Geld."

    Wir können es uns nicht mehr leisten, die Leute schlecht zu bezahlen oder auf die Titel zu schauen, sagt Avionic-Geschäftsführer Matz. Hat das Unternehmen vor einigen Jahren nur Ingenieure von Technischen Universitäten eingestellt, greift es jetzt auf Fachhochschulabsolventen und Nicht-Akademiker zurück. In der Luft- und Raumfahrt kann derzeit nur jede zweite freie Ingenieurs-Stelle besetzt werden. Der Luftverkehr wächst jährlich um fünf Prozent - trotz der rasant steigenden Kerosinpreise wird er weiter wachsen, da ist sich die Branche sicher. Dietmar Schrick, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der deutschen Luftfahrtindustrie über den Personalbedarf.

    " Der Bedarf für 2008 in der gleichen Größe wie im letzten Jahr. Rund 6000 zusätzliche Stellen werden geschaffen, 4000 Ingenieure, 200 Facharbeiter. Das ist die Situation - für die Branche gute Aussichten und gute Aussichten für Menschen, in der Luft und Raumfahrt zu arbeiten."

    Der Hubschrauberproduzent Eurocopter und der große europäische Flugzeugbauer Airbus haben auf der ILA angekündigt, aufgrund des Ingenieurmangels, ihre Produktionen verstärkt ins Ausland verlagern zu wollen, Airbus zum Beispiel nach Indien.