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Injektionen gegen Epilepsie

Bei jedem vierten Patienten mit sogenannter Schläfenlappenepilepsie helfen weder Operation noch Medikamente. Nach neuen Therapieansätzen wird deshalb gesucht. Kalifornische Forscher können nun Erfolge bei Versuchen mit Stammzellen vorweisen.

Von Katrin Zöfel |
    Scott Baraban von der University of California in San Francisco spricht von seiner neuesten Studie zu Epilepsie. Er und sein Kollege Robert Hunt haben Mäusen, die durch das Medikament Pilocarpin künstlich eine Epilepsie entwickelten, unreife Nervenzellen transplantiert – und einige Nager damit von ihren epileptischen Anfällen geheilt. Es ist eine Art Stammzelltherapie, allerdings eine besondere, sagt Robert Hunt:

    "Wir setzen Zellen in die Gehirne ein, die sich nicht mehr teilen können. Sie sind also nicht mehr in der Lage, Tumore zu bilden. Das kommt sonst bei Stammzelltransplantationen schon einmal vor. Trotzdem sind die Zellen, die wir verwenden, noch unreif, das heißt, sie wachsen im Empfängerhirn weiter und differenzieren sich erst dort aus. Doch es ist schon festgelegt, wozu sie heranreifen werden."

    Fast alle Formen der Epilepsie entwickeln sich, so der Stand der Forschung, dadurch, dass im Gehirn ein Zuviel an Aktivität entsteht. Nervenzellen im gesunden Gehirn können sich, grob gesagt, gegenseitig anregen oder hemmen. Bei einem epileptischen Anfall läuft die Anregung aus dem Ruder und verstärkt sich schließlich selbst. Der logische Therapieansatz: für mehr Hemmung zu sorgen. Ein Botenstoff, der im Gehirn für die Hemmung zuständig ist, ist GABA. Daher erhöhen viele Epilepsiemedikamente den Gehalt an GABA im Gehirn.

    Das, sagt Scott Baraban, erkläre einen Teil der mitunter gravierenden Nebenwirkungen. Sein Ansatz sei zielgenauer, er transplantiert unreife Nervenzellen genau dorthin, wo in den Modelltieren die epileptischen Anfälle entstehen: in den Hippocampus. Dort entwickeln sich die transplantierten Zellen zu genau den Zellen, die benötigt werden: solchen, die GABA produzieren. Der Erfolg im Experiment gibt den Forschern Recht:

    "Wir haben die Tiere per EEG zwei Wochen lang lückenlos überwacht. Die Hälfte der behandelten Tiere hatte nach der Transplantation überhaupt keine Anfälle mehr. Die andere Hälfte nur noch sehr wenige. Die unbehandelten kranken Vergleichstiere krampften dagegen sehr oft und jeden Tag."

    Der Zeitraum zwei Wochen sei relativ kurz, gibt Scott Baraban zu. Ganz sicher können sich er und Robert Hunt daher nicht sein, ob der Behandlungseffekt langfristig anhält. Schließlich ließen Hunt und Baraban ihre Tiere verschiedene Tests absolvieren: die Mäuse mussten sich räumlich orientieren und bestimmte Aufgaben erlernen. Das Ergebnis: die transplantierten Tiere schnitten fast so gut ab wie gesunde Vergleichstiere. Das ist bemerkenswert, denn Epilepsiepatienten leiden häufig unter einem schlechteren Gedächtnis oder schlechterem räumlichen Vorstellungsvermögen. Bisherige Therapien bewirken dort oft wenig.

    György Buzsaki leitet an der New York University ein eigenes Forschungslabor zu Epilepsie. Er hat vor gut 20 Jahren Ähnliches versucht, wie die Kollegen aus San Francisco, sagt er. Doch damals war weder klar, welchen Nervenzelltyp genau man für die Transplantation braucht, noch woher man die richtigen Zellen bekommen könnte:

    "Es ist eine gute Studie, sie ist gut gemacht. Diese Behandlung mit Stammzellen unterdrückt offenbar die epileptischen Symptome. Gleichzeitig werden auch die Verhaltensstörungen besser. Gerade letzteres ist normalerweise sehr schwierig. Trotzdem: Das ist eine Studie an Mäusen. Es ist ein wichtiger Schritt nach vorn, aber bestimmt nichts, was Patienten morgen schon in der Klinik erleben werden."