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Innenministerkonferenz in Koblenz
Flüchtlinge fordern fairen Umgang

Eine kleine Tradition ist es geworden, dass die Innenministerkonferenz von kreativen Protesten der "Jugendlichen ohne Grenzen" begleitet wird - eine Organisation speziell für minderjährige und zum Teil unbegleitete Flüchtlinge. Dieses Mal hatten sie sich das Thema "Ausbildung und Zugang zum Arbeitsmarkt" auf die Fahnen geschrieben.

Von Alexandra Daub | 03.12.2015
    Flüchtlinge kommen am 2.11.2015 auf dem Gelände der Notunterkunft in Sumte (Niedersachsen) an.
    Rund 130.000 junge Flüchtlinge leben derzeit in Deutschland und hoffen auf einen guten Job und eine sichere Zukunft. (picture alliance / dpa)
    "Ich habe mir vorgestellt, dass es viel schneller geht. Dass ich hier ankommen kann, eine Schule besuche und eine Arbeit bekommen kann. Aber so schwer, wie es für mich war, habe ich es mir nicht vorgestellt."
    Denn Ali durfte die erste zeit überhaupt nichts machen, weder zur Schule gehen, noch einen Sprachkurs besuchen. Er saß in einer Flüchtlingsunterkunft in Chemnitz fest. Das Problem: In den ersten drei Monaten dürfen Flüchtlinge sowieso nicht arbeiten. Wer dann eine Ausbildung machen möchte, braucht die Genehmigung der Ausländerbehörde. Erst nach ein paar Monaten bekam er die Chance deutsch zu lernen und zur Schule zu gehen. Im Juli hat er den Hauptschulabschluss gemacht eigentlich würde er jetzt gerne Hotelfachmann lernen. Doch seine Chancen auf einen Ausbildungsplatz sind schlecht. Die Behörden haben sein Asylverfahren noch immer nicht abschließend bearbeiten.
    "Ich habe mich überall in meiner Stadt beworben, bei vielen Hotels und Restaurants. Ich habe Absagen bekommen weil es ihnen einfach zu unsicher ist. Heute bin ich dann da und morgen kann es sein, dass ich nicht mehr in Deutschland bin. Diese Unsicherheit macht Angst."
    Asylverfahren verbessern als Forderung
    Das Problem kennt Holger Benz von der Industrie und Handelskammer nur zu gut. Viele Unternehmen würden gerne Flüchtlinge mit guten Deutschkenntnissen einstellen, sagt er allerdings sei vielen Betrieben das Risiko einfach zu hoch, dass der Flüchtling von heute auf morgen doch abgeschoben werden könnte. Für Benz ist klar, dass die Politik die Asylverfahren verbessern muss.
    "Ich wünsche mir, dass das Asylfeststellungsverfahren schneller funktioniert und wir dann so als Wirtschaft dafür sorgen können, dass die Leute qualifiziert werden oder auch die Leute, die in ihrem Herkunftsland schon qualifiziert wurden direkt in eine Arbeit vermitteln können."
    Ein weiteres Problem für Arbeitgeber sieht Holger Benz auch darin, dass es kaum die Möglichkeit gibt, direkt zu den Flüchtlingen Kontakt aufzunehmen und so zu erfahren, welche Ausbildung sie in ihren Heimatländern schon gemacht haben und wie sie einsetzbar sind. Die Industrie und Handelskammern in Rheinland-Pfalz haben deshalb ein neues Programm entwickelt.
    "Das heißt, wenn die Kompetenzen festgestellt sind, besteht die Möglichkeit die Flüchtlinge in ein sogenanntes Einstiegsqualifizierungsjahr zu bringen, dort lernen sie erstmal die Unternehmenskultur in Rheinland-Pfalz kennen. Und wir haben noch dafür gekämpft, dass die Flüchtlinge außerdem noch die Sprache lernen können."
    Rund 130.000 junge Flüchtlinge leben derzeit in Deutschland und hoffen auf einen guten Job und eine sichere Zukunft. Auch Ali hofft, dass er bleiben darf und vielleicht doch noch einen Job bekommt. In der Zwischenzeit engagiert er sich ehrenamtlich und hilft anderen Flüchtlingen bei Behördengängen, damit er nicht den ganzen Tag nur rumsitzt. Die Angst, dass er doch wieder zurück nach Afghanistan muss ist groß, aber er gibt die Hoffnung nicht auf.
    "Ich habe immer noch diese Unsicherheit. Ich weiß zwar, in Deutschland gibt es keinen Krieg, ich bekomme essen und kann schlafen, aber wenn ich nicht weiter lernen kann oder arbeiten kann, das gibt mir das Gefühl, dass ich nicht richtig angekommen bin. Man fühlt sich nicht wohl. Ich wünsche mir, dass ich weiterhin in Deutschland bleiben darf und in Frieden leben kann."