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Innovation für den Bund

Die Marschrichtung der Softwareentwickler der Bundeswehr ändert sich. Montag vergangener Woche verkündete der IT-Direktor des Verteidigungsministeriums anlässlich des "Jahreskongresses für das Vorgehensmodell" an der Technischen Universität München, dass fortan verpflichtend mit dem V-Modell gearbeitet werden müsse.

Manfred Kloiber im Gespräch mit Peter Welchering |
    Manfred Kloiber: Was verbirgt sich denn hinter dieser spröden Abkürzung "V-Modell", Peter Welchering.

    Peter Welchering: "Das Vorgehensmodell ist ein Standard, nachdem IT-Systeme entwickelt und komplexe Software programmiert wird. Das V-Modell kann man sich vorstellen wie so eine Art Bauanleitung für ganz komplizierte Modelle, die man bauen möchte. Wenn man sich dabei vorher keinen Überblick verschafft, die nötigen Materialien nicht bereit legt, dann kann man etwa kein kompliziertes Schiffsmodell bauen und das gilt eben auch für Software und IT-Systeme. Das Vorgehensmodell, über das am Montag an der Technischen Universität München auf dem Jahreskongress diskutiert wurde und das jetzt verpflichtend wird für alle Softwareprojekte und IT-Systementwicklungen bei der Bundeswehr, heißt "V-Modell XT" und wurde von einem Projektteam an der Technischen Universität München und der Technischen Universität Kaiserslautern entwickelt und dient als so eine Art Projektmanagement-Werkzeug für sehr komplexe Softwaresysteme und generell für IT-Projekte."

    Kloiber: Die Bundesregierung hat ja bereits 1992 ein Vorgehensmodell für den Verteidigungsbereich eingeführt. Ist das V-Modell XT so eine Art Nachfahre davon?

    Welchering: "Das V-Modell XT setzt zumindest auf einen Nachfahren dieses regierungsamtlichen Vorgehensmodells für Softwareprojekte auf. Das Vorgehensmodell von 1992 war einfach nicht sonderlich erfolgreich. Es ist zwar angeordnet worden von den damaligen Bundesministern für Verteidigung und des Inneren, dass fortan nach dem diesem Modell entwickelt werden soll. Aber daran hat sich eigentlich keiner gehalten. Es gab 1997 ein Nachfolgemodell, sinnigerweise das Vorgehensmodell 97 genannt, auch das war überhaupt kein Erfolg, bis sich eine Informatikergruppe an der Technischen Universität München das Modell angeschaut hat und jetzt in den vergangenen zwei, drei Jahren auf einen modernen Stand gebracht hat. Und das ist eben dieses V-Modell XT, das von einem Konsortium sozusagen betrieben wird. 50 Prozent dieses Konsortiums gehören der Bundesregierung, 50 Prozent der Industrie. Und erste Pilotprojekte in der Industrie in den vergangenen 15 Monaten haben gezeigt, dass die Entwicklungsqualität steigt, weniger Fehler gemacht werden, Fehler frührer erkannt werden können, die Zeitpläne besser eingehalten werden und die Entwicklungskosten sinken. Und das liegt zum einen daran, dass bei Entwicklungen nach dem V-Modell ein ganz penibles Pflichtenheft für die Software aufgestellt werden muss. Und da müssen Zuständigkeiten ganz klar geregelt sein, auch die Zuständigkeiten der Auftraggeber. Professor Manfred Broy beschreibt das so:"

    Ein Teil der Probleme, gerade der öffentlichen Hand waren Probleme, dass der Auftraggeber seiner Rolle nicht richtig gerecht geworden ist. Wir haben das ganz bewusst gemacht: Wir haben eine höhere Verantwortung in die Prozesse hineindefiniert für den Auftraggeber. Da gab es ja früher diese Mentalität: Ich beauftrage ein Projekt. Und das war bei den gescheiterten oder den Projekten mit großen Problemen oft der Fall. Ich beauftrage ein Projekt, dafür bezahle ich ja meinen Auftragnehmer. Und jetzt habe ich sozusagen die Verantwortung an den abgegeben. Wenn jetzt etwas schief geht, hat der den Schwarzen Peter.

    "Das war bei der LKW-Maut so, das war bei der Hartz IV Software so, das war bei der Privatisierung von IT-Systemen im Bundeswehrprojekt Herkules so. Und das soll mit dem V-Modell geändert werden. Das wird ja auch höchste Zeit."

    Kloiber: Wo will die Bundeswehr das V-Modell denn zuerst einsetzen?

    Welchering: "In der Bundeswehr müssen die Truppenteile, Waffensysteme, Führungsstäbe intensiver vernetzt werden. Das passiert derzeit auf der Grundlage von Version 6 des Internet-Protokolls. Diese Vernetzung muss aber abgesichert werden gegen Hacker, Trojanische Pferde, also Angreifer aller Art. Und da wird quasi ab dieser Woche mit dem V-Modell gearbeitet, um vor allen Dingen bei internationalen Einsätzen hier die kritische IT-Infrastruktur besser abzusichern gegen die zahlreichen Sicherheitsrisiken. Dr. Gerhard van der Giet, der IT-Chef auf der Hardthöhe, erläutert das so:"

    Das V-Modell wird uns helfen, die Risiken besser in den Griff zu bekommen. Außerdem ist es für uns sehr wichtig, dass das V-Modell auch zum internationalen Standard wird, weil wir in viele internationale Projekte, insbesondere in der NATO, eingebunden sind, und da ist es sehr wichtig, dass wir gemeinsam auf internationaler Ebene miteinander arbeiten können und die Vorteile des neuen Standards nutzen können.

    "Deshalb soll der Entwicklungsstandard V-Modell auch möglichst rasch in die entsprechenden Gremien in Brüssel und Washington eingebracht werden. Denn die ganze NATO muss ja die Herausforderung bewältigen, dass sie von der früheren Plattformorientierung bei einzelnen Waffensystemen weg müssen zu einer übergreifenden Netzwerkorientierung. Und die kann nur mit einem international verbindlichen Entwicklungsstandard erfolgreich ins Werk gesetzt werden."