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Innovative Spritpanscher

Technik. - Mitunter sind es einfache Ideen, die das Energieproblem nachhaltig lindern könnten. Warum, fragen Wissenschaftler, verlängern wir Diesel oder Benzin für Motoren nicht einfach mit Wasser? Zwei Drittel Kraftstoff, ein Drittel Wasser, besser noch 50 zu 50. Das spart Geld, viel Geld sogar. Nur: Geht das überhaupt? Läuft der Motor dann noch? Er läuft, sagen die Forscher, und stößt auch noch wesentlich weniger Schadstoffe aus als ein Motor, der ausschließlich mit Kraftstoff gefahren wird.

Von Mirko Smiljanic |
    Um es vorwegzunehmen: Die Tankstelle der Zukunft sieht genauso aus wie heute, kein Wasserkran neben Super, Super+ und Diesel. Trotzdem wollen Kölner Wissenschaftler demnächst Kraftstoffen Wasser zumischen, nutzen dabei allerdings eine besondere Technik. Statt Wasser und Diesel einfach nur zusammenzuschütten - dabei entstünde bestenfalls eine Emulsion mit noch vergleichsweise großen Wasser- und Dieselteilchen - wollen sie eine Mikroemulsion herstellen.

    Eine Mikroemulsion ist eine Mischung aus Wasser und Öl unter Zusatz von Tensiden. Und die Tensidmuleküle trennen auf mikroskopischer Ebene Wasser von Öl. Die optimale Mikroemulsion hat eine Schwammstruktur. Man muss sich das so vorstellen wie ein Schwamm, das feste Material ist das Öl und wenn man ihn dann in Wasser taucht, saugt er sich ja mit Wasser voll, das ist dann das Wasser, und so habe ich zwei kontinuierliche Medien Wasser und Öl nebeneinander liegen, und die Grenzfläche zwischen Wasser und Öl wird durch die Tensidmoleküle aufgespannt.

    Der Vorteil liegt für Reinhard Strey, Professor für Physikalische Chemie an der Universität zu Köln, klar auf der Hand: Mikroemulsionen sind lagerfähige und thermodynamisch stabile Mischungen, außerdem lassen sie sich einfach herstellen. Strey:

    Angenommen, Sie hätten einen 100-Liter-Tank, Sie geben 70 Liter Diesel rein, mischen fünf Liter flüssiges Tensid in den Diesel rein, dann können Sie 30 Liter, sprich drei Eimer Wasser hinterher kippen und das würde sich spontan auflösen.

    Der Kraftstoff kann bis zu 50 Prozent Wasser enthalten, ohne die Zündfähigkeit des Motors zu beeinträchtigen. Selbstreden reduziert sich allerdings seine Leistung: Mit 50 Prozent Wasser im Tank wird sportliches Fahren eher schwierig. Dieses Wasser kann aber zu einem kleinen Teil die Energie des nicht vorhandenen Sprits kompensieren. Der Verbrennung wird ja viel Energie entzogen, um das eingespritzte Wasser zu verdampfen. Strey:

    Wenn ich sie dafür nutze, Wasser aus dem flüssigen Aggregatzustand in den 1000 Mal größeren Aggregatzustand Gasphase bringe, habe ich einen zusätzlichen Dampfmaschineneffekt.

    Der ausgestoßene Wasserdampf treibt den Wagen ein wenig an! Und noch einen weiteren Effekt hat der Dampf: Er bindet Schadstoffe. Reinhard Strey von der Universität zu Köln:

    Das sieht es so aus, dass zunächst einmal die Abgastemperatur dramatisch absinkt, also um 100 oder 200 Grad wird sie kälter, damit verbunden ist eine Absenkung der Rußbildung, 50 bis 80 Prozent haben wir gesehen, zusätzlich haben wir gesehen, dass CO runter gegangen ist und NOx.

    Keine Frage: Wenn der Ausstoß von Ruß, Kohlenmonoxid - CO - und Stickstoffoxiden - NOx - reduziert würde, wäre dies von Vorteil. Grund ist übrigens nur am Rande, dass ja wesentlich weniger Kraftstoff verbrennt, also auch weniger Schadstoffe entstehen, Grund ist die niedrige Verbrennungstemperatur und das damit einher gehende chemische Gleichgewicht. Die mechanischen Teile der Motoren leiden laut Reinhard Strey kaum unter der Wasserflut, zumal ohnehin bei jeder Verbrennung Wasser entsteht,...

    ...und ob die Quantität, dass wir jetzt zehn, 20 Prozent mehr Wasser im Motor haben, dazu führt, dass der Motor kaputt geht, mag ich einfach nicht glauben.

    Eine geniale Idee, die übrigens schon Wissenschaftler in den 70er Jahre hatten. Allerdings fehlten damals kostengünstige Tenside. Die gibt es heute, außerdem lässt sich das Problem der reduzierten Motorleistung lösen. Ein Erfinder aus dem sparsamen Schwabenland hat eine Elektronik entwickelt, die während der Fahrt das Mischverhältnis von Diesel und Wasser bestimmt. Bei Steigungen wird mehr Diesel eingespritzt, auf Ebenen mehr Wasser. Das erfordert allerdings einen separaten Wassertank - und an der Tankstelle doch eine gravierende Veränderung: Neben dem Dieselzapfhahn würde ein Wasserkran angebracht.