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Ins Land, wo die Zitronen blühen

Ein idyllischer, ein typisch italienischer Garten. Mit Zitronenbäumen, einer üppigen Natur und einer alten Kirche, die auf einem Hügel steht. Der Betrachter blickt durch einen großen Raum mit einem Kamin in den Garten hinein. "Der Blick in den Garten Herzog Friedrichs IV. von Sachsen-Gotha-Altenburg in Rom", lautet der Titel des Gemäldes. Franz Ludwig Catel malte das Ölbild 1818 auf Holz.

Von Thomas Migge | 08.02.2007
    Fenster und andere Durchblicke auf Landschaften waren eines seiner beliebtesten Sujets. "Schinkel in Neapel" heißt ein Bild von 1825. Der berühmte deutsche Architekt sitzt auf einem Stuhl rechts von einer Tür, die weit geöffnet ist. Die Gardine ist lässig an einer Seite zusammengebunden und befestigt. Der Blick geht über Bäume hinweg auf den Golf von Neapel und auf Capri. Ein Bild, das Nostalgie aufkommen lässt. Franz Ludwig Catel war wohl der erste deutsche Maler, der den Mythos vom "Land, in dem die Zitronen blühen" auf eine künstlerische Spitze trieb, meint der Kunsthistoriker Andreas Stolzenburg, Leiter des Hamburger Kupferstichkabinetts und Kurator einer großen Catel-Ausstellung in der römischen "Casa d Goethe":

    "Franz Ludwig Catel war ein Berliner Maler, der 1778 geboren wurde. Er stammte aus einer hugenottischen Familie und er wurde früh zum Maler ausgebildet. Studierte in Berlin, hat lange Jahre in Paris verbracht und kam 1811 nach Rom, wo er eigentlich schon lange immer hin wollte, und ließ sich in Rom nieder."

    Schnell knüpfte der kosmopolitische Deutsche Kontakte. Nicht nur zu seinen deutschen Malerkollegen, wie zum Beispiel zu den Nazarenern. Auch zu den Franzosen, die in der französischen Kulturakademie Villa Medici ihr Zentrum hatten, pflegte er Beziehungen, zu Ingres beispielsweise. In der römischen Society hatte er großen Erfolg - und darin unterschied sich Franz Ludwig Catel von allen anderen deutschen Künstlern in Rom, die sonst als eher abgeschiedene Gemeinschaft wahrgenommen wurden. Catel hingegen. verkehrte in den allerbesten Kreisen der Stadt. Er führte einen eigenen Salon, in dem der Adel und Künstler aus ganz Europa ein- und ausgingen. Für diese Sonderstellung allerdings kritisierten ihn viele deutsche Kollegen in Rom. Sie nahmen es Catel auch übel, dass er mit seinen Zeichnungen und Gemälden, vor allem mit den Auftragswerken für reiche Bürger und den europäischen Adel viel Geld machte, dass er Ländereien besaß - immer wieder in Öl festgehalten - und einen großbürgerlichen Lebensstil führte. Andreas Stolzenburg:

    "Die frühen Deutschen in Rom lebten relativ isoliert und haben sich ihrer Kunst gewidmet und haben sich nicht eingefügt und einfügen können in die römische Gesellschaft. Catel war deshalb untypisch. Catel hat in zweiter Ehe eine Römerin geheiratet, Margherita Prunetti, die Tochter des römischen Schriftstellers Michelangelo Prunetti, und hat dadurch schon 1814 schon Zugang zur römischen Gesellschaft gefunden."

    Franz Ludwig Catel war vor allem Landschaftsmaler. Er zeigt ein Bilderbuchitalien: weite Landschaften mit Landleuten beim Arbeiten und Ausruhen, Gitarren spielende Jünglinge und einheimische Mädchen, die, aneinandergelehnt, eingenickt sind. Er malte aber auch den explodierenden Vesuv bei Neapel und historisierende Darstellungen wie den "Tod des Dichters Torquato Tasso auf dem Gianicolohügel in Rom". Ausstellungskurator Stolzenburg zufolge war Catel in gewisser Weise ein modischer Maler:

    "Er war sofern ein modischer Maler, dass er den Geschmack der auftraggebenden Sammler, Fürsten, Adlige aus ganz Europa und bis nach Amerika, getroffen hat. Das heißt aber nicht, dass er nur jedem modischen Schnickschnack hinterher gelaufen ist. Er hat um 1814, 1815 seinen Stil gefunden. Er war einer der ersten, der mit der Staffelei auch im Freien gemalt hat."

    Schöne Gemälde: bukolisch, idyllisch, romantisch verklärte Motive, intensive Hell-Dunkel-Effekte und manchmal auch ein etwas zu kitschig leuchtender Mond über dem Golf von Neapel. Catel linderte mit seinen Werken das Fernweh begüterter Italienreisender.

    Mit dem vielen Geld, das er damit einnahm, schuf er schließlich den ersten deutschen Künstlerverein in Italien. Nach seinem Tod 1856 wurde aus seinem immensen Vermögen und auf seine Idee hin das "Pio Instituto Catel" gegründet. Es handelt sich um eine Art Sozialverein, der armen Römern und mittellosen Künstlern unter die Arme greift. Bis heute - denn das "Istituto Pio Catel" existiert nach wie vor und hat seinen Sitz im Viertel Trastevere. Der Besuch der Räumlichkeiten dieses Instituto lohnt sich: die Wände hängen voll mit Illustrationen und Gemälden des Franz Ludwig Catel.