Meterhoch türmen sich die unsortierten Altpapierballen im Rohstofflager der Kriebsteiner Papierfabrik Kübler und Niethammer. Rund 80.000 Tonnen Altpapier werden hier pro Jahr verarbeitet. 120 Menschen stehen in Lohn und Brot, erwirtschaften rund 55 Millionen Euro Jahresumsatz.
"So, das ist die Standardware, die wir beziehen, das ist hier sogenannte Haushaltssammelware. Was Sie zuhause gelesen haben und dann in ihre Papierkiste legen, das kommt hier an, wird sortiert, weil das den Weißgrad nach unten drückt. Braun muss raus."
Sorgsam begutachtet der Vorstandsvorsitzende Klaus Ziege-Bollinger das Rohstoffmaterial. Fast liebevoll streicht er mit der Hand über das vor der Halle aufgestapelte Papier:
"Das sind Druckereiabschnitte. Sie sehen hier noch die Andrucke drauf, die haben den großen Vorteil, dass sie unglaublich weiß sind, da ist ja kaum Farbe drauf, das fahren wir rein, aber nur als Zusatz, um den Weißgrad zu heben."
Seit zehn Jahren steht Klaus Ziege-Bollinger als Vorstandsvorsitzender an der Spitze des 1856 gegründeten Familienunternehmens, das als nicht börsennotierte Aktiengesellschaft geführt wird. In diesen zehn Jahren hat er die am Fuße einer prachtvollen Burganlage und direkt am Fluss Zschopau gelegene Papierfabrik grundlegend umgebaut. Ziege-Bollinger setzte auf einen Dreijahresmasterplan und reduzierte die Produktpalette von drei Sortimenten auf eins. Er beendete die Produktion von Hygiene- und Verpackungspapieren und setzte fortan nur noch auf sogenanntes grafisches und Zeitungsdruckpapier. Die Banken zogen mit, auch mit einer großzügigen Altschuldenregelung, um dem sich umstrukturierenden Unternehmen genügend Liquidität zu lassen. Doch dann kam die Jahrhundertflut und mit ihr sechs Wochen Stillstand, monatelanger Produktionsausfall und ein schlechtes Wirtschaftsjahr 2004. Mit der Folge, dass eine der begleitenden Hausbanken nicht mehr zu Stange hielt, sondern dem Unternehmen trotz positiver Gewinnaussichten ankündigte, es aus dem Portfolio zu nehmen. Dann sei alles ganz schnell gegangen:
"Dann wurden die Umlaufmittel eingefroren, aber das wäre nicht das Schlimmste gewesen. Wir haben sie zu dem Zeitpunkt nicht gebraucht. Das Schlimme war eben, dass dann parallel der Kreditversicherer informiert wurde, dass unsere Liquidität zwangsläufig angespannt war in dem Moment. Und dann kommen Sie in die Situation, dass die Lieferanten sagen; Ja , ich möchte die Ware jetzt direkt bezahlt haben, wenn ich ablade, und gleichzeitig haben Sie offene Rechnungen. Und dann sagt ihnen jeder Insolvenzverwalter: Von jetzt an haben sie noch maximal 21 Tage Zeit."
Die Geschäftsführung trat die Flucht nach vorne an, mit einem Antrag auf ein Insolvenzplanverfahren:
"Wir haben es natürlich als Beteiligte recht betroffen und als ungerecht erlebt, weil wir eigentlich alles das gemacht hatten, was wir eigentlich mit unseren Hausbanken aus verabredet hatten, nämlich eine Restrukturierung konzipiert und umgesetzt, sowohl bilanziell als wie auch technische Restrukturierung."
Eine gute Grundlage sei das gewesen für die zweieinhalb folgenden Jahre. Denn schon in den ersten Monaten 2005 ging es bergauf. Das neue Produkt - hochwertiges, gestrichenes Papier - bewährte sich im Markt, die Rationalisierungsmaßnahmen waren größtenteils angeschlossen und der im Rahmen des Verfahrens bereitgestellte Massenkredit brauchte gar nicht angetastet zu werden. Sowohl die Belegschaft, als auch die Lieferanten zogen mit. Dieser Treue zum Trotz mussten die Lieferanten letztlich große Opfer bringen:
"Am meisten bluten mussten die Lieferanten, die zwar mit einer Quote von 34 Prozent bedient wurden, was aber im Umkehrschluss bedeutet, dass 66 Prozent verloren waren."
Auch die Arbeitnehmer mussten Abstriche machen und mehrere Jahre auf die Zahlung des 13. Monatsgehalts ebenso verzichten wie auf Lohn- und Gehaltssteigerungen. Vorübergehend wurde auch länger gearbeitet, allerdings bei vollem Lohnausgleich. Zu einem Interview ist der Betriebsratsvorsitzende nicht zu bewegen, er war zur Zeit des Insolvenzverfahrens nicht im Amt.
In der Rückschau wertet der Vorstandsvorsitzende der Kriebsteiner Papierfabrik das Insolvenzverfahren überwiegend positiv.
"Der entscheidende Punkt ist ja, dass Sie ein tragfähiges Unternehmenskonzept haben, und wenn Sie das haben, aus welchen Gründen auch immer Sie in so eine Situation kommen, ist das der einzig gangbare Weg und dann aber auch wirklich als eigen verwaltetes Insolvenzplanverfahren, damit Sie auch eine Augenhöhe hinkriegen zu einem eingesetzten Insolvenzverwalter."
Vorausgesetzt natürlich, dass der alte Vorstand nicht Missmanagement betrieben hat. Ziege-Bollinger rät Unternehmern dringend sich mit dem Thema eines Insolvenzplanverfahrens frühzeitig auseinanderzusetzen. Auch brauche man, wenn es soweit sei, ein dickes Fell, da einem Betriebschef dann automatisch der Makel des Versagen anhafte. Insgesamt schaut Ziege-Bollinger heute positiv in die Zukunft.
"Aber der Markt gibt einem keine Zeit zu verweilen!"
Und so hat Kübler & Niethammer allein in den zwei Jahren seit Abschluss des Insolvenzverfahrens bereits weitere elf Millionen Euro in die Verbesserung seiner Verfahrenstechnik neu investiert. Weitere sollen folgen.
"So, das ist die Standardware, die wir beziehen, das ist hier sogenannte Haushaltssammelware. Was Sie zuhause gelesen haben und dann in ihre Papierkiste legen, das kommt hier an, wird sortiert, weil das den Weißgrad nach unten drückt. Braun muss raus."
Sorgsam begutachtet der Vorstandsvorsitzende Klaus Ziege-Bollinger das Rohstoffmaterial. Fast liebevoll streicht er mit der Hand über das vor der Halle aufgestapelte Papier:
"Das sind Druckereiabschnitte. Sie sehen hier noch die Andrucke drauf, die haben den großen Vorteil, dass sie unglaublich weiß sind, da ist ja kaum Farbe drauf, das fahren wir rein, aber nur als Zusatz, um den Weißgrad zu heben."
Seit zehn Jahren steht Klaus Ziege-Bollinger als Vorstandsvorsitzender an der Spitze des 1856 gegründeten Familienunternehmens, das als nicht börsennotierte Aktiengesellschaft geführt wird. In diesen zehn Jahren hat er die am Fuße einer prachtvollen Burganlage und direkt am Fluss Zschopau gelegene Papierfabrik grundlegend umgebaut. Ziege-Bollinger setzte auf einen Dreijahresmasterplan und reduzierte die Produktpalette von drei Sortimenten auf eins. Er beendete die Produktion von Hygiene- und Verpackungspapieren und setzte fortan nur noch auf sogenanntes grafisches und Zeitungsdruckpapier. Die Banken zogen mit, auch mit einer großzügigen Altschuldenregelung, um dem sich umstrukturierenden Unternehmen genügend Liquidität zu lassen. Doch dann kam die Jahrhundertflut und mit ihr sechs Wochen Stillstand, monatelanger Produktionsausfall und ein schlechtes Wirtschaftsjahr 2004. Mit der Folge, dass eine der begleitenden Hausbanken nicht mehr zu Stange hielt, sondern dem Unternehmen trotz positiver Gewinnaussichten ankündigte, es aus dem Portfolio zu nehmen. Dann sei alles ganz schnell gegangen:
"Dann wurden die Umlaufmittel eingefroren, aber das wäre nicht das Schlimmste gewesen. Wir haben sie zu dem Zeitpunkt nicht gebraucht. Das Schlimme war eben, dass dann parallel der Kreditversicherer informiert wurde, dass unsere Liquidität zwangsläufig angespannt war in dem Moment. Und dann kommen Sie in die Situation, dass die Lieferanten sagen; Ja , ich möchte die Ware jetzt direkt bezahlt haben, wenn ich ablade, und gleichzeitig haben Sie offene Rechnungen. Und dann sagt ihnen jeder Insolvenzverwalter: Von jetzt an haben sie noch maximal 21 Tage Zeit."
Die Geschäftsführung trat die Flucht nach vorne an, mit einem Antrag auf ein Insolvenzplanverfahren:
"Wir haben es natürlich als Beteiligte recht betroffen und als ungerecht erlebt, weil wir eigentlich alles das gemacht hatten, was wir eigentlich mit unseren Hausbanken aus verabredet hatten, nämlich eine Restrukturierung konzipiert und umgesetzt, sowohl bilanziell als wie auch technische Restrukturierung."
Eine gute Grundlage sei das gewesen für die zweieinhalb folgenden Jahre. Denn schon in den ersten Monaten 2005 ging es bergauf. Das neue Produkt - hochwertiges, gestrichenes Papier - bewährte sich im Markt, die Rationalisierungsmaßnahmen waren größtenteils angeschlossen und der im Rahmen des Verfahrens bereitgestellte Massenkredit brauchte gar nicht angetastet zu werden. Sowohl die Belegschaft, als auch die Lieferanten zogen mit. Dieser Treue zum Trotz mussten die Lieferanten letztlich große Opfer bringen:
"Am meisten bluten mussten die Lieferanten, die zwar mit einer Quote von 34 Prozent bedient wurden, was aber im Umkehrschluss bedeutet, dass 66 Prozent verloren waren."
Auch die Arbeitnehmer mussten Abstriche machen und mehrere Jahre auf die Zahlung des 13. Monatsgehalts ebenso verzichten wie auf Lohn- und Gehaltssteigerungen. Vorübergehend wurde auch länger gearbeitet, allerdings bei vollem Lohnausgleich. Zu einem Interview ist der Betriebsratsvorsitzende nicht zu bewegen, er war zur Zeit des Insolvenzverfahrens nicht im Amt.
In der Rückschau wertet der Vorstandsvorsitzende der Kriebsteiner Papierfabrik das Insolvenzverfahren überwiegend positiv.
"Der entscheidende Punkt ist ja, dass Sie ein tragfähiges Unternehmenskonzept haben, und wenn Sie das haben, aus welchen Gründen auch immer Sie in so eine Situation kommen, ist das der einzig gangbare Weg und dann aber auch wirklich als eigen verwaltetes Insolvenzplanverfahren, damit Sie auch eine Augenhöhe hinkriegen zu einem eingesetzten Insolvenzverwalter."
Vorausgesetzt natürlich, dass der alte Vorstand nicht Missmanagement betrieben hat. Ziege-Bollinger rät Unternehmern dringend sich mit dem Thema eines Insolvenzplanverfahrens frühzeitig auseinanderzusetzen. Auch brauche man, wenn es soweit sei, ein dickes Fell, da einem Betriebschef dann automatisch der Makel des Versagen anhafte. Insgesamt schaut Ziege-Bollinger heute positiv in die Zukunft.
"Aber der Markt gibt einem keine Zeit zu verweilen!"
Und so hat Kübler & Niethammer allein in den zwei Jahren seit Abschluss des Insolvenzverfahrens bereits weitere elf Millionen Euro in die Verbesserung seiner Verfahrenstechnik neu investiert. Weitere sollen folgen.