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Instant Articles
"Man hat sich da irgendwie mehr erhofft"

Vor zwei Jahren hat Facebook dem langsamen Laden von Texten im Internet "Instant Articles" entgegen gesetzt, Artikel, die sich direkt in der Facebook-App öffnen lassen. Das sollte nicht nur gut für die Nutzer sein, sondern auch für Medienhäuser. Mittlerweile gibt es allerdings Zweifel daran, ob sich das Angebot für Verlage lohnt.

Von Christoph Sterz | 11.05.2017
    Eine Frauenhand nutzt ein Smartphone.
    Smartphone-Nutzerin (dpa/picture alliance/Carmen Jaspersen)
    Die Verlage können mit dem Einstieg bei Instant Articles nur gewinnen – so lässt sich das zwei Jahre alte Image-Video verstehen, in dem Facebook-Produktchef Chris Cox das damals neue Angebot preist.
    "A new way for publishers to create fast, interactive articles on Facebook. We spent a lot of time making sure the business model is solid, making sure that the brand is represented in the way that they want.”
    Doch an diesem soliden Business-Modell gibt es inzwischen Zweifel. Kurz vor dem zweiten Geburtstag verabschiedete sich der britische Guardian von Instant Articles.
    Finanziell lohnen sich vor allem Klicks auf der eigenen Homepage
    Die New York Times ist ebenfalls nicht mehr dabei und auch Medien wie National Geographic oder NBC News nutzen Instant Articles deutlich seltener als in den Anfangsmonaten. Daniel Fiene, Leiter Digitalstrategie der Rheinischen Post, erklärt sich das so:
    "Einmal ist das Politik, um vielleicht auch bessere Konditionen bei Facebook auszuhandeln. Und der andere Faktor ist glaube ich einfach, dass sie schlicht und einfach durchgerechnet haben, dass sie geguckt haben: Wenn zwar weniger Leute auf unsere Seite kommen, die aber dafür mehr klicken und wir das besser monetarisieren können, dann lohnt sich das für uns mehr, als wenn wir das über Instant Articles ausrechnen."
    Werbung im Umfeld der Instant Articles kann lukrativ sein
    Denn wer einen Instant Article in der Facebook-App anklickt, also zum Beispiel einen Text von der Rheinischen Post, der bleibt in der Facebook-App und wird nicht umgeleitet auf die Homepage der Zeitung. Für Daniel Fiene und Kollegen lohnt sich das Angebot von Facebook aber trotzdem.
    "Wir haben uns entschieden, sogar mehr Instant Articles auszuspielen, einfach weil wir festgestellt haben, dass wir die Instant Articles besser monetarisieren können als den durchschnittlichen Besuch auf unserer mobilen Webseite. Und von daher ist das halt für uns lukrativer."
    Verlage können rund um die Instant Articles selbst Werbung schalten und die Erlöse komplett behalten. Oder sie machen beim Werbe-Netzwerk von Facebook mit. Dann müssen sie aber einen Teil ihrer Einnahmen an Facebook abgeben.
    Die Reichweite lockt
    Neben dem Geld-Verdienen und dem schnelleren Laden ist aber noch etwas wichtig für die Verlage: die eigene Reichweite; die Bekanntheit der eigenen Medienmarke. Das gilt auch für Spiegel Online, eines der ersten deutschen Medien, das bei Instant Articles dabei war. Torsten Beeck, Leiter Social Media bei der Spiegel-Gruppe.
    "Wir haben keinen wirklichen Boost in der Reichweite gesehen. Also es nicht so, dass wir das Gefühl haben, oder es uns Zahlen auch sagen, wobei das schwierig ist, tatsächlich eins zu eins zu messen, dass wir durch den Einsatz von Instant Articles jetzt unsere Reichweite signifikant gesteigert haben. Das höre ich auch so von anderen Publishern, aus anderen Häusern, dass man sich da irgendwie mehr erhofft hat."
    Medienforscher warnt vor Abhängigkeit von Facebook
    Spiegel Online will trotzdem weitermachen und beobachten, wie sich die eigenen Instant Articles weiter entwickeln. Selbst wenn das Angebot von Facebook weiter angepasst wird, zum Beispiel wenn es um die Werbung für Bezahlangebote wie "Bild Plus" geht oder die Sichtbarkeit der eigenen Marke: Die Verlage ketten sich durch Instant Articles noch stärker an das Unternehmen, gerade auf lange Sicht, meint der Medienforscher Rasmus Kleis Nielsen von der Uni Oxford.
    "Wenn Sie bei so etwas wie Instant Articles mitmachen, machen Sie sich noch abhängiger, was die Weiterverbreitung Ihrer Nachrichten angeht. Sie machen sich auch abhängig von der langfristigen Ausrichtung von Unternehmen wie Facebook oder Google - und dass sich die öfter mal ändert, hat sich in den vergangenen Jahren gezeigt. Sie erreichen mehr Menschen, und Sie erreichen sie mit einem besseren Produkt. Aber Sie machen sich damit abhängiger."
    Es bleibt also zwei Jahre nach dem Start Abwägungssache für jeden einzelnen Verlag, ob sich das Engagement bei Instant Articles finanziell und reichweiten-technisch lohnt - oder ob das Angebot vor allem einem nützt: Facebook.