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Instructions for Paintings

Man kennt sie als Partnerin und Muse John Lennons: Yoko Ono. Doch sie machte sich schon vor ihrer Heirat mit dem Beatle einen Namen, als Komponistin, Filmemacherin und Fluxus-Künstlerin: Die Kunsthalle Bremen hat Yoko eingeladen, sehr frühe Arbeiten zu zeigen. Unter dem Titel: "Fenster für Deutschland" sind 90 dieser Blätter, auf denen die Künstlerin Anleitungen über mögliche Vorstellungen von Malerei fixiert hat, zu sehen.

Von Rainer B. Schossig | 20.06.2007

    Yoko Ono ist heute eine lebende Legende: Man erinnert sich an ihre heiter-friedlichen Auftritte mit dem rund bebrillten John Lennon, 1969 beim "Bead In", und man denkt an ihre Tränen nach seinem tragischen Tod in New York im Winter 1980. Und wenn die mittlerweile 73-Jährige nun plötzlich in der Bremer Kunsthalle auftaucht, klein, zart, in schmalem, schwarzen Kleid, unter weißem Strohhut mit schwarzer Schleife, das Gesicht verdeckt durch ein große Sonnenbrille, dann wirkt sie ein wenig wie eine ewige Witwe des Großen Beatles. Doch dieser Schein trügt. Yoko Ono hatte ein Leben vor John Lennon, und sie hat es auch nach ihm. Sie freut sich, nach der John-Lennon-Ausstellung vor 12 Jahren, nun zum zweiten Mal zu Gast in Bremen zu sein, für ein One-Woman-Show:

    Anfang der 60er Jahre war ihr Loft in New York ein Treffpunkt der avantgardistischen Kunstszene, hier fanden Happenings und Performances der Fluxus-Künstler statt. Doch die junge Yoko Ono arbeitete schon damals auch konzeptuell: 1962 wurden in Tokio erstmals ihre "Instructions for Paintings" ausgestellt, kleine kalligrafierte Blätter, auf denen sie über die spirituelle Verwandlung von Malerei durch technische Reproduzierbarkeit meditiert. Jetzt sind sie im Kupferstichkabinett der Kunsthalle Bremen zu sehen. Yoko Ono über das Anliegen, welches sie bis heute mit solchen Exerzitien verfolgt:

    Erstmals sind in der Kunsthalle Bremen auch 32 dieser "Instructions" in deutscher Sprache zu sehen: Mit sichtlicher Bemühung um deutsche Akkuratesse hat die Japanisch-amerikanische Künstlerin ihre Botschaften hingekritzelt: Es geht um das herstellen von Kunst, aber es geht ihr zugleich um viel mehr: ein künstlerisches Lebensgefühl, eine ästhetische Haltung, ein überraschend vielschichtiges künstlerisches Denken, das die Grenzen des Lebens, die Extreme des Ausdrucks nicht ausspart. Eine ihrer heißt "Blut-Stück": "Benutze dein Blut zum Malen. Male, bis du ohnmächtig wirst! Male bis du stirbst! Wenn man liest, dass Yoko Ono dies bereits 1960 schrieb, wird man dem Direktor der Kunsthalle Bremen zustimmen, wenn er hier eine der Wurzeln der Konzeptkunst ausmacht:

    Wulf Herzogenrath spricht im Katalog von einem "epochalen Gesamtwerk" der Künstlerin, damit meint er weniger die physisch messbare Größe dieses Oeuvres, sondern dessen vielfältigen Facetten: Bilder und Texte, Poesie und Musik, Performance, Installation und Videokunst. Besonders spannend ist Yoko Onos Beitrag zur Frage von Kopie und Original. Eine ihrer "Instructions" bezieht sich auf ein "Gemälde das nur existiert wenn es kopiert oder fotografiert wird". Hier sind wir wohl am programmatisch Kern ihrer Kunst: " Lass Leute deine Gemälde kopieren oder fotografieren. Zerstöre die Originale." - Yoko Ono selbst sieht sich und ihr Werk heute eher abgeklärt und altersweise. Auf die Frage, was Künstlerinnen heute zur Emanzipation der Frau beitragen könnten, antwortete sie lächelnd, aber kurz und bündig:

    Die kammermusikalische Erinnerungsschau, den großen Anfängen Yoko Onos im Kleinen gewidmet ist, bedeutet vor allem für Afficionados der Druckkunst, des Reproduzierens und der kleinen Form einen Augenschmaus. Für Yoko Ono-Fans sind neben den strengen meditativen, bisher in Deutschland noch nicht gezeigten "Instructions" natürlich auch eine Reihe schöner, z.T. historischer Video- und Audioarbeiten ausgestellt.