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Integration
Keine Auswärtsspiele für Asylbewerber

Das Football-Team der Würzburger Panthers ist wütend: Ihr Spieler Madiama Diop darf nicht mit zu Auswärtsspielen fahren, als Asylbewerber gilt für ihn die Residenzpflicht. Eine entsprechende Sondergenehmigung wurde von den Behörden zurückgewiesen. Der Verein will nun dagegen vorgehen.

Von Judith Dauwalter | 13.08.2014
    Madiama Diop beim Training, Footballspieler auf Trainingswiese
    Madiama Diop beim Training (Judith Dauwalter)
    Aufwärmen bei den Würzburger Panthers. Die breiten, muskulösen jungen Footballer kreisen ihre Füße, machen Liegestützen, sprinten. Unter ihnen ist seit einem halben Jahr Madiama Diop, 29, Asylbewerber aus dem Senegal. Konzentriert macht der große, dunkelhäutige Mann die Übungen, sein herzliches Lachen ist ansteckend. Trainer Johannes Brand erzählt:
    "Reingefunden hat er sich sofort. Er ist von seiner Art her jemand: Wenn er da ist, ist er da. Auch von seinem Humor, wie das Team ihn aufgenommen hat... Es ist echt gut. Deswegen gehört er hundertprozentig dazu."
    "Sport ohne Grenzen", über dieses Projekt stieß Diop zu den Panthers. Das Ziel: Asylbewerber als vollwertige Mitglieder bei den Würzburger Freien Turnern integrieren. Fördergelder kommen seit April über den Lokalen Aktionsplan der Stadt Würzburg und andere Sponsoren.
    Die Panthers haben dicke Schulterpolster angelegt, ihre Köpfe verschwinden unter Helmen mit Mundschutz. Heute ist lockeres Training, denn das letzte Saisonspiel in Bamberg haben die Footballer gewonnen. Und doch sind sie wütend: Denn Kollege Diop musste daheim bleiben. Der Asylbewerber darf den bayerischen Bezirk Unterfranken wegen der Residenzpflicht nicht verlassen. Ausnahmen sind aber eigentlich möglich:
    Asylverfahrensgesetz, Paragraf 58:
    "Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn hieran ein dringendes öffentliches Interesse besteht, zwingende Gründe es erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Die Erlaubnis bedarf der Zustimmung der Ausländerbehörde, für deren Bezirk der allgemeine Aufenthalt zugelassen wird."
    "Das macht doch gar keinen Sinn"
    Eine solche Erlaubnis wollte Diop deshalb bei der Zentralen Rückführungsstelle ZRS in Würzburg beantragen. Zum ersten Gespräch begleitete ihn Stephan Rinke, Gründer von "Sport ohne Grenzen". Am Rand des Footballfelds in Würzburg fasst Rinke seine Erinnerungen an den Besuch in klare Worte; das eigentlich freundliche Gesicht überziehen nun Erstaunen, Ungläubigkeit und Wut.
    "Was mir negativ aufgefallen ist war die unfreundliche Art mit der man da behandelt wurde. Dass man zu mir gesagt hat: Was wollen sie hier? Das fand ich fast unglaublich, dann hat sie gesagt: Ihr Projekt macht doch gar keinen Sinn. Sie machen den zweiten Schritt vor dem ersten: Sie wissen ja gar nicht, ob Asylbewerber hier bleiben."
    Die Regierung von Mittelfranken, die über der Würzburger ZRS steht, sieht das anders. Die Pressestelle beschreibt ein "ruhiges und höfliches" Gespräch. Für eine Erlaubnis hätten keine schweren Gründe gesprochen, deshalb die schriftliche Ablehnungsbegründung:
    "Bei dem Footballspiel handelt es sich um eine Veranstaltung, bei der der Schwerpunkt auf dem Freizeitwert liegt."
    Sich integrieren und Freunde finden könne Diop auch, wenn er nicht zu den Auswärtsspielen dürfe, so die Behörde per Mail:
    "...da er zu den in Würzburg stattfindenden Trainingseinheiten gehen und an den hier stattfindenden Heimspielen teilnehmen kann."
    Die Panthers können das nicht nachvollziehen. Bei den Spielen brauchen sie jeden verfügbaren Mann, betont Trainer Brand - Verletzungen gibt es nämlich ständig. Er deutet auf seinen linken Arm, den ein dicker Gips umschließt. Während die Spieler üben, erzählt Brand ausführlich, was ihn besonders ärgert: Öffentliche Stellen unterstützen ihr Projekt und behindern es dann doch.
    "Dass es zwar heißt: Wir integrieren die Jungs in 'nem Sportprojekt; aber dann darf er nur so weit weg, wie die Leine langt, so nach dem Motto. Das ist im Team überhaupt nicht gut angekommen. Natürlich, er ist integriert in der Mannschaft. Er gehört dazu. Und so gehören auch Auswärtsfahrten dazu, dass er mit darf, mitspielen darf."
    Diop ist Teil der Mannschaft
    Bis Oktober, wenn das nächste Spiel außerhalb von Diops Aufenthaltsbereich anstehen könnte, wollen die Panthers mobil machen. Denn der Fall des Senegalesen hat Präzedenzcharakter: Mindestens in Würzburg sei noch keine Residenzpflicht-Ausnahme wegen sportlicher Gründe beantragt worden. Rechtlich, da ist der Verein sicher, sei das aber drin.
    Beim Training in Würzburg sitzt Madiama Diop in der Hocke, fest hält er den länglichen Football in beiden Händen. Nach einem lauten "Down-Set-Hut" stürmt er auf den Teamkollegen zu, der erwartungsvoll gegenüber steht. Der packt seine Beine und täuscht den typischen Wurf vor, einen Tackle.
    Der 29-jährige Senegalese ist Teil dieser Mannschaft - im Training und, so hofft er, bald bei allen Spielen. Schon in Bamberg hat ihn niemand vergessen. Stolz kramt er sein Handy aus der Tasche und zeigt ein Facebook-Album mit 49 Fotos: Jeder Panther hält ein Trikot hoch, darauf Diops Rückennummer, die 49.
    "Dieser Moment - oh Gott. Ich bin so glücklich... Für mich: Leute... Wunderschön. Diese Jungs sind die besten. Wenn ich da bin, die Leute machen Spaß mit mir. Das ist eine Motivation für mich."
    Die größte Motivation aber wäre für Diop, auch zu den kommenden Auswärtsspielen fahren zu dürfen.