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Integrationsgesetz
Sozialdemokraten uneins über Sanktionen für Flüchtlinge

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) will integrationsunwillige Flüchtlinge mit Sanktionen belegen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund und die Linken kritisieren die Pläne scharf. Der Koalitionspartner SPD scheint sich dagegen nicht einig.

Von Kemal Hür | 29.03.2016
    Männliche Flüchtlinge sitzen am 24.09.2015 während einer Unterrichtsstunde in einem Klassenraum der Berufsbildenden Schule (BBS) 6 der Region Hannover (Niedersachsen).
    Wer sich nicht integrieren will, soll mit Sanktionen belegt werden. (dpa / picture-alliance / Holger Hollemann)
    Die Idee ist nicht neu. Der Koalitionspartner SPD hatte es mehrmals erwähnt. Nun kündigte Bundesinnenminister Thomas de Maizière von der CDU es auch an: ein Integrationsgesetz. Spätestens im Mai soll es im Kabinett verabschiedet werden. Doch weder die Ankündigung, dass das Gesetz kommen soll, noch, dass es so schnell kommen soll, löste Diskussionen aus. Denn über den Inhalt ist kaum etwas bekannt. Für schnelle Diskussionen sorgten vielmehr de Maizières Aussagen, Flüchtlinge zu sanktionieren, wenn sie sich nicht an die Forderungen des Gesetzes halten.
    "Für diejenigen, die sich weigern, Deutsch zu lernen, für diejenigen, die Arbeitsangebote ausschlagen, für die kann es nicht nach drei Jahren eine unbefristete Niederlassungserlaubnis geben, wie die jetzige Rechtslage ist. Und dann können sie auch akzeptieren, müssen sie akzeptieren, dass ihre Sozialleistungen gekürzt werden."
    Kritik vom DGB
    Auch sollen Flüchtlinge ihren Wohnort nicht selbst entscheiden können. De Maizière sieht kein Problem darin, dass eine Wohnsitzauflage das Recht auf Freizügigkeit verletzen würde.
    "Wir wollen keine Ghettobildung, wir wollen keine sozialen Risiken an einem Ort konzentriert. Deswegen wollen wir auch regeln, dass auch anerkannte Flüchtlinge - jedenfalls solange sie keinen Arbeitsplatz haben, der ihren Lebensunterhalt sichert - sich an dem Ort aufhalten, wo wir das als Staat für richtig halten und nicht der Flüchtling für richtig hält."
    Der Deutsche Gewerkschaftsbund kritisierte die Wohnsitzauflage scharf. Der Integrationswille von Flüchtlingen sei "erheblich größer als das Angebot der Bundesregierung", erklärte DGB-Bundesvorstand Annelie Buntenbach.
    Sozialdemokraten reagieren widersprüchlich
    Die Integration von Flüchtlingen erreiche man nicht mit Sanktionen und Wohnsitzauflagen, kritisierte auch Linken-Chef Bernd Riexinger: "Ich glaube, eine Wohnsitzpflicht erschwert in doppelter Hinsicht die Integration: Erstens können dann die Flüchtlinge nicht zu ihrem familiären Umfeld gehen, das es vielleicht sogar schon gibt. Und zweitens erschwert es die Integration in den Arbeitsmarkt."
    Das Gesetz wollen CDU-Innenminister de Maizière und SPD-Arbeitsministerin Andrea Nahles gemeinsam vorbereiten. Aber die ersten Reaktionen der Sozialdemokraten fallen widersprüchlich aus. Während Parteichef Sigmar Gabriel die geplanten Sanktionen des Innenministers unterstützt, übt sein Vize, Ralph Stegner, scharfe Kritik daran. Wo es eindeutig am Integrationswillen fehle, gebe es auch jetzt schon Konsequenzen. Das Hauptproblem sei nicht mangelnder Integrationswille, sondern es seien mangelnde Qualifizierungs- und Integrationsangebote. Es müsse aber darum gehen, "Geflüchtete zu integrieren und nicht zu schikanieren", so Ralph Stegner wörtlich.