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Internat
Machtkämpfe an der Odenwaldschule

Das dreiköpfige Leitungsteam der Odenwaldschule soll gehen. Damit hat sich die Schule - nach dem Missbrauchsskandal von 2010 und Medienberichten über mögliche Übergriffe vor einigen Monaten, nun selbst unter Druck gesetzt. Denn ein neues Internatskonzept muss fertig werden, so verlangen es die Behörden.

Von Thomas Kurella | 21.07.2014
    Wohnhäuser der Odenwaldschule in Heppenheim, Hessen, aufgenommen am 24.4.2014
    Wohnhäuser der Odenwaldschule im hessischen Heppenheim (picture-alliance / dpa / Uwe Anspach)
    Nein, so kann es nicht weitergehen, beschloss der Trägerverein der Odenwaldschule am 13 Juli. Die Internatsleiterin und der Schuldirektor können nicht mehr miteinander. Das Verhältnis der beiden soll heillos zerrüttet gewesen sein. Letzten Endes müssen nun beide gehen - der langjährige Geschäftsführer begleitet sie. Die Odenwaldschule selbst hält sich zu den Hintergründen bedeckt. Der ehemalige Schüler Boris Avenarius tut das nicht. Er spricht für die Opfervereinigung Pro OSO. Internatsleiterin Juliana Volkmar sei mit ihren Plänen zum Umbau des Internats vor eine Mauer gelaufen - seit Langem schon. Auch beim Schulleiter Siegfried Däschler-Seiler. Vor einigen Monaten habe sie gar kündigen wollen.
    "Es war für mich nicht überraschend, dass Frau Volkmar die Kündigung in Erwägung gezogen hat. Sie wurde so schlimm von Dr. Däschler-Seiler gedemütigt vor der gesamten Konferenz, dass sie die Fassung verlieren musste. Wenn man dann bei der Rest-Schulleitung, beim Vorstand, kein Gehör findet für einen notwendigen Umbau, dann überlegt man sich halt, ob man am richtigen Ort ist zur richtigen Zeit."
    Neuorganisation des Internats notwendig
    Das war sie offenbar nicht. Doch auch ihr Kontrahent Däschler-Seiler musste gehen. Was bleibt nach dem radikalen Schnitt, ist die Aufgabe, das Internat neu zu organisieren. Aufsichtsbehörden fordern, die Betreuung der Kinder durch ihre eigenen Lehrer in sogenannten "Familien"-Wohngruppen umzubauen. Damit soll Kindesmissbrauch erschwert werden. Das Konzept dazu von Internatsleiterin Volkmar liegt dem Sozialministerium schon vor, tauge aber nicht für die Odenwaldschule, sagt Michael Frenzel, Mitglied des Trägervereins und ebenfalls Altschüler Volkmar habe eine ganz normal Jugendhilfeeinrichtung aus der Odenwaldschule machen wollen.
    "Wenn das so umgesetzt worden wäre, dann hätte man die Schule auch gleich umbenennen können, weil sie dann mit der Reformpädagogik überhaupt nichts mehr zu tun gehabt hätte. Dann wäre das irgendein x-beliebiges Internat geworden, das noch die besonderen Richtlinien des Landes Hessen erfüllt. Da hätte man die Schule dann wirklich nicht mehr wiedererkannt."
    Vor allem Eltern und Schüler wollen am Familienkonzept festhalten, berichtet Frenzel. Der Trägerverein habe sich in der jüngsten Sitzung gegen das Konzept ausgesprochen.
    "Man muss auch sagen, dass der Vorstand schon zu Beginn der Trägervereinssitzung sagte: Das können wir sowieso so nicht umsetzen. Also das war offenkundig die einhellige Meinung im Vorstand."
    Neues Konzept muss zum neuen Schuljahr umgesetzt werden
    Der Vorsitzende des Trägervereins, Gerhard Herbert, dementiert: Das Konzept gelte als Rohfassung, die nun weiter bearbeitet werde, stufenweise. Wie die Odenwaldschule sowohl dem Elternwunsch nach Familienbetreuung als auch den behördlichen Sicherheitsanforderungen gerecht werden will, bleibt derzeit noch ihr Geheimnis. Und die Zeit drängt - denn das neue Internatskonzept muss zum neuen Schuljahr umgesetzt sein, so fordert es das hessische Sozialministerium. Am Dienstag, den 22. Juli, werden in Wiesbaden Gespräche dazu geführt. Wo es vielleicht auch um die Finanzierung des Internatsumbaus gehen wird. Derzeit mehren sich Spekulationen, dass die Odenwaldschule finanziell nicht gut dasteht.
    Vorstand Gerhard Herbert bestätigt, dass es derzeit eine "finanzielle Delle" gebe. Für das neue Schuljahr gebe es bisher erst wenige Neuanmeldungen, die Einnahmen würden dadurch naturgemäß sinken.