Krieg in Nahost
Internationale Initiative für Palästinenserstaat

Europäische und arabische Staaten haben eine Initiative zugunsten eines Palästinenserstaates gestartet. Norwegens Außenminister Eide sprach von einem "Puzzle", dessen Teile zusammengefügt werden müssten. An dem Treffen am Rande der UNO-Generalversammlung haben Eide zufolge 90 Länder teilgenommen.

    Die UNO-Vollversammlung in New York
    Am Rande der UNO-Vollversammlung in New York haben 90 Staaten eine neue Allianz für einen Frieden im Nahen Osten gegründet (picture alliance / dpa / Michael Kappeler)
    Die Länder riefen eine "Globale Allianz für die Verwirklichung eines palästinensischen Staates und einer Zwei-Staaten-Lösung" ins Leben. Der norwegische Außenminister leitete die Sitzung gemeinsam mit seinem saudi-arabischen Kollegen Prinz Faisal bin Farhan Al-Saud.

    Viele Teile eines Puzzles

    Eide sagte, auf der einen Seite gebe es in der internationalen Gemeinschaft aus westlichen und arabischen Ländern sowie des globalen Südens einen "wachsenden Konsens", dass ein palästinensischer Staat mit einer Regierung und den entsprechenden Institutionen eingerichtet und anerkannt werden müsse.
    Auf der anderen Seite müssten die Sicherheitsinteressen Israels und der Palästinenser, die Anerkennung und Normalisierung der Beziehungen nach Jahrzehnten des Konflikts und die Demobilisierung der Hamas als militärische Gruppe angesprochen werden. "Dies sind Teile eines größeren Puzzles", erklärte Norwegens Chefdiplomat. "Und es funktioniert nur, wenn alle Teile an ihrem Platz liegen."
    Eide äußerte sich skeptisch, dass der Plan bei Israels Premierminister Netanjahu Anklang finde. Dennoch sei es erforderlich, "nach Jahrzehnten gescheiterter oder festgefahrener Verhandlungen" einen neuen Ansatz zu verfolgen, um einen unabhängigen palästinensischen Staat zu erreichen. Der Chef der EU-Außenpolitik, Borrell, forderte alle Länder auf, praktische Maßnahmen zu ergreifen, "um ein freies Palästina neben einem sicheren Israel zu schaffen". Die ersten Treffen der Allianz würden in Riad und Brüssel stattfinden.

    Fortsetzung der arabischen Friedensintiative von 2002

    Eide ergänzte, dass die neue Initiative auf der arabischen Friedensinitiative von 2002 aufbaue, aber an die heutige Realität angepasst sei. Die Initiative von 2002, die von der Arabischen Liga und der 57 Mitglieder zählenden Organisation für Islamische Zusammenarbeit unterstützt wurde, bot Israel normalisierte Beziehungen im Gegenzug für einen vollständigen Rückzug aus den 1967 eroberten Gebieten an.
    Norwegen ist der Garant für das Abkommen von Oslo aus dem Jahr 1993, das als Durchbruch im jahrzehntelangen Konflikt zwischen Arabern und Juden gefeiert wurde. Mit ihm wurden die Palästinensische Autonomiebehörde gegründet und Gebiete mit Selbstverwaltung in der Palästinensischen Autonomiebehörde eingerichtet. Inzwischen haben 149 der 193 UN-Mitgliedsstaaten einen palästinensischen Staat anerkannt.

    Guterres warnt vor Ausweitung des Konflikts

    UNO-Generalsekretär Guterres hat nach den jüngsten israelischen Angriffen auf Ziele in Beirut eindringlich vor einer Ausweitung des Konflikts gewarnt. "Der Krieg im Libanon könnte zu einer weiteren Eskalation mit Beteiligung externer Mächte führen", sagte er bei einer UNO-Sicherheitsratssitzung in New York. Ein regionaler Krieg müsse jedoch "um jeden Preis" verhindert werden.
    Guterres betonte, er unterstütze den Vorschlag einer vorübergehenden Waffenruhe, die die Lieferung humanitärer Hilfe ermögliche und den Weg für die Wiederaufnahme ernsthafter Verhandlungen über einen dauerhaften Frieden ebne. Endlose Verhandlungen wie im Gazastreifen könne man sich nicht leisten. 
    Gaza bleibe das Epizentrum der Gewalt sei der Schlüssel zur Beendigung der Gewalt, zeigte sich Guterres überzeugt. "Die Schockwellen, die von dem beispiellosen Tod und der Zerstörung in Gaza ausgehen, drohen nun die gesamte Region in den Abgrund zu stürzen: ein Flächenbrand mit unvorstellbaren Folgen", warnte er. Die Todesspirale müsse ein Ende haben und das humanitäre Völkerrecht müsse geachtet werden.

    USA verstärken Truppen, Iran verschärft den Ton

    Angesichts der weiteren Eskalation wies US-Präsident Biden nach Angaben des Weißen Hauses das Pentagon an, "die US-Streitkräfte in der Region gegebenenfalls anzupassen, um die Abschreckung zu verstärken und das gesamte Spektrum der US-Ziele zu unterstützen". Biden hatte zuvor mit Blick auf die israelischen Angriffen in Beirut gesagt, dass die USA davon "keine Kenntnis" gehabt hätten. Sie seien "auch nicht daran beteiligt" gewesen.
    Dennoch beschuldigte der Iran Washington der "Komplizenschaft an den Verbrechen" Israels. Diese könne "nicht ignoriert" werden, sagte Außenminister Araghchi am Freitag vor dem UN-Sicherheitsrat in New York, wobei er auf die militärische Unterstützung der USA für seinen engen Verbündeten Israel verwies. Konkret nannte er sogenannte "Bunkerbuster"-Bomben, von denen Israel mehrere bei seinen Angriffen auf Ziele in Beirut eingesetzt habe.

    Evakuierung von Krankenhäusern in Beirut

    Nach den schweren israelischen Luftangriffen auf Hisbollah-Ziele im Süden von Beirut hat das libanesische Gesundheitsministerium die Evakuierung von Krankenhäusern in den südlichen Vororten der Hauptstadt angeordnet. Krankenhäuser in Gebieten, die nicht von israelischen Angriffen betroffen sind, wurden aufgefordert, nur noch in dringenden Fällen andere Patienten aufzunehmen.
    Israel hat bei seinen Angriffen nach eigenen Angaben den Anführer des Hamas-Netzwerks in Süd-Syrien, Fahd, getötet. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Zudem hat die israelische Armee ihre Angriffe auf Ziele im Libanon fortgesetzt. Ein Sprecher sagte, im Süden des Nachbarlandes habe man in der Nacht bei Attacken mit Kampfjets mehrere Kommandeure der terroristischen Hisbollah-Miliz getötet.
    Am Morgen flog die israelische Armee nach eigenen Angaben weitere Angriffe auf Ziele im Osten des Libanon. Im Norden Israels wurde den Angaben zufolge wegen neuer Raketenangriffe der Hisbollah Luftalarm ausgelöst.
    Diese Nachricht wurde am 28.09.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.