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Internationale Tourismusbörse in Berlin

In Berlin hat die ITB, die Internationale Tourismusbörse, begonnen. Auch das Bundesumweltministerium und das Umweltbundesamt sind auf der Messe vertreten und machen sich vor allem für umweltgerechte Tourismusangebote stark. Aber nicht nur in Deutschland, sondern auch im Ausland spielen umweltgerechte Angebote eine wichtige Rolle - mit denen man sich vor allem an die besser betuchten Reisenden wendet und sich vom Massentourismus abheben will, wie bei einem Projekt im südafrikanischen Namibia.

Von Eva Bahner | 12.03.2004
    Direkt vor uns - 12 Uhr - steht ein Strauß.

    Nicht nur der Strauß, auch Springböcke und Oryxantilopen lassen sich am späten Nachmittag von den Touristen im Landrover gerne fotografieren. Erst vor zwei Wochen hat es kräftig geregnet im NamibRand Natur-Reservat, erzählt Stephan Brückner, und deshalb kann der Deutschstämmige aus Windhoek der Reisegruppe ein ungewohntes Bild der Namib-Wüste präsentieren: Der staubige, trockene Sandboden und die bis zu 250 Meter hohen Dünen in der Namib-Wüste sind bedeckt von Silbergrasbüscheln, vom Wind gestriegelt.

    Das NamibRand Natur-Reservat grenzt an den staatlichen Nationalpark und Sossusvlei, eine Flugstunde süd-westlich von Windhoek entfernt, und ist wohl mit knapp 200.000 Hektar das größte private Naturschutzgebiet im südlichen Afrika - ein ökologischer Vorzeigebetrieb. Entstanden ist das Projekt Mitte der 80er Jahre, als der Geschäftsmann Albi Brückner aus purer Liebe zur Natur in dieser Gegend drei Farmen aufkaufte. Sein 36-jähriger Sohn, der heute die Geschäfte seines Vaters führt, erinnert sich an die Anfänge:

    "Das waren hier alles Karakulfarmen, also Schaffarmen, und diese Karakulzuchtindustrie dient einzig allein dazu, den Lämmern das Fell über die Ohren zu ziehen am Tag ihrer Geburt und daraus Pelze zu machen. Und als in Europa die Anti-Pelz-Geschichte losging, ist der Markt von einem Jahr zum nächsten zusammengebrochen. Dann kam oben drauf noch eine Dürre, und dann waren diese Farmer, die hier sowieso immer einen Existenzkampf geführt haben, am Ende und die mussten ja irgendwo überleben. Und zwar haben die dann angefangen das Wild, also die Oryxantilopen, die in sehr kargen Verhältnissen gut durchkommen, wirklich zu Tausenden jedes Jahr abzuschießen. Da ist man von Seiten des Ministeriums auf meinen Vater zugegangen und hat gesagt: Können Sie nicht ein paar Geschäftsleute aus Windhoek zusammen trommeln und Ihr kauft die einfach alle aus, und dann macht Ihr eine Pufferzone zwischen dem Nationalpark und dem Farmgebiet."

    In einer Nacht- und Nebel-Aktion kaufte der Geschäftsmann, der es zuvor in Windhoek mit dem Verkauf von Maschinen, Stahl und Motoren zu einem beträchtlichen Vermögen gebracht hatte, acht Farmen. Insgesamt 1600 Kilometer Zaun wurden abgebaut, 120 Kilometer Straße stillgelegt bis wieder ein zusammenhängendes Stück Natur entstand. Inzwischen konnte die Familie Brückner auch ausländische Investoren aus Spanien, Deutschland, England und den USA für das Projekt gewinnen. Und so trägt sich das Natur-Reservat seit zwei Jahren selbst, beschäftigt 140 Menschen - und all das ohne öffentliche Zuschüsse.

    Man muss das ja auch vor dem Hintergrund sehen, dass Namibia ein Land ist, wo es einfach noch an sehr vielen Ecken hapert. Wenn man in einem Land lebt, wo es nicht genug Schulen und Krankenhäuser gibt und Elekrizität und Wasser, dann kann ich es einer Regierung nicht verübeln, wenn die sagt, unsere Prioritäten liegen erstmal woanders.

    Die zweite Einnahmequelle des Naturschutzgebiets ist der Tourismus. Zehn Prozent vom Umsatz der Lodges und Camps fließen in die Interessengemeinschaft. Dies gilt auch für die Wolwedans Lodge, die auf hölzernen Stelzen mitten ins Reservat gebaut wurde - auf einer 240 Meter hohen Sanddüne. Wolwedans ist Afrikans und heißt zu Deutsch: der Ort, wo der Wolf tanzt. Der Einklang mit der Natur hat hier allerhöchste Priorität, versichert Stephan Brückner. Dafür sorgen bestimmte Auflagen:

    Jedes kommerzielle Bett auf NamibRand Nature Reserve muss theoretisch von 1500 Hektar Land umgeben sein und damit ist die Kapazität im Moment auf ca. 90 Betten beschränkt. Wir sitzen hier mit dem gleichen Problem. Wir haben letztes Jahr diese Suite gebaut und dabei sehr genau darauf geachtet, dass wir eins der Gästezimmer zumachen. Das ist jetzt ein Personalzimmer. Jedes Camp darf maximal 20 Betten haben, um sicher zu stellen, dass hier nicht irgendwelche Riesen-Lodges entstehen, die den ganzen Charme von NamibRand zerstören.

    Die Energieversorgung läuft über Solaranlagen, das Wasser wird aus 140 Meter Tiefe aus der Erde gepumpt:

    Wir haben jetzt angefangen, unser gesamtes Brauchwasser nochmal zu nutzen. Das wird durch ein Schilf-Bett biologisch gefiltert, und das werden wir dann nutzen für Gartenbau. Da können wir alles, was über der Erde wächst, anpflanzen, also Tomaten, Kürbisse, Gurken, einfach um sicher zu stellen, dass dieses Brauchwasser nicht irgendwann wieder ins Grundwasser kommt.

    Luxus spielt auf der Wolwedans Lodge eine untergeordnete Rolle, und dennoch: ob Oryxantilope oder Apfelstrudel, die Wüsten-Köche zaubern jeden Abend ein Drei-Gänge-Menü, das sie vor dem Essen den Gästen präsentieren - auf Englisch und in ihrer Muttersprache Nama.