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Internationales Recht auf dem Prüfstand

Ich glaube nicht, dass wir neue Regeln für das Völkerrecht brauchen. Wir haben bereits eine Menge Regeln und Vorschriften. Sehen Sie sich die Regeln an, die es im Hinblick auf Terrorismus, auf Massenvernichtungswaffen, auf den Rüstungswettlauf gibt. Warum sollen wir diese Regeln nicht anwenden, auf die wir uns nach einem langen Prozess geeinigt haben? Sie sind nach wie vor gültig! Nach meiner Auffassung müssen die Staaten, die diese Konventionen unterschrieben und ratifiziert haben, ihren Verpflichtungen nachkommen nach dem Prinzip "pacta sunt servanda".

Gesa Liethschmidt | 04.08.2003
    Andrew Conteh ist Professor für Internationales Recht an der Universität Minnesota. Die Diskussion um das Völker-recht ist in Bewegung geraten. Die Anschläge auf New York und Washington am 11. September 2001 wurden von der UNO und der NATO schnell als Angriff auf die USA bezeichnet. Deckt sich das noch mit der traditionellen Definition eines bewaffneten Angriffes, wie er der Charta der Vereinten Nationen zugrundeliegt? Oder sind neue Definitionen und Regeln nötig?

    Die Frage, ob das Völkerrecht für die gegenwärtigen Sicherheitsprobleme noch ausreicht, stellte sich im Zusammenhang mit dem Irakkrieg mit besonderer Brisanz. Der Streit zwischen Befürwortern und Gegnern einer Weiterentwicklung des Völkerrechts wird heftig ausgetragen. Im Kern stellt sich die Frage, ob das Herz der Charta der Vereinten Nationen, das allgemeine Gewaltverbot, festgelegt in Artikel 2 der Charta, Bestand hat. Er lautet:

    Alle Mitglieder unterlassen in ihren internationalen Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit gerichtete oder sonst mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbare Androhung oder Anwendung von Gewalt.

    Die Regeln über das Recht der Gewaltanwendung bilden ein Grundelement des modernen Völkerrechts. Sie sind die Antwort auf die Schrecken des Zweiten Weltkrieges. Im Gegensatz zum klassischen Völkerrecht, das das freie Recht zum Krieg als Merkmal der staatlichen Souveränität kannte, enthält das heutige Völkerrecht umfassende Prinzipien zur Gewalteindämmung und verlangt Rechtfertigung und Kontrolle.

    Als Ausnahmen vom allgemeinen Gewaltverbot sind bisher das Recht zur individuellen und kollektiven Selbstverteidigung, das Recht zur Anwendung von militärischen Maßnahmen im Rahmen des Systems kollektiver Sicherheit durch den UN-Sicherheitsrat und das Recht zur humanitären Intervention anerkannt. Sie sind ebenfalls in der Charta festgelegt. Zwar wurde in den fast 60 Jahren seit dem Entstehen der Charta dieser Rahmen immer wieder gesprengt. Seit 1945 hat es an die 200 Kriege ohne UN-Mandat mit über 15 Millionen Toten gegeben. Neu ist aber: Noch nie wurde das Gewaltverbot der UN-Charta in Frage gestellt.

    Dies geschah erstmals nach den Terroranschlägen auf New York und Washington am 11.September 2001 und im Zusammenhang mit den anschließenden weltweiten Befürchtungen wegen vermuteter Massenvernichtungswaffen in sogenannten Schurkenstaaten wie dem Irak. Grund ist die neue Bedrohungsanalyse.

    Aus US-Sicht ist klar, dass die klassische Abschreckung nicht mehr funktioniert und dass es Terrorpläne gibt, die amerikanische Interessen direkt treffen sollen. Washington ist überzeugt, dass die Terroristen vom 11. September 2001 Massenvernichtungswaffen eingesetzt hätten, wenn sie Zugang zu ihnen gehabt hätten. Daher, argumentiert die Bush-Administration, war es nicht mehr tolerierbar, dem irakischen Diktator Saddam Hussein die Chance zu geben, weitere Jahre Massenvernichtungswaffen herzustellen.

    Im Gegensatz zu der US-amerikanischen Auffassung neigten einige europäische Politiker eher dazu, eine unmittelbare Bedrohung durch Saddam Hussein als nicht gegeben anzusehen. Aber an vielen Stellen wird darauf hingewiesen, dass Gewalt als Mittel zur Durchsetzung politischer Ziele offenbar wieder stärker ins Blickfeld einiger Akteure gerückt ist. Deshalb sei es jetzt höchste Zeit, im internationalen Recht Regeln für Militäreinsätze zur Prävention zu verankern. Armin Steinkamm, Professor am Institut für Internationales Recht und Wehrrecht in München:

    Es müssen ohne jeden Zweifel neue Regeln gefunden werden. Wir haben mit den Terrorakten eine neue Qualität eines bewaffneten Angriffs zu konstatieren und befinden uns damit im Kriegsvölkerrecht. Denn einen bewaffneten Angriff in dem Sinne gibt es nach der Charta nur im VR, nicht im innerstaatlichen Recht. Die Vereinten Nationen haben mit ihren beiden Resolutionen wenige Tage nach dem 11.9.01 bereits die Konsequenzen gezogen. Sie haben einen Weg aufgezeigt, der von der traditionellen völkerrechtlichen Auffassung abweicht und haben insbesondere dem Tatbestand Rechnung getragen, dass innere und äußere Sicherheit im traditionellen Sinne nicht mehr voneinander getrennt werden können.

    In den genannten beiden Resolutionen werden alle Staaten verpflichtet, die Netze des Terrorismus zu zerschlagen. Das bedeutet, dass die Staaten auch zu innerstaatlichen Maßnahmen aufgerufen werden, um Terrorattacken den Boden zu entziehen. Zudem bekräftigten die Vereinten Nationen in der einstimmig angenommen Sicherheitsratsresolution 1368 vom 12. September 2001,

    dass diejenigen, die den Tätern, Drahtziehern und Förderern helfen, sie unterstützen oder ihnen Zuflucht gewähren, zur Rechenschaft gezogen werden.

    Damit setzte der Sicherheitsrat die von Privatpersonen durchgeführten Anschläge gegen das World Trade Center und das Pentagon einem kriegerischen Angriff gleich wie er nach bisheriger Erfahrung und bisherigem Denken normalerweise von einem Staat erfolgt. Der Sicherheitsrat bestätigte den angegriffenen USA das Recht auf Selbstverteidigung und legitimierte auch ein Vorgehen gegen diejenigen, die den Attentätern Schutz und Unterstützung gewähren, in diesem Fall die Taliban.

    Im Herbst 2001 griffen die USA mit ihren Verbündeten die Taliban in Afghanistan an. Sind demnach die beiden Resolutionen vom September 2001 ein Hinweis auf eine breitere Definition des Selbstverteidigungsrechts? Michael Bothe, Professor für öffentliches Recht, vor allem Völkerrecht an der Universität in Frankfurt am Main:

    Ausweitung schon, aber eben vorsichtig. Das wesentliche Element der juristischen Rechtfertigung des Einmarsches in Afghanistan war eben, dass man das Afghanistan zurechnete und die Kriterien dieser Zurechnung, die sind das eigentlich problematische. Da ist von verschiedener Seite gesagt worden: das ist zu weit gegangen. Der IGH hat sich im Falle Nicaragua 1986 dazu in einer bestimmten Weise geäußert.

    Zur Erinnerung: Im Nicaragua-Urteil hat der Internationale Gerichtshof in Den Haag der staatlichen Zurechnung "privater" Aktionen enge Grenzen gezogen. Nicht einmal die Bewaffnung und logistische Unterstützung von Rebellen sollen demnach einem Staat zugerechnet werden können und damit die Annahme eines Angriffs durch einen bestimmten Staat erlauben. Wenn diese Kriterien zutreffen, so wären die Ereignisse des 11. September 2001 Afghanistan, und zwar trotz Trainingslager und Durchdringung der Regierung in Kabul mit Mitgliedern der Al-Kaida-Organisation, nicht zurechenbar.

    Auch wenn das Selbstverteidigungsrecht nach dem 11. September 2001 vorsichtig ausgeweitet wurde, setzt es nach wie vor einen laufenden bewaffneten Angriff voraus. Seit langem aber wollen einige Völkerrechtler Abwehrmaßnahmen schon dann erlauben, wenn ein Angriff unmittelbar bevorsteht. Für solche sog. Präventivkriege sollte eine völkerrechtlich gesicherte Basis geschaffen werden. Als Beispiel für einen solchen Präventivkrieg wird immer wieder an den Angriff Israels auf seine gerade aufmarschierenden Nachbarn im Sechstagekrieg 1967 erinnert. Dies wird von einigen Experten als rechtmäßig bewertet.

    Davon unterschieden werden müssen sog. präemptive Operationen. Dabei geht es um vorbeugende Aktionen, denen noch keine konkrete Bedrohung zugrunde liegt. Der Irak-Krieg könnte als Beispiel dafür dienen, wenn als Kriegsgrund vorgebracht wird, dass der Irak Programme zur Beschaffung von Massenvernichtungswaffen verfolgt oder verfolgt hat, ohne dass er schon konkrete Einsatzvorbereitungen trifft. Hier wird nun argumentiert, dass bei Massenvernichtungswaffen die Einsatzvorbereitungen nicht mehr zu sehen sind, jedenfalls nicht, wenn man sie über terroristische Gruppen zum Ziel bringen will.

    Muss der Begriff der Selbstverteidigung neu, breiter definiert werden? Armin Steinkamm:

    Allgemein wird man diese Frage zunächst verneinen müssen. Denn ein präemptives Verteidigungsrecht sieht die Charta der VN nicht und auch das Völkerrecht im Übrigen nicht vor. Eine solche Verteidigung, präemptive Angriffe, haben die Amerikaner in ihrer Nationalen Sicherheitsstrategie vom September 2002 hineingeschrieben. Und das ist auch der wesentliche Problempunkt, der natürlich die Staatenwelt in mehr oder weniger verschiedener Weise sehr, sehr irritiert.

    In der Tat kann die Nationale Sicherheitsstrategie der USA als Beginn einer neuen strategischen Ära gesehen werden, in der der Begriff "preemption", Vorbeugung, eine bedeutende Rolle spielt. Die Frage, die hinter dieser Strategie steht, lautet: Muss ein Staat oder eine Staatengemeinschaft es zulassen, wenn ein anderer Staat Terroristen unterstützt oder Massenvernichtungswaffen zu erlangen sucht, so dass er ein hohes Risiko für andere darstellt?

    Die USA sehen in ihrer Sicherheitsstrategie einen vorbeugenden Angriff auf einen anderen Staat vor, wenn dieser eine mögliche zukünftige Bedrohung für das eigene Land darstellt. Sie gehen damit weiter als beim Szenario des Sechstagekriegs, wo eine akute Bedrohung schon erkennbar war. Armin Steinkamm meint, die Staatenwelt sei angesichts der US-amerikanischen Sicherheitsstrategie irritiert:

    aus dem einfachen Grunde, weil die Frage nicht beantwortet ist: Wer eigentlich darf diesen präemptiven Schlag sanktionieren? Die Antwort wäre einfach. Der Sicherheitsrat.

    Die Mehrheit der Völkerrechtler lehnt dagegen die neue US-Doktrin ab, weil, so Michael Bothe:

    Das Recht auf präventive militärische Maßnahmen, so, wie es dort gefordert wird, ist ganz klar nicht geltendes Völker-recht. Man kann es in zweierlei Richtung verstehen: entweder als eine Rechtsbehauptung, das sei so. Die ist falsch. Oder als eine Forderung, das Recht solle sich in diese Richtung ändern. Da bin ich eindeutig der Auffassung: Wir brauchen das nicht. Die große Gefahr ist, dass sich nur das, was ein wesentliches kulturelles, gesellschaftspolitisches Element des Fortschritts im letzten Jahrhundert ist, nämlich die Entwicklung eines völkerrechtlichen Gewaltverbots, dass das dabei auf der Strecke bleibt, weil die Konturen des zulässigen militärischen Eingreifens, die da reklamiert werden, nicht abzusehen ist. Dann können wir uns von dem völkerrechtlichen Gewaltverbot schlicht und einfach verabschieden.

    Bei der Konfrontation mit dem Irak machte die Administration Bush Selbstverteidigung nicht geltend. Stattdessen argumentierte Washington, dass die Missachtung früherer Sicherheitsratsresolutionen durch Saddam Hussein genügend Rechtfertigung gebe. Die früheren Sicherheitsratsresolutionen, so die US-Position, enthielten die Gewaltandrohung, z.B. jene, die 1991 den Krieg nach der Besetzung Kuwaits legitimierte. Reicht die Verletzung von UN-Resolutionen, also die Verletzung von Völkerrecht für eine Gewaltanwendung aus?

    Hierbei sind die Meinungen unter den Völkerrechtlern wieder kontrovers. Auch die Resolution 1441 vom November vergangenen Jahres wird, wenngleich in geringerem Maße, unterschiedlich bewertet. In dieser Resolution werden zwar u.a. die Abrüstungspflichten des Irak präzisiert und mit "ernsthaften Konsequenzen" gedroht, aber sie enthielt nach Meinung der meisten Völkerrechtler kein Gewalt-Mandat. Die Entstehung dieser Resolution unterstreicht dies: Im Sicherheitsrat wurde der Text nach zähen Verhandlungen so beschlossen. Die USA und Großbritannien konnten sich mit ihrem Willen nach einem Automatismus zur Gewalt nicht durchsetzen. Insofern wollte der Sicherheitsrat diese Folge nur mit einem neuen Beschluss eintreten lassen. Der Krieg gegen den Irak verstieß demnach gegen das Völkerrecht.

    Eine andere Frage ist, ob dies überhaupt ein Präventivkrieg war, wie einige EU-Staaten, allen voran die Regierung Schröder, den USA unterstellten. Michael Bothe meint nein:

    Es ist eben nicht so, dass in diesem Fall das Recht zum Präventivschlag ausdrücklich in Anspruch genommen wurde. Es ist nicht so, dass die Vereinigten Staaten erklärt hätten: weil wir einer zukünftigen Bedrohung entgegnen müssen, ist das notwendig. Aber wir dürfen es, weil wir in Wahrheit die Gesamtheit der Resolutionen des Sicherheitsrates in dem Lauf von zehn Jahren durchsetzen. Das ist die rechtliche Rechtfertigung. Man kann also das, was da geschehen ist, eben noch nicht verstehen als einen Schritt der Praxis in Richtung auf zulässige Präventivschläge.

    In der Nationalen Sicherheitsstrategie NSS bezieht sich die US-Regierung mehrfach auf die Zusammenarbeit mit ihren Verbündeten im Kampf gegen die neuen Bedrohungen. So heißt es in einem Abschnitt:

    Es gibt wenig Dauerhaftes, das die Vereinigten Staaten ohne die ständige Kooperation mit ihren Verbündeten in Kanada und Europa erreichen können.

    Und weiter:

    Die Allianz muss überall dort handeln können, wo unsere Interessen bedroht werden.

    Das heißt also: weltweit. Ob dies nun präemptiv erfolgen soll, bleibt allerdings offen. Die Einbeziehung der NATO durch die US-Sicherheitsstrategie lenkt den Blick auf deren rechtliche Grundlage. Der NATO-Vertrag ist eng mit dem Völkerrecht verzahnt. Das kollektive Selbstverteidigungsrecht des NATO-Vertrages gilt zunächst nur so lange, bis die UN sich eingeschaltet haben. So blieb die Zulassung präemptiver Operationen in der US-Strategie bisher ohne offizielle Reaktion aus Brüssel. Der NATO-Gipfel im vergangenen November hat dieses Thema bewusst nicht diskutiert. Michael Bothe:

    Das ist ein nachvollziehbares Bestreben, Gegensätze, die vorhanden sind, nicht zu offenkundig werden zu lassen. Diese Gegensätze haben sich ganz offenbar schon gezeigt, als man die verschiedenen Versionen des neuen strategischen Konzepts der NATO seit 1992 verhandelt hat. Letzter Schritt ist das neue strategische Konzept von 1999, wo dieses Problem angesprochen, aber nicht gelöst ist. Dort steht zu lesen, dass immer dann, wenn die NATO nicht in Selbstverteidigung, sondern in anderer Weise Krisenmanagement betreibt, dies im Einklang mit dem VR zu geschehen habe. Es heißt, dass diese Formulierungen gerade auf europäisches Betreiben in das Papier hineingekommen sind.

    Die im April 1999 in Washington einmütig verabschiedeten Leitsätze der NATO haben keine Antwort gegeben auf das Szenario der massiven Terrorattacken gegen die USA aus dem Jahr 2001, die in dieser Form nicht vorhergesehen wurden. Folglich gibt die NATO-Strategie auch keine Antwort auf die Frage, wie das Bündnis auf einen derartigen Angriff reagieren soll, der ja nicht dauerhaft vorgetragen, sondern in Form gezielter Aktionen gegen weltweit verteilte Ziele stattfindet. Wie die Bündnispartner sich eine Reaktion der NATO vorstellen können und wie dies dann ins Völkerrecht eingebaut werden muss, ist bislang noch nicht konzipiert. Hier besteht Handlungsbedarf. Dem offiziellen Stillschweigen steht eine lebhafte Debatte hinter verschlossenen Türen, vor allem in Europa, gegenüber. Armin Steinkamm:

    Die Frage, die heute gestellt werden muss, ist diejenige, ob die einschlägigen völkerrechtlichen Regeln nicht dahin erweitert werden müssen, dass man gerade vor dem Blickwinkel der Probleme von Terrorakten, die eine internationale Qualität annehmen, dazu kommen muss, auch präemptiv einen Militärschlag zu genehmigen, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen, was man generell immer dann bejahen würde, wenn man mit hoher Sicherheit davon ausgehen kann, dass ein Terrorakt von großer Massivität oder aber ein Angriff eines Staates, der natürlich nicht legitimiert ist, auf einen anderen Staat unmittelbar bevorsteht. Das ist eine Abwägung der Fakten in dem gegebenen Moment, die der Sicherheitsrat vornehmen müsste.

    Die Frage, ob im Völkerrecht der Begriff Selbstverteidigung verändert werden muss, steht auf der Tagesordnung. Kurz nach Ende der Kampfhandlungen gegen den Irak bekräftigte US-Präsident George Bush seine Entschlossenheit, Bedrohungen gegen die USA notfalls durch Präventivschläge abzuwenden. Ob er dabei den Weg über die Vereinten Nationen einschlagen wird, ist mehr als fraglich.

    Wenn der Rechtsbruch, der beim Irak-Krieg begangen wurde, mehr oder weniger schweigend von der Staatenwelt hingenommen wird, könnten nach weiteren Ereignissen dieser Art Präventivschläge Völkergewohnheitsrecht werden. Dies wiederum könnte das Gewaltverbot der UN-Charta aushebeln. Michael Bothe:

    Staatliche Praxis, die sich nicht um das Völkerrecht kümmert, ist natürlich für Völkerrecht eine Gefahr. Daran kann man nicht deuteln.

    Der Münchner Wehrrechtler Armin Steinkamm schließt nicht aus, dass die USA den Krieg gegen den Irak als ersten Schritt zur Entwicklung neuen Völkerrechts aus einer Staatenpraxis betrachten, die ihre Rechtsüberzeugung für dessen Legitimität mitträgt. Es ist jetzt Sache der Vereinten Nationen, sich damit auseinander zu setzen.