Freitag, 19. April 2024

Archiv

Internationalisierung von Studiengängen
Hürden beseitigen für das Auslandssemester

Einmal ins Ausland – ein Wunsch, den sich viele Studierende gerne erfüllen würden. Hochschulen werben mit Kontakten in EU-Staaten oder mit Partnern auf anderen Kontinenten. Aber ins Ausland zu gehen, bedeutet oft Zeitverlust im Studium. Mehr gegenseitige Anerkennung von Studienleistungen könnte helfen.

Von Dorothee Soboll | 08.10.2019
Studierende des Erasmus-Austauschprogramms bei einem Aktionstag vor dem Brandenburger Tor in Berlin.
Auch bei etablierten Austauschprogrammen ist nicht immer klar, welche Studienleistungen die Heimatuni anerkennt (imago stock&people)
Internationale Erfahrungen sind wichtig, gerade in einer globalisierten Welt. Darüber sind sich bei dieser Tagung "Anerkennung und Mobilität" in Freiburg alle einig: Rektoren, Dozierende und Studierende. Aber sie bedeuten oft auch Zeitverlust im Studium und bürokratische Hürden. Charlotte Tavernier arbeitet an der Universität Straßburg:
"Ich habe noch keinen Studierenden gesehen, der nicht zufrieden war mit seiner Mobilitätserfahrung. Die sagen immer: Das war sehr schwer am Anfang, aber das hat sich gelohnt."
Zusammenschluss von fünf Universitäten
Charlotte Tavernier ist für das EUCOR-Programm zuständig, eine Besonderheit im Dreiländereck Frankreich-Schweiz-Deutschland. Mit "EUCOR – The European Campus" haben sich fünf Universitäten aus den drei Ländern zusammengeschlossen. In so einem institutionalisierten Verfahren läuft es gut. Das sagt auch Juliane Besters-Dilger, die Prorektorin für Studium und Lehre an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg:
"Jeder Student aus diesem EUCOR-Raum kann jede beliebige Lehrveranstaltung an einer der anderen vier Universitäten besuchen und sie sich anrechnen lassen. Das geht natürlich nur durch die räumliche Nähe."
Diese Nähe will Besters-Dilger nutzen, um die Anerkennung der Studienleistungen noch einfacher zu machen:
"Das würde ich mir wünschen, dass eigentlich das Anerkennungsverfahren wegfällt, weil wir es gar nicht mehr brauchen."
Offene Fragen trotz Lissabon-Konvention
In Freiburg und Basel ist man schon so weit: In den Wirtschaftswissenschaften erkennen die beiden Hochschulen die Studienleistungen gegenseitig an. Seit 2007 gilt in Deutschland die Lissabon-Konvention, die Verfahren zur Anerkennung regelt. Doch dies stellt Hochschulen vor Herausforderungen. Bei der Tagung in Freiburg geht es ganz praktisch um solche Fragen wie: Wo läuft es gut? Wo gibt es Nachholbedarf? Konkret stellt sich diese Frage gerade die Fachhochschule Dortmund. Das Ziel: der "Campus International im Jahr 2025". Katrin Löhr ist Prorektorin für Internationalisierung und Diversity:
"Das fängt bei einer zweisprachigen Beschilderung an, dass sich jeder wohlfühlt. Es geht über die Internationalisierung der Curricula: Wird da nicht nur die deutsche Sicht behandelt? Wird die Perspektive ausgeweitet? Letztlich geht es hin bis zur Website, wenn sich ausländische Studierende, mögliche Lehrende bei uns informieren möchten, dass sie da keine Barrieren vorfinden, sondern auch eine entsprechende Website auf Englisch."
Studierende befürworten mehr Austausch
Und was sagen die Studierenden dazu? Die FH Dortmund hat sie und das Rektorat an einen Tisch gesetzt. Der richtige Weg, findet Prorektorin Löhr:
"Es wurde ganz klar gefordert: Noch mehr Gastdozentinnen und Gastdozenten aus dem Ausland. Es wurde auch als wertvoll angesehen, wenn unsere Lehrenden oft ins Ausland gehen, internationale Erfahrungen teilen und mitbringen. Das hat uns besonders gefreut, weil das auch einen starken Teil in der Internationalisierungsstrategie darstellt."
Auch an der Tagung in Freiburg nehmen Studierende teil, die Auslandserfahrungen gemacht haben. Bei ihnen lief es überwiegend gut:
"Sehr positiv, sowohl die Erfahrung in Norwegen selbst als auch der Ablauf. Ich finde, das Erasmus-Programm ist sehr gut aufgebaut, man fühlt sich da sehr aufgehoben. Es gibt eine finanzielle Förderung für die Studenten, die sich an das Land anpasst, in das man geht."
"Als Lehramtsstudentin hatte ich gar keine Probleme, weil ich hatte das vorher alles abgeklärt, und innerhalb von wenigen Wochen war alles drauf."
Was angerechnet wird, bleibt unklar
Die Studierenden sehen aber auch Probleme und haben Verbesserungsvorschläge:
"Ich glaube, tendenziell gehen mehr Leute im Bachelor, weil man meistens kein Kindergeld mehr hat. Ich kenne niemanden, der im Master noch mal ins Ausland ist."
"Die Anrechnung könnte leichter sein bei uns. Die Lehrstühle haben zwar Guidelines auf ihrer Homepage, was angerechnet werden kann, man hat immer eine Idee davon, was geht. Aber niemand kann einem eine feste Zusage machen. Das heißt, es ist schwierig, das Studium zu planen."
"Es gibt oft Erasmus-Koordinatoren, die sehr gut darüber informiert sind. Die Frage ist nur, ob man gerade die erwischt oder ob man vielleicht an der falschen Stelle nachfragt. Auch als Studi ist es oft nicht so ganz klar, wo man am besten nachfragt."
Vernetzung und Erfahrungsaustausch
Charlotte Tavernier von der Uni Straßburg sieht Lösungsansätze:
"Wir müssen die Dozierenden, die Mitarbeiter vernetzen. Wenn sie sich besser kennen lernen, dann arbeiten sie besser zusammen. Und dann ist das einfacher für die Studierenden, weil die Ansprechpartner wissen, wovon sie reden und wie das läuft."
Vernetzen und sich kennenlernen – dazu möchte auch die Tagung der Hochschulrektorenkonferenz in Freiburg einen Beitrag leisten. Katrin Löhr von der Fachhochschule Dortmund:
"Das ist ganz notwendig, gerade im internationalen Bereich, dass die Erfahrungen, die gemacht werden, nicht bei einer Person bleiben, sondern dass die geteilt werden."