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Internet aus der Luft gegriffen

Der Start des neuen Mobilfunknetztes UMTS in Deutschland ist erst einmal auf das kommende Frühjahr verschoben. Das freut die Anbieter alternativer Internet-Zugangstechniken. In der vergangenen Woche nahm unterdessen in Stuttgart das Breitband-Funknetz AirData seinen Dienst auf. Die Mobilfunk-Technik nach dem in Europa entwickelten UMTS-Standard TD-CDMA bietet Geschwindigkeiten, die Anwender bislang nur von DSL kannten.

Gerd Pasch |
    Drahtlos im Internet surfen wie mit der Festnetz-Technik DSL – das ist Airdata, eine Mobilfunk-Technik nach dem in Europa entwickelten UMTS-Standard TD-CDMA. Im Download sind damit bis zu 768 Kilobit pro Sekunde zu empfangen, abgeschickt werden können Daten unterwegs aus Laptops und PDA mit bis zu 128 768 Kilobit pro Sekunde. Das Produkt nennt sich portable DSL und ging in Stuttgart an den Start. 30 Städte sollen bis zum kommenden Herbst versorgt sein. Im Gegensatz zum Wireless-LAN mit so genannten Hotspots an Flughäfen, in Cafés und öffentlichen Einrichtungen deckt AirData die Fläche einer Innenstadt ab, Hot Zones genannt. Es ist im Wesentlichen eine Funkzelle wie beim Mobilfunk, in der bis zu 40 Teilnehmer im shared-media-Verfahren die besagte DSL-Bandbreite direkt ins Internet nutzen können. Mit weiteren Antennen sind mehr Teilnehmer möglich, ohne Einschränkung der Bandbreite.

    Die Verbindung ist allways on, der Nutzer ist also ständig eingebucht. Die Übertragung der Daten geschieht nach dem Sicherheitsstandard für das UMTS-Netz. Telefonieren ist nicht vorgesehen, folglich gibt es auch keine Sim-Karte vom Mobilfunk-Anbieter, sondern wie am Premieren-Standort Stuttgart praktiziert, vom lokalen Internet-Provider. Der Anschluss des PCs, Laptops oder PDAs ans AirData-Netz geschieht in der Aufbauphase über eine USB-Box, die kleiner und leichter ist als ein Handy. Dieses Funk-Modem kostet 150 Euro, Steckkarten im CF- und PCMCIA-Format werden überdies vermutlich bald folgen. AirData-Chef Wolfgang Keuntje, der früher T-Online managte, sieht seine vom Telekom-Ausrüster Alcatel produzierten Chips auch gemeinsam auf Empfangs-Karten für digitales Radio und Fernsehen. Sie beschafften dem Überall-Fernsehen DVB-T dann auch den notwendigen Rückkanal für interaktive Programme.

    Da AirData nicht die teure UMTS-Lizenz ersteigern musste, denn es sendet im 2,6 GHz-Bereich, kostet die Internetflatrate je nach Geschwindigkeit zehn oder 20 Euro pro Monat. Die Grundgebühr beträgt zusätzlich 15 oder 25 Euro, je nach Anschluss-Leistung. Bei diesen Preisen dürften sich auch Computer-Besitzer für den drahtlosen DSL-Anschluss interessieren, die ihr Gerät aus dem Zimmer nicht wegbewegen wollen. So ist ein erstes Pilotprojekt vorgesehen für Schulklassen. Mit Förderung der Baden-Württembergischen Landesregierung und Stuttgarter Elektronik-Firmen werden nach und nach bis zu 3500 Tausend Schüler mit dem kabellosen Breitband-Internetzugang ausgestattet. Sie können dann mit eigenen Laptops und Taschen-Computern oder mit den schuleigenen PCs nahezu ohne Beschränkung ins Internet, zum Lernen und auch zum Vergnügen.