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Internet für Silver Surfer

Nur rund ein Viertel aller Bürger über 50 Jahre nutzt bislang hierzulande das Internet - was viele Verbände und Experten für ältere Menschen beklagen. Denn gerade das Internet kann helfen, ein eigenständiges Leben trotz abnehmender Mobilität und steigendem Alter führen zu können. Deshalb versucht zum Beispiel das Projekt "", das Internet bei Senioren beliebter zu machen.

Von Christian Fischer | 26.03.2005
    "So, jetzt schauen Sie mir mal bitte alle zu. Jetzt zeige ich, wie man so etwas macht, dass man sich in den eigenen Dateien einen eigenen Ordner aufbaut..."

    Computer für Menschen ab 55, Volkshochschule Köln. Thema heute: Speichern. Aber bitte so, dass man es auch wiederfindet. Dozent Joachim Gosch steht vor dem Videobeamerbild und erklärt:

    "Hier auf der Festplatte entsteht ein neuer Ordner, der auch erst einmal vorläufig "neuer Ordner" heißt..."

    "Senioren sind im Prinzip keine anderen Schüler als andere Leute auch. Sie sind meistens etwas langsamer, haben häufig auch eher größere Berührungsängste vor der Technik. Aber ich habe auch schon Senioren getroffen, denen habe ich gesagt: Sie melden sich nie wieder in einem Seniorenkurs an, das ist viel zu langsam und da sind Sie unterfordert."

    "Das liegt gar nicht so sehr daran, dass Seniorinnen und Senioren langsamer arbeiten. Es ist eher so, dass die Einsteigerkurse für Senioren eher dazu dienen, herauszufinden, was der Computer für sie alles bieten kann."

    ...weiß Stefan Gaude, der Leiter des Fachbereichs EDV an der Volkshochschule Köln. Und wie sehen es die Kursteilnehmer?

    "Ich hörte von Bekannten: wie, Du hast keine Email? Das hätte ich nicht von Dir gedacht! Da habe ich geantwortet: Erstens höre ich nicht gut, zweitens sehe ich nicht gut. Und dabei ist es geblieben. Aber im Kopf wanderte das hin und her."

    "Ich wollte einfach mit der Jugend mithalten und vor allen Dingen wollte ich im Alter auch beweglich sein. Wenn man im Fernsehen etwas sieht: Bitte "www.de". Und man sitzt dann zu Hause und weiß nicht, was man machen soll."

    "Ich bin von Beruf aus Malerin und brauche das eigentlich nicht, habe ich immer gedacht. Aber dann habe ich doch gemerkt: Alle Leute schicken Emails und man könnte sich eine Homepage machen und so weiter. Und dann habe ich mir gedacht: Jetzt will ich das doch mal wissen, was es ist. "

    Neben Homepage und Email gibt es auch spezielle Angebote für Senioren. Caja Thimm, Medienwissenschaftlerin an der Universität Bonn:

    "Es gibt spezielle Bildungsserver für Senioren, beispielsweise an der Universität Ulm. Wir in Bonn haben das "Seniorweb", also auch ein ganz eigenes Angebot. Es gibt Mailinglisten und Foren, beispielsweise zum Thema Senioren, wo man sich sehr gut austauschen kann. Also Angebote gibt es sehr viele."

    Angebote, die man nutzen kann – und manchmal muss, wie Stefan Gaude erklärt:

    "Es ist mittlerweile so: Man kann bestimmte Fahrkarten nur noch im Internet bekommen. Man kann seine Steuererklärung mittlerweile abgeben über das Internet. Das heißt, der Zwang ist auf allen Ebenen da, so dass auch diejenigen kommen müssen, die erst einmal von sich aus das nicht machen würden."

    "Man hört auch manchmal, das sind jetzt eher die jüngeren Senioren: Ich dachte ich komm dran vorbei, aber ich komm doch nicht dran vorbei. "

    ...fügt Joachim Gosch hinzu. Doch bis zur Bearbeitung der Steuererklärung im Internet ist es ein weiter Weg. Also lernen – Christa Elias hat ihren Übungsordner schon mal vorsorglich Finanzamt genannt.

    "Hier gibt’s Finanzamt und Finanzamt zwei. Und jetzt machen sie mal einen Doppelklick auf Finanzamt. So und jetzt haben Sie hier die drei Sachen, die Sie gespeichert haben."

    Christa Elias lacht:

    "Ja – ach Gott, was bin ich intelligent, nicht?"

    Joachim Gosch nimmt sich Zeit. Nach einem kurzen Vortrag geht er jetzt von Tisch zu Tisch. Jeder Teilnehmer sitzt an seinem eigenen Lerncomputer. Der Unterricht kommt gut an, einige werden anschließend einen Internet-Aufbaukurs besuchen. Doch trotz solcher und ähnlicher Kurse haben laut Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen, kurz Bagso, nur knapp 30 Prozent der Senioren einen Internetzugang. Das liegt auch daran, dass es vielen Senioren zu mühsam ist, die Wohnung zu verlassen, um einen Kurs zu besuchen. Medienwissenschaftlerin Caja Thimm:

    "Ein sehr gutes Projekt hat die Uni Ulm vor einigen Jahren durchgeführt und zwar einen mobilen Bus. Das war ganz toll und hat dann auch dazu geführt, dass die älteren darauf eingestiegen sind. Der zweite Teil ist dann Anschaffung eines eigenen PC, das ist dann noch eine ganz andere Hürde."

    Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen hat jüngst ein Projekt ausgezeichnet, das sich dieser Hürde annimmt: das Angebot, unter anderem der Telekom und der Siemens AG, umfasst einen speziell eingerichteten Rechner, einen Vor-Ort-Installationsservice und, bei Bedarf, auch einen Internet Kurs. Grundvoraussetzung jedoch: die richtige Einstellung. Christa Elias, die den Kurs in Köln besucht, weiß:

    "Man muss einfach, auch wenn man älter ist, beweglich sein. Geistig beweglich sein."