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Internet im Bus

So genannte HotSpots - drahtlose Internetzugänge per Wireless-LAN - schießen derzeit wie Pilze aus dem Boden. Und das, obwohl sie im Schnitt am Tag nur von fünf zahlenden Kunden benutzt werden, wie eine aktuelle Studie behauptet. Die Eidgenössische Technische Hochschule in Zürich ging sogar noch einen Schritt weiter. Sie installierte in einem Pendelbus einen WLAN-Zugang.

Von Thomas Wagner | 05.06.2004
    Einmal pro Stunde fährt der Pendelbus vom zweiten Campus der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich in Hönggerberg, rund zehn Kilometer vom Stadtzentrum von Zürich entfernt, zum ETH Hauptgebäude mitten in der Stadt. Ein Fahrgast packt seinen Laptop aus dem Rucksack.

    Ich starte den Laptop und bekomme dann sofort vom Rechner, der im Bus eingebaut ist, meine Netz-Adresse. Das heißt: Mein Laptop ist dann im Bus angemeldet.

    Marcel Baur studierte vor kurzem noch Informatik. Nun arbeitet er bei ETH World mit - einem Projekt, das die elektronische Kommunikation innerhalb der Hochschule verbessern soll. Für das Anmelden braucht man nur wenige Augenblicke. Auch das Versenden einer Text- e-Mail klappt wie am Schnürchen. Jetzt geht’s ans Surfen im Bus.

    Ich kann mal den Web-Browser starten und dann die Web-Seite vom Deutschlandfunk aufrufen. Das dauert jetzt wieder. Die Seite wird jetzt geöffnet, und da erscheint jetzt auch schon die Web-Site vom DeutschlandRadio.

    Allerdings: Alleine der Aufbau der Startseite vollzieht sich quälend langsam – und das hat mit der Technologie zu tun, die in Zürich Wireless-Lan im Bus ermöglicht.

    Es gibt nur einen Access-Point und das ist ein Rechner im Bus. Das ist einfach ein Embedded-System, das heißt ein System, welches keine mechanischen beweglichen Teile aufweist. Der Access-Point ist mit einer GPRS-Karte ausgerüstet, welches über das GSM-Netz eines Mobiltelefonieanbieters so die Verbindung herstellt.

    Doch genau hier liegt der Schwachpunkt des Systems: Denn die Verbindung vom Access-Point zum Zentralrechner der Hochschule über das Handy-Netz im GPRS-Standard erlaubt eine Übertragungsgeschwindigkeit von gerade mal 48 Kilobits pro Sekunde. Das ist weniger als ein normales Telefon-Modem. Sitzen mehrere Fahrgäste mit dem Laptop im Bus, dann müssen sie sich diese Kapazität auch noch untereinander teilen.

    Die eigentliche Technologie für den Datentransfer ist eigentlich für den normalen Datenverkehr zu langsam.

    Hinzu kommt: Die Strecke zwischen ETH Höngerberg und Hauptgebäude ist ganz schön kurvig: Marcel Baur muss aufpassen, dass ihm der Laptop nicht von den Knien rutscht.

    Ja, das hat schon so seine Tücken. Aber man muss natürlich schon auch sehen, daß der Bus eine halbe Stunde an der Haltestelle steht. Und es wäre ja auch von Vorteil, wenn man in dieser Zeit, wo der Bus steht, auch noch surfen kann.

    ...was problemfrei funktioniert – und das auch noch für Studenten und Mitarbeiter der ETH Zürich, kostenfrei. Denn finanziert wird das Experiment aus Mitteln der Hochschule. Ein Schweizer Mobilfunkbetreiber trägt zudem die Kosten für den Datentransfer vom Bus zum ETH-Rechner. Nach knapp einer Viertelstunde Fahrzeit kommt der Bus am ETH-Hauptgebäude an. Dort, in der Mensa, erläutert Projektleiter Professor Bernhard Plattner die beiden Ziele des Experimentes: Zum einen soll die Technik fürs "wireless-LAN" im Bus erprobt werden. Zum anderen wollen die Fachleute herausfinden, ob daran überhaupt Interesse besteht.

    Wir haben eine Umfrage durchgeführt. Und dort haben wir festgestellt, daß etwa ein Drittel eine positive Einstellung hat. Das ist eine untere Grenze. Also wenn ein Drittel unter widrigen Umständen eine solche Sache gut finde, kann man davon ausgehen, daß bei besseren Umständen mehr zustimmen.

    Doch diese "besseren Umstände" hängen vor allem an einer Ausweitung der Übertragungskapazitäten: 48 Kilobits pro Sekunde sind einfach auch im Uni-Bus viel zu wenig.

    Die anderen Techniken, die eingesetzt werden könnten, ist einmal die so genannte Age-Technologie, welche eine zehnfach höhere Übertragungsrate bieten kann. Das ist eine Erweiterung der heutigen GPRS-Technologie, die ausgerichtet ist auf Datenkommunikation. Und die andere Technologie, die eingesetzt werden kann, ist UMTS, welche im Endausbau höheren Datenaustausch bis zwei Megabit pro Sekunde anbieten kann.

    Der laufende Versuch mit Wireless-Lan im Hochschulbus läuft bis Ende Juli. Ob danach ähnliche Experimente mit anderen Technologien folgen, ist noch offen. Für Professor Bernhard Plattner allerdings sind die Erfahrungen, die bereits jetzt gesammelt werden, zukunftsweisend:

    Wenn man sich eine gewisse Zeit in einem Verkehrsmittel aufhält, sei es im Zug oder im Flugzeug, dann wird man in Zukunft auch den Internet-Zugang haben wollen und haben können. Und wenn wir jetzt im Bus sogar feststellen können, daß die Benutzer darauf einstiegen, dann ist das auch ein deutliches Zeichen dafür, daß sie in einem anderen Verkehrsmittel, wo sie mehr Zeit verbringen am Stück, dann ein solches Mittel nutzen werden.