Mittwoch, 15. Mai 2024

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Internetanbieter wollen Verbindungen zum Wissenschaftsnetz kappen

Dienstag kommender Woche werden 16 deutsche Internetprovider (ISPs) ihre direkten Verbindungen zum Deutschen Wissenschaftsnetz (WiN) 24 Stunden lang abschalten. Hintergrund der Aktion sind Differenzen zwischen dem DFN-Verein, der das Forschungsnetz betreibt, und den kommerziellen Anbietern über die Kosten des Datenaustauschs zwischen beiden Netzen.

Wolfgang Noelke, Klaus-Eckart Maaß | 22.11.1997
    Derzeit bezahlen die 16 Provider den DFN für Leitungskapazität, die direkt ins Wissenschaftsnetz führt. Sie betrachten diese Kosten als Teil eines "Fördermodells", mit dem sie die Anbindung des WiN an das kommerzielle Internet unterstützen. Eine gestiegene Zahl an Zugriffen auf kommerzielle Internetinhalte von Seiten des WiN hätte zu einer Kostenexplosion geführt, klagen die ISPs inzwischen. Deshalb wollen sie zu Beginn des kommenden Jahres die "Förderung" einstellen. Das Abschalten der Leitungen am 25. November ab 12:00 Uhr Mittag soll die Auswirkungen testen.

    Eckhard Maaß, Vorsitzender des DFN, steht hingegen auf dem Standpunkt, die ISPs seien Nutzer von Diensten des Forschungsnetzes. Deshalb könne von einem Fördermodell keine Rede sein, die kommerziellen Anbieter würden zum Jahresende schlicht den Nutzungsvertrag kündigen. Die Servicebetreiber schlagen zur Lösung des Problems die Einrichtung eines zentralen Austauschpunktes vor, dessen Unterhaltskosten nach dem sogenannten Peering-Modell zwischen allen Parteien aufgeteilt würden. Für Maaß keine Alternative: "Wie das Wort ´Peering´ ja schon sagt, handelt es sich dabei eigentlich um einen unentgeltlichen Datenaustausch bei gleichwertigen Netzen. Wir im nicht-kommerziellen Bereich meinen aber, daß sich alle Nutzer an den Aufwendungen durch ein entsprechendes Entgelt beteiligen müssen." Das Abschalten der Direktverbindung hat zur Folge, daß Daten, die zwischen dem kommerziellen und dem wissenschaftlichen Teil des Internets in Deutschland ausgetauscht werden sollen, über die USA umgeleitet werden müssen. "Der Verkehr über die dort bereits vollgefüllten Leitungen wird langsamer sein", schätzt Maaß, "aber es wird gehen."

    Weitere Informationen: DFN-Verein: http://www.dfn.de/dfn/erklaerungen/isp.html Presseerklärung der kommerziellen Provider: http://www.decix.de/winpresse.html