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Internethändler unerwünscht

Auch wenn interessierte Kreise vehement das Gegenteil behaupten: Online-Einkaufen mit der Kreditkarte ist für den Kunden eine einfache und sichere Sache. Denn schließlich gibt man auf der Karten-Abrechnung keine Unterschrift ab. Das Risiko liegt also beim Händler und nicht beim Käufer. Doch seitdem deutsche Gerichte auch die Kreditkarten-Organisationen in die Haftung nehmen, hat sich einiges geändert. Denn die Geldbranche zieht sich bis auf weiteres aus dem Online-Handel zurück.

Achim Killer |
    "Wir haben in einer ersten Welle 500 Händlern gekündigt. Daraufhin ist die öffentliche Resonanz in Zeitschriften, Zeitungen und dem Rundfunk entstanden und die Handelsverbände haben ihren Mitgliedern empfohlen, Widerspruch einzulegen. Inzwischen legten mehrere Hundert Händler gegen die Kündigung Einspruch ein", resümiert Manfred Krüger, Vorstand bei Euro Kartensysteme. Sein Unternehmen wickelt Umsätze ab, die Händler mit den Inhabern von Visa- und Eurocard machen. Die großen Kreditkartenorganisationen treten mit ihren Kunden nicht direkt in Kontakt, weder mit den Karteninhabern noch mit den Akzeptanzstellen. Was die Inhaber anbelangt, so erledigen das die Banken. Das Äquivalent auf Seiten der Händler sind Kreditkartendienstleister wie beispielsweise Euro Kartensysteme. Dieses Unternehmen kündigte 500 Web-Shops beziehungsweise bot den Unternehmen, die dagegen Einspruch erhoben, Verträge zu explizit verschlechterten Bedingungen an. Letzte Woche lief die Kündigungsfrist ab. Seither geht deshalb mittlerweile in etlichen Webshops mit Kreditkarte gar nichts mehr. Der Grund ist ein Urteil des Bundesgerichtshofs. Geklagt hatte ein deutscher Internethändler, der Computer nach Großbritannien geliefert hatte, nachdem ein vermeintlicher Kunde ihm eine Kreditnummer übermittelt hatte - ohne Unterschrift, da dies im globalen Datennetz bislang nicht vorgesehen ist. Die Ware wurde geliefert und verschwand. Der Inhaber der Karte mit der fraglichen Nummer aber erklärte, nie Rechner bestellt zu haben. Der Händler wollte trotzdem Geld, obwohl es bis dato gängige Praxis war, dass Internet-Shops in solchen Fällen leer ausgehen. Und der Bundesgerichtshof gab ihm Recht.

    Vor allem kleine neue Internetläden stoßen seitdem auf breite Ablehnung seitens der Finanzdienstleister. B + S Card Service, der Kreditkartendienstleister, der für die die nach Großbritannien gelieferten Computer aufkommen musste, nimmt jetzt keine Internet-Shops als Neukunden mehr an und trat den Gang an das Bundesverfassungsgericht an. Ein Urteil ist indes noch nicht ergangen. Die Turbulenzen der letzten Wochen aber zeigen vor allem eines: Die Bezahlsysteme für das Internet und damit letztendlich die Grundlage des E-Commerce sind noch sehr unterentwickelt. So unterscheiden Finanzdienstleister auch im herkömmlichen Geschäftsleben, wo Kreditkartenbelege zusätzlich unterschrieben, sichere und unsichere Läden. Rotlichtbars etwa gelten als unsicher, weil sich dort oft Kreditkartendiebe an ihrer Beute freuen. Ein großes Problem entsteht daraus aber nicht. Die Barbetreiber bezahlen vielmehr für das größere Risiko in Form von höheren Provisionen für die Kreditkartenunternehmen, die so das finanzielle Risiko begrenzen. Auf das Internet trifft dies jedoch nicht zu. Denn das Geschäft dort ist zu klein für die in der Branche erprobten statistischen Methoden:

    "Wir haben in der so genannten realen Welt rund 400.000 Vertragspartner mit weit mehr als zehn Milliarden Euro. Dort können wir Klassen bilden, in denen wir riskantere und sicherere Unternehmen einstufen. In einem relativ neuen Geschäft, bei dem der Gesamtumsatz im Jahr kaum mehr als ein Prozent dessen ausmacht, sind diese Größenklassen-Giederungen in dem Umfang noch nicht möglich. Natürlich haben wir solche wirtschaftlichen Modelle bereits durchgespielt, doch im Moment kann ein 'Ausreißer' eine ganze Kalkulation über den Haufen werfen", so Krüger. Die Kreditkartenunternehmen vertrösten deshalb auf das Jahr 2005. Da soll dann jede Karte einen Chip haben, dessen Inhalt am Internet-Terminal eingelesen werden kann. Dadurch wäre der E-Commerce etwas sicherer und dadurch für die Finanzdienstleister kalkulierbar.