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Internetumfrage über Unterrichtsausfall

Jeder deutsche Schüler, der 12 Jahre lang eine Schule besucht, verpasst im Schnitt rund ein Jahr Unterricht. Nach konkreten Erfahrungen zum Thema hatte die CDU-Bürgerschaftsfraktion in Bremen im vergangenen Schulhalbjahr gefragt. Jetzt legte sie das Ergebnis vor.

Von Franziska Rattei | 29.01.2013
    "Unsere Englisch-Lehrerin wurde dann auch noch schwanger, und dann hatten wir gar keinen Unterricht mehr, fast. Und das dauert dann eben auch bis für Vertretung gesorgt wird."

    "Es ist eben dann auch so, dass wir andere Sachen, die wir an dem Tag eigentlich gemacht hätten, am nächsten Tag noch machen. Und dann kommt einfach sehr viel auf einen zu, neue Vokabeln, zum Beispiel. Und dann sitze ich zu Hause oft Stunden dran und weiß auch nicht, was das richtig ist, weil das nächste Thema gleich schon kommt. Dann ist das ganz schön verzweifelnd."

    Nach genau solchen Erfahrungen zum Thema Unterrichtsausfall hatte die CDU-Bürgerschaftsfraktion in Bremen im vergangenen Schulhalbjahr gefragt. Auf einer Internetseite konnten Schüler, Lehrer und Eltern Kommentare veröffentlichen. Das Ergebnis: rund 1000 Einträge wurden gemacht, und rund 1800 Stunden ausgefallener Unterricht gemeldet. Laut Thomas vom Bruch ist diese Zahl nicht repräsentativ. Der CDU sei es aber auch gar nicht so sehr um Zahlen gegangen, sagt der bildungspolitische Sprecher:

    "Wir wollten ein Forum bieten, wo die Menschen nicht nur Zahlen melden können, sondern auch ihre Vermutungen und ihre diesbezügliche Verärgerung."

    Vom Bruch hatte auch den Eindruck, der Senat habe mit Zahlen getrickst. Das Problem "Unterrichtsausfall" sei relativiert, schöngeredet worden, so vom Bruch. "Schön" kann man die im vergangenen Sommer veröffentlichten Zahlen allerdings nicht nennen. Allein in der Stadtgemeinde wurden laut Senat zwei Prozent aller Unterrichtsstunden nicht gehalten. Rund acht Prozent des Unterrichts wurde fachfremd erteilt, wie Bremens Bildungssenatorin Eva Quante-Brandt erklärt:

    "Wenns denn nicht Deutsch sein kann, weil die Deutschlehrkraft nicht da ist, dann kommt sozusagen der Mathematik-Lehrer, also dann gibt's nen Fächertausch. Das heißt wir kompensieren dann nicht den Deutsch-Unterricht, sondern wir kompensieren Deutsch mit Mathematik und holen dann Deutsch zu einer anderen Zeit nach."

    Im Bundesdurchschnitt steht Bremen in Bezug auf nicht erteilten Unterricht nicht schlechter da als andere Bundesländer. Dazu Hans-Peter Meidinger, Vorsitzender des deutschen Philologen-Verbandes:

    "Wir gehen davon aus, dass von den 12 bis 13 Millionen Unterrichtsstunden, die wöchentlich in Deutschland gehalten werden, ungefähr eine Million nicht Lehrplan gemäß gehalten wird, also entweder ausfällt oder Unterricht, der nicht nach Stundenplan gehalten wird, also mit Stillbeschäftigung oder indem die Kinder nur beaufsichtigt werden."

    Laut Bildungssenatorin Quante-Brandt liegt genau hier der wunde Punkt, was den Unterrichtsausfall in Bremen angeht. Denn auch wenn selbstständige Arbeit wichtig ist:

    "Wie wird mit den Arbeitsergebnissen, die in Vertretungsstunden oder Selbstarbeitszeiten erarbeitet werden, wie werden die in das unterrichtliche Geschehen eingebunden?"

    Die SPD-Politkerin hält die Aktion der CDU zwar nicht für besonders fundiert, möchte aber natürlich ebenfalls, dass künftig weniger Unterricht ausfällt in Bremen. Deshalb plädiert sie dafür, den sogenannten Bremer "Vertretungspool" aufzustocken. Wenn Lehrkräfte lange fehlen, sollen Schulen hier künftig schneller und unbürokratischer Ersatz-Lehrer anfordern können.

    Der nächste Schritt der CDU-Bürgerschaftsfraktion wird die Ursachenforschung für lange Fehlzeiten von Lehrern sein. Wie sieht die Belastungssituation im Klassenzimmer aus? Es sollen Verbesserungsvorschläge gemacht werden, damit künftig weniger Unterricht ausfällt.