Donnerstag, 18. April 2024

Interview mit Komponistin Ying Wang
"Bis auf das Essen können die meisten kulturellen Unterschiede überbrückt werden"

Seit zehn Jahren lebt die chinesische Komponistin Ying Wang (Jahrgang 1976) in Köln, in ihrer musikalischen Arbeit treffen sich Einflüsse aus Asien und Europa. Wang erhebt das Spannungsverhältnis zwischen Traum und Realität zum Sujet eines Stücks, das sie im Auftrag des Deutschlandfunk komponiert hat.

Ying Wang im Gespräch mit Tim Schauen | 19.04.2015
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    Ying Wang (Bild: Paul Feuersänger)
    Ying Wang, das Forum gibt es jetzt 16 Jahre, waren vorher Sie schon mal dabei ?
    Ja, als ich Studentin war, habe ich drei oder vier mal das Forum in Köln besucht. Es war sehr schön für mich unterschiedliche Themen zu erleben.
    Aber jetzt sind Sie zum ersten Mal als composerin in residence dabei, was verändert das für Sie, und was bedeutet das für Sie?
    Es bedeutet sehr, sehr viel: Zuerst ist es eine Bestätigung für eine Komponistin, dass ich ein gewisses Niveau erreiche, und da ich Chinesin bin, habe ich natürlich besonders gut zum Thema aus Ostasien gepasst. Außerdem habe ich zehn Jahre in Köln gelebt. Ich habe sehr viel hier erlebt, in ganz Deutschland aber auch in Europa gearbeitet. Als Composer in residence ist es eine sehr große Verantwortung für mich, weil ich auch zwei Uraufführungen hier machen werde, das bedeutet, jedes Stück muss auf einem sehr guten Niveau sein - auch musikalisch, das ist mir sehr wichtig.
    Welche Stücke gibt es zu erleben?
    Das erste Stück ist für das Ensemble Phoenix neu geschrieben worden, es heißt "Glissadulation". Zu diesem Stück bin ich sehr stark von Glissandi inspiriert worden, und der zweite Wortteil bezieht sich auf Modulation, ich habe also Gissando und Modulation zu "Glassandulation" kombiniert. Musikalisch geht es stark um diese beiden Motive. Aber am Sonntag gibt es zwei Uraufführungen zu hören: Das andere Stück ist für Nina Janßen-Deinzer, eine sehr gute Klarinettenspielerin vom Ensemble Modern. Das ist für Bassklarinette und Elektronik. Das ist die zweite Uraufführung und sie hat unterschiedliche Philosophien des Daoismus zu tun: Ein Mann träumt, er wäre in einen Schmetterling verwandelt. Doch als er aufwacht weiß nicht mehr, ober sich vom Mann in einen Schmetterling verwandelt hat oder als Schmetterling in einen Mann. Ein philosophisches Thema über Realität und Illusion. Durch die Elektronik und neue Spieltechniken von Nina Janßen-Deinzer wird die Musik auch märchenhaft, nebelig, traumhaft klingen. Ich freue mich darauf und bin sehr gespannt. Das nächste Stück ist für zwei tolle Musiker: Am Piano Kaya Han und der Schlagwerker Isao Nakamura. Die beiden musizieren schon seit vielen Jahren gemeinsam und sind auch privat ein Paar. Ist übrigens eine schöne Zusammenarbeit: Kaya kommt aus Korea, Isao aus Japan und ich bin ja Chinesin. In diesem Stück treffen sich also drei asiatische Hauptländer.
    Was Ihnen beim Komponieren wichtig, was ist Ihr Thema?
    Viele Aspekte sind für mich wichtig: Die Form und musikalische Gedanken, dann die Wege der Inspiration sind mir auch wichtig, oft basiert
    meine Arbeit ja auf philosophischen Gedanken.
    Vielen Dank für das Gespräch!