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Interview mit RT Deutsch
Darf man mit Putins Sender sprechen?

Katarina Barley, Bundesjustizministerin und SPD-Spitzenkandidatin bei der Europawahl, hat dem von Russland finanzierten Sender RT Deutsch ein Interview gegeben. Dafür hat die Politikerin viel Kritik bekommen. Barley ist aber nicht die erste deutsche Spitzenpolitikerin, die dem Kanal Rede und Antwort stand.

12.04.2019
    Katarina Barley (SPD), Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz, spricht bei der Sitzung zur Information über Schwangerschaftsabbruch im Bundestag
    Justizministerin Barley im Bundestag (dpa)
    RT Deutsch verbreitete das Gespräch mit Barley via YouTube. Das Video mit Katharina Barley ist sieben Minuten lang und trägt den Titel "Wir pflegen ein enges Verhältnis zu Russland". In dem Interview fragt der RT-Reporter Barley etwa, was die Politikerin von möglichen US-Sanktionen gegen Firmen halte, die sich an der Gaspipeline "Nord Stream 2" beteiligten.
    Die Bundesjustizministerin sagte, dass die Gaspipeline eine private Unternehmung sei, bei der sich die Regierung zurückzuhalten habe. Zudem kritisierte die Politikerin das Ziel der NATO, dass ihre Mitglieder zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes in die Verteidigung investieren sollen. Das sei in der gegenwärtigen Lage der Bevölkerung kaum zu vermitteln, erklärte Barley.
    Das Video endet mit der Frage nach dem Verhältnis Deutschlands zu Russland. Barley sagt, Deutschland pflege ein enges Verhältnis mit Russland – "aber natürlich sind wir sehr kritisch in verschiedenen Punkten" und ergänzt: "In der Annexion der Krim werden wir weiter unsere Position verteidigen."
    Kritik an Interview mit einem Propagandasender
    Barley wird nun dafür kritisiert, dass sie überhaupt für ein Interview mit RT Deutsch bereitstand. Der Saarländische Ministerpräsident Tobias Hans schreibt auf Twitter, dass sich das Interview nicht mit der Haltung einer pro-europäischen Partei vereinbaren lasse:
    Die Publizistin Liane Bednarz spricht ebenfalls auf Twitter von einem "Dammbruch":
    Nico Lange, politischer Planer für CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer, hält das Gespräch für einen "Fehler Barleys im Europawahlkampf":
    SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil nimmt seine Parteikollegin in Schutz und amüsiert sich vor allem über die Kritik aus den Reihen der CDU, denn auch Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier habe doch vor einigen Wochen in ein Mikrofon des Senders gesprochen und sich dabei filmen lassen. Auch Annegret Kramp-Karrenbauer beantwortete RT-Fragen kurz nach ihrer Wahl zur CDU-Parteivorsitzenden:
    Nach Angaben der SPD entstand das RT-Interview mit Barley am Rande eines Hintergrundgesprächs mit dem Verein der ausländischen Presse, an dem 50 Korrespondenten teilnahmen. Anschließend sei zunächst noch ein slowenischer Reporter beim Statement dabei gewesen, aber nach zwei Fragen gegangen. Bis zum Ende blieb nur der RT-Mann. Ein Sprecher Barleys wollte den Vorgang am Freitag nicht weiter kommentieren.
    Deutschsprachiger Ableger des Propagandasenders RT
    RT Deutsch ist der deutschsprachige Ableger des vom russischen Staat finanzierten Senders RT, der ehemals "Russia Today" hieß. RT sendet auf mehreren Sprachen via Satellit, für Deutschland gibt es eine Website, auf der Videobeiträge abrufbar sind.
    Die RT-Beiträge erreichen eine breitere Öffentlichkeit oft dadurch, dass sie Videomaterial enthalten, das sonst nirgends zu sehen ist – oft ungekürzt, bei manchen Anlässen auch als Livestream. Zum Beispiel erregte der Sender am Donnerstag Aufmerksamkeit, als er ein Video von der Verhaftung des Wikileaks-Gründers Julian Assange verbreitete.
    Politiker von AfD, aber auch aus Teilen der Linkspartei stehen dem Sender regelmäßig für Interviews zur Verfügung.