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iPad-Konkurrenz auf dem Vormarsch

Mobilität.- Am Sonntag geht mit der Consumer Electronics Show CES in Las Vegas eine der wichtigsten Messen im Bereich der Informationstechnologie zu Ende. Dominiert wird diese Elektronikmesse von neuen Tablet-Computern und von Smartphones. Der Wissenschaftsjournalist Peter Welchering berichtet im Gespräch mit Manfred Kloiber.

    Manfred Kloiber: Marktbeobachter reden von einem grundlegenden Paradigmenwechsel in der IT-Branche, der sich auf der CES zeige. Wie soll der aussehen, Peter Welchering?

    Peter Welchering: Die Marktauguren sagen, der sieht ungefähr so aus: Die Tablet-PCs verdrängen den klassischen Personal Computer und den Laptop und gleichzeitig übernehmen dabei dann Smartphones die Aufgaben, die bisher die Personal Computer hatten. Und durch externe Monitore, durch Tastaturen und durch externe Speicher sind die Smartphones dann eben nicht mehr nur mobile Begleiter, sondern sie sind dann auch oder werden zumindest zu unserem Arbeitsgerät im Büro. Und die Gartner Group hat dazu sogar Zahlen vorgelegt. Und diesen Zahlen zufolge sollen innerhalb der nächsten zwei Jahre zehn Prozent der PCs durch Tablet-PCs ersetzt werden. Bei Hewlett-Packard sieht man das weniger dramatisch – natürlich: ein PC-Hersteller unter anderem. Und bei HP geht man vielmehr dann davon aus, dass sich Smartphones und Tablets neben den klassischen PCs etablieren werden.

    Kloiber: Und wie sieht das bei den Betriebssystemen aus, Herr Welchering. Hat Android Windows nun endgültig abgelöst?

    Welchering: Also vor der Consumer Electronics Show hat das jeder erwartet. Aber nein: Die Consumer Electronics Show hat das so nicht ergeben, das kann man so nicht sagen. Zwar sind tatsächlich die meisten der gezeigten der 80 Tabletmodelle in Las Vegas mit Android bestückt. Und Android hat ganz sicher einen Riesensprung nach vorne gemacht, aber Steve Ballmer hat mit der Vorstellung des Windows-7-Nachfolgers schon so ein kleines Kabinettstückchen vollbringen können. Die neue Windows-Variante läuft nämlich auf Prozessoren des Chipherstellers ARM. Und da hat der ARM-Vorstandsvorsitzende Warren East auch gleich ein wenig großspurig angekündigt, dass sein Unternehmen bei den Tablets einen Marktanteil von deutlich mehr als 80 Prozent erreichen wolle. Und er hat eine sehr kurze Zeitspanne dafür angegeben. Das soll nämlich auch innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre passieren. Gegenwärtig liegt ja noch eindeutig Android vorne. Aber ARM-Chips haben aufgrund ihrer Energiesparoptionen ganz schön zulegen können. Und das macht dann eben Windows für ARM auch wieder attraktiv. Und die Hersteller von Smartphones und Tablet-Computern sind stark an ARM interessiert. Wenn es dann ein Windows für ARM gibt, dann könnten die sich durchaus überlegen, dass sie auf Windows umsteigen. Gleichzeitig hat ARM hier einen strategischen Nachteil auszugleichen, denn die ARM-Chips werden in Lizenz gefertigt – und zwar von Unternehmen wie Qualcom, von Texas Instruments, von Nvidia. Und da darf man dann auch den Abstimmungsprozess zwischen diesen Beteiligten nicht unterschätzen. Da kann ein Unternehmen wie Intel neue Entwicklungen viel, viel schneller realisieren.

    Kloiber: Können denn die in Las Vegas gezeigten Tablet-Computer dem iPad von Apple Paroli bieten?

    Welchering: Ja, das funktioniert ganz gut. Und zwar im Wesentlichen aus zwei Gründen. Zum einen sind wirklich mit 80 unterschiedlichen Tablet-Modellen unglaublich viele vorgestellt worden. Also für jeden Geldbeutel, für jedes Bedürfnis einer. Und da liegt es dann wirklich schon an der schieren Masse der Konkurrenzprodukte, dass das Apple iPad etwas vorsichtiger jetzt bewertet wird. Zum anderen gibt es zwei Tablet-Stars auf der Consumer Electronics Show. Motorola hat ein Tablet gezeigt, das eben auch auf ARM-Chiptechnologie beruht und das von Design, Verarbeitung und Schnelligkeit her die Herzen der Messebesucher wirklich erobert hat – allerdings Android als Betriebssystem. Und Research in Motion hat mit dem Playbook-Tablet endlich das Produkt vorgestellt, von dem viele Blackberry-Anwender erwarten, dass es die Blackberry-Reihe in Richtung 4G-Netwzerke und Tablets abrunden wird. Und da ist eben besonders die Blackberry-Anwendergemeidne ganz interessant. Denn die warten sehnlichst auf ein bürotaugliches Tablet.

    Kloiber: Einige Smartphone-Hersteller haben in Las Vegas neue Modelle gezeigt, die sie eigentlich traditioneller Weise auf der Mobilfunkmesse in Barcelona im Februar erst vorstellen würden. Gibt es da Konkurrenz? Wie stark etabliert sich die CES auch in diesem Mobilfunkbereich?

    Welchering: Die CES etabliert sich hier tatsächlich auch stark. Und sie macht der Mobilfunkmesse in einigen Bereichen in Barcelona auch schon ein wenig Konkurrenz, allerdings in diesem Jahr wirklich ernstzunehmend. Auf Dauer wird die CES international gesehen der Mobilfunkmesse in Barcelona einiges wegnehmen können. Allerdings muss man eben auch sehen: Die Mobilfunkmesse in Barcelona ist sehr stark europäisch ausgerichtet. Und genau mit dieser europäischen Ausrichtung – und mobiles Computing ist im Augenblick in Europa sehr stark angesiedelt – tut sich dann doch die CES ein wenig schwer. Aber Motorola hat mit dem Atrix4-Smartphone auf der CES einen Überraschungs-Coup gelandet. Und zwar haben sie zunächst einmal das Modell gezeigt. Sie haben gesagt, die Markteinführung kommt dann in Barcelona, also sie haben einen Vorgeschmack auf Barcelona gegeben. Das tut der Mobilfunkmesse in Barcelona natürlich ganz gut. Das Motorola Smartphone soll als zentrales Computermodell auch alle PC-Funktionen im Büro und zu Hause abdecken. Über eine Dockingstation wird es angebunden – und das ist schon ein sehr, sehr attraktives Modell.