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Iranisches Neujahrsfest "Nouruz"
Den Frühling feiern im "Gottesstaat"

Im Iran ist der Islam Staatsreligion. Doch das iranische Neujahrsfest wird unabhängig vom islamischen Mondkalender gefeiert. Es ist ein weltliches Fest, das in einer religiösen Umgebung überlebt hat.

Von Sebastian Felser | 20.03.2019
Ein Junge springt bei den Feierlichkeiten zum Persischen Neujahr über ein Lagerfeuer. Das Bild ist bei Feierlichkeiten der Iranischen Community in Vancouver, Kanada aufgenommen.
Der Sprung über das Lagerfeuer ist ein Symbol für einen geglückten Sprung ins neue Jahr (imago stock&people / Xinhua)
Die Naqāreh-Trommel begrüßt traditionell das neue Jahr – auf Persisch Nouruz. Anders als die arabische Welt haben die Iraner sich ihren vorislamischen Kalender bewahrt. Dieser Kalender beginnt seit rund 3.000 Jahren mit dem Frühlingsanfang in der Nacht vom 20. auf den 21. März – dann, wenn Tag und Nacht exakt gleich lang sind und der Winter endet.
Das ist alljährlich ein Grund zum Feiern – auch für die Markthändler auf dem Tajrish-Basar:
Zwei Wochen feiern mit der Familie
"Nouruz kommt ja aus ganz alter Zeit. Die Feiertage bedeuten hier für jeden Aufregung, aber auch Freude. Die Leute lieben dieses Fest, es gibt neue Kleider, das Haus ist fein rausgeputzt - es ist einfach sehr schön."
Nasir sieht das ein bisschen anders als seine Frau:
"Wir sind nicht bereit für Nouruz – wir müssen doch immer arbeiten! Bei Gott, Feiertage sind doch nur was für Leute mit Geld – für uns bringen sie nichts."
Tatsächlich stehen die Geschäfte in Iran während Nouruz still – und das auch nicht nur am Neujahrstag. Rund zwei Wochen lang feiern die Iraner ihr Neujahrsfest. Und es gibt viele Traditionen um diese Zeit – die beginnen schon am Mittwoch vor Nouruz mit dem Fest "Čahārshanbeh-suri", bei dem die Iraner am Abend ein Lagerfeuer entzünden und darüber springen – das Feuer soll reinigende Wirkung haben und der Sprung ist zugleich Symbol für einen geglückten Sprung ins neue Jahr, der bevorsteht.
Sieben Dinge für den Gabentisch
Und symbolisch geht es auch weiter. Bis zum eigentlichen Nouruz-Tag suchen die Familien sieben Dinge zusammen, die alle mit "S" beginnen, die "haft sin" auf Persisch:
"Sabze": Das sind Sprösslinge von Weizen oder Linsen, die wie eine kleine Wiese in einem Teller wachsen – ein Zeichen für Neuanfang und Wiedergeburt. "Senjed": Das ist die Frucht der Ölweide – ein Zeichen für die Liebe. "Serke": Essig – ein Symbol für Alter und Geduld. "Sib": ein Apfel als Zeichen für die Schönheit. "Sir", Knoblauch für die Gesundheit. "Somāq": Die roten Früchte des Essigbaums als Zeichen für das zurückkehrende Licht am Frühlingsbeginn. Und "Samanu": Das ist ein Pudding aus den anfangs erwähnten Weizensprösslingen und er steht für Reichtum.
Das Nouruz-Fest endet mit einem ausgedehnten Spaziergang oder einem Ausflug in die Natur am 13. Tag nach Neujahr. So lange steht auch der Gabentisch mit den sieben Dingen, die mit "S" beginnen, aufgebaut in der Wohnung. Zwei Wochen ausgedehnte Feiern, Festtagsessen und Zeit mit der Familie sorgen dann meistens dafür, dass das Zuhause danach schlimmer aussieht als vor Nouruz. Aber Nouruz ist eben nur einmal im Jahr.