Archiv


Is was!?

Eigentlich wollte ein Rentner in Berlin nur mal ins Fernsehen, statt TV-Kameras kam aber ein Mobiles Einsatzkommando. Gérard Depardieu will auch was und zwar weg. Weg aus Frankreich auf der Flucht vor der Reichensteuer. Und Jakob Augstein und Henryk M. Broder - die wollen vor allem eines: mal wieder in die Schlagzeilen.

Von Klaus Nothnagel |
    "Zwei Bier oder ich schieße!" Mit diesem hoch eleganten Intro betrat kürzlich ein bewaffneter Berliner Rentner ein Geldinstitut und wünschte des weiteren, ein Fernsehteam vom Rundfunk Berlin-Brandenburg zu sehen. Die Fernsehleute kamen nicht, stattdessen ein Mobiles Einsatzkommando mit - na? Mit den zwo Bier? Nein. Mit Zielfernrohren, kugelsicheren Westen und ähnlichen drohkulissenartigen Accessoires, die den Rentner zur Aufgabe nötigten.

    Was lernen wir daraus? Erstens: Unsere Rentnerschaft verunziert nicht nur unsere Parkanlagen durch mürrisches Umherwalken und in die Luft piken mit Skistöcken - die hochgeschätzten Senioren sind auch auf dem Feld der Kriminalität, die ja gewissermaßen eine Abart des Fitnesswesens ist, schwer im Kommen!

    Zweitens: Die natürliche Bescheidenheit unserer Greisenschaft ist auch heute noch zu beobachten: Nicht die Tagesthemen, keine Schockschwadron von RTL, nicht Lanz, Jauch oder Pilawa wollte der mürbe Bierschütze sich kommen lassen, sondern den Rundfunk Berlin Brandenburg, die kleine Sparbüchse der ARD! Bescheidener geht es nicht!

    Wissen Sie, warum Schauspieler so ein toller Beruf ist? Weil den auch absolute Deppen sehr gut ausüben können. Gérard Depardieu zum Beispiel, wahrlich ein hinreißender Künstler – und zugleich eben ein Blödbold der lachhaftesten Sorte. Auf der Flucht vor der französischen Reichensteuer hat der schwerreiche Mime und Gastronom die russische Staatsbürgerschaft beantragt und auch bekommen. Und weil der französische Premierminister die Emigrationspläne des Filmstars "ziemlich erbärmlich" genannt hatte, tat Depardieu jetzt kund, Russland sei kein Land, in dem der Regierungschef einen Bürger "erbärmlich" nenne. Stimmt. Wladimir Wladimirowitsch steht ja einer zutiefst humanen Musterdemokratie vor, - in der man allerdings auch nie genug Schleimer und Schranzen haben kann, Schauspieler und Schwachköpfe.

    Die israelische Siedlungspolitik ist eins der wesentlichen Friedenshindernisse und ohnehin hat keine der beiden Seiten Interesse am Frieden - Sie nicken? Sie sehen das auch so? Da passen Sie mal hübsch auf, dass Sie nicht als Antisemit gebrandmarkt werden! Klingt komisch, ist aber so.

    Zugestoßen ist es Jakob Augstein, Herausgeber der Wochenzeitung FREITAG und Kolumnist bei "Spiegel Online". Er gehört durchaus nicht zu den Hetzern gegen Israel, zu denen, die das Treiben der Palästinenser einseitig verharmlosen und Israel pauschal verurteilen, nichts dergleichen. Und trotzdem urteilt sein Medienkollege Henryk M. Broder so über ihn: "Augstein ist ein lupenreiner Antisemit, eine antisemitische Dreckschleuder, ein Überzeugungstäter, der nur dank der Gnade der späten Geburt um die Gelegenheit gekommen ist, im Reichssicherheitshauptamt Karriere zu machen." Kann es sein, dass dem furchtlosen Witzbold und polemischen Scharfschützen Broder versehentlich die Pulverkammer explodiert ist?

    Einseitige Verurteilungen der israelischen Politik sind oft nur maskierter Antisemitismus, da gebe ich Broder grundsätzlich recht. Aber ohne Sinn und Verstand loswüten gegen jeden, der Netanjahus destruktiver Politik keine Ovationen gönnt - das kann's doch auch nicht sein, oder? Wie schrieb Kurt Tucholsky: "Satire ist eine durchaus positive Sache. Nirgends verrät sich der Charakterlose schneller als hier, nirgends zeigt sich fixer, was ein gewissenloser Hanswurst ist, einer, der heute den angreift und morgen den."