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Is was?!

Seit Tagen dreht sich alles nur um das Dirndlgate von Rainer Brüderle. Und dieses ausfüllende Thema hat wichtigere Ereignisse verdeckt: zum Beispiel das Abdanken einer Käsekönigin und ihres Doubles. Huurtz!

Von Sigrid Fischer |
    Himmel! Es reicht. "Stern", deine Auflage wird nicht steigen, Brüderles dieser Welt, die Qualität eurer Anmachsprüche leider auch nicht, und die Frage sei gestattet: Was macht es eigentlich mit einem jungen Journalistinnenethos, wenn es sich von einer männlichen Chefetage vor den Karren spannen lässt, weil die mal wieder um Aufmerksamkeit bei den nicht vorhandenen Lesern buhlen möchte.

    Und Berliner Pressemeute samt Talktanten und -onkels: Gibt es nichts ärgerniserregendes als ein verjährtes Dirndlgate? Zum Beispiel die Beobachtung, wie sich ein bisher seriöser Verteidigungsminister zum Vertreter für Militärbedarf degradiert, und uns auch Eis am Schnürsenkel andrehen würde, wenn es der Konjunktur dient. Dringend brauchen wir auf einmal Drohnen, die anderen haben ja auch welche und wir können denen ja nicht immer Lichtjahre hinterher ballern. Und da hat er sogar recht. Tun, was andere tun - aus der Geschichte lernen ist des Menschen Sache schließlich nie gewesen. Und wenn man es recht bedenkt: Unbemannte Kampfflieger, mit denen man bequem von zu Hause aus am Joystick den Bösewicht in der Ferne niederstrecken kann, damit hat sich auch die leidige "mehr Kitas für die Bundeswehr"-Debatte erledigt. Da können die Kleinen einem beim Kampfeinsatz nämlich ruhig um die Beine krabbeln. Das heißt, Minister de Maizière schießt hier zwei Fliegen mit einer Drohne ab. Sehr effizient. Vielleicht kriegen wir auch eines Tages noch die unbemannte Regierungsbank, das wäre nicht nur technologisch betrachtet mehr als fortschrittlich.

    Unbemannt wäre vermutlich auch die Nominierungsjury des 49. Grimme-Preises besser gefahren. Aber mit der Besetzung ist jetzt das Dschungelcamp, die RTL-Versorgungsveranstaltung für mittellose Unvermittelbare aus dem Schweinwerferlichtmilieu nominiert. Dafür gibt es genau zwei plausible Erklärungen: Entweder steht es mittlerweile so schlimm um die deutsche Fernsehunterhaltung, wie die "New York Times" gerade seitenweise geschrieben hat und Qualitätsware muss man wirklich schon im Dschungel suchen. Oder beziehungsweise und das Grimme Institut fühlt sich genau deshalb überflüssig und hat beschlossen, sich abzuschaffen.

    Denn mit dem Trittbrett kann man auf der Schleimspur ja ganz böse ausrutschen. Ein ehemals lustischer junger Mann, Grimme-Preisträger aus einer Zeit, als Unterhaltung noch unterhaltend war, hat auch erkannt, dass es reicht und will bald von der großen Showbühne abtreten. Ein Wink des Schicksals, auf den sein Double 22 Jahre gewartet hat: Nun kann auch sie endlich gehen, alleine die Käsekönigin zu geben, das macht ihr keinen Spaß. Hape und Beatrix, ein Traumpaar der Fernsehunterhaltung dankt ab. Das denkt sich keiner aus, das ist unscripted reality.

    So, jetzt reicht's aber wirklich, ich leg das Mikrofon beiseite, auch bei Corso hat der Arbeitsstress schließlich zugenommen. Und unbemannte Fleißdrohnen sind leider noch nicht erfunden.