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Is was?!

Der eine wird diese Woche als Bundespräsident vereidigt, der andere hat noch etwas Schonfrist, bis er im ZDF als Gottschalk-Nachfolger das Zepter übernimmt - und wieder andere feiern sich und ihre Erfolge bei den Echos in Berlin selbst.

Von Stefan Reusch |
    Das ZDF-Interview mit Mahmud Ahmadinedschad ist umstritten. Die Frage der Zeitung "Welt" ist berechtigt:

    "Was bringt es überhaupt, Diktatoren zu interviewen?"

    und weiter

    "Glaubt man, im gepflegten Gespräch vor einem Blumenstrauß erführe man genau, wie sie 'ticken'?"

    Aber wie ist es denn ohne Blumenstrauß und ohne Diktatoren, anders: Erfährt man im Interview mit demokratischen Politikern, wie die ticken? Hat jemand in den letzten Tagen etwas von einem Politiker gehört, das ihn überraschte, das originell war? Oder gar wahrhaftig? Joachim Gauck vielleicht. Nun, kaum war klar, er wird der Nachfolger der gescheitelten Existenz, barmherzte Gauck uns um Milde an, heute zitierte Bundestagspräsident Lammert noch mal Gaucks Worte. "Ich kann Sie nur bitten, die ersten Fehler gütig zu verzeihen und von mir nicht zu erwarten, dass ich ein Supermann und ein fehlerloser Mensch bin."

    Nach einem Menschen, der so was sagt, werden wahrlich einmal Plätze benannt werden, Allgemeinplätze. Wilhelm Busch schrieb zu dieser koketten Bescheidenheit:

    "Die Selbstkritik hat viel für sich. Gesetzt den Fall, ich tadle mich,
    So hab' ich erstens den Gewinn, Dass ich so hübsch bescheiden bin;
    Zum zweiten denken sich die Leut, Der Mann ist lauter Redlichkeit."


    Und Busch endet damit:
    "So kommt es denn zuletzt heraus, Dass ich ein ganz famoses Haus."

    Ja, und dann die Erwartungen an Gauck. Auch hier hat das ganz famose Haus Gauck die offene Tür schon erkannt eingerannt, allerdings mehr schreitend, so, als ginge er in sich: "Ganz sicher werde ich nicht alle Erwartungen, die an meine Person und an meine Präsidentschaft gerichtet wurden, erfüllen können."

    "Gelogen," sagte mir einer, "ich habe keine Erwartungen an ihn und bin mir sicher, die erfüllt er."

    Und wenn Gauck scheitert? Was ja möglich ist. Denn selbst der designierte Wetten-dass..?-Moderator Markus Lanz schließt ja ein Scheitern nicht aus. Gut, bloß sein Eigenes - aber immerhin.

    Ja, jeder ist fehlbar, keiner ist Supermann und wäre der großartige Echo-Musik-Preis gestern an Johannes Heesters verliehen worden, so wäre das einerseits peinlich, aber der Musikkritiker Tim Renner stünde nicht so allein mit seiner "Echo"-Diagnose als "einer traurige(n) rückwärtsgewandte(n) Veranstaltung". Na, die Jungs von der Musikindustrie sehen das anders: Der Echo ist ein –Zitat- "ganz besonders ehrlicher Preis".

    Jetzt sind auch schon die Preise ehrlich. Als ginge bereits ein Gauck durch Deutschland.