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Is was!?
Der satirische Wochenrückblick

Zwei Männer dominierten in der vergangenen Woche die Schlagzeilen. Der eine wurde vor 450 Jahren geboren, wohnte in England und schrieb Klassiker wie "Hamlet" oder Macbeth". Der Andere wohnt in Schleswig-Holstein, heißt Thorsten Albig und will mit einer Maut marode Straßen und Brücken sanieren.

Von Stefan Reusch | 25.04.2014
    Ein bislang unbekanntes Porträt des englischen Lyrikers William Shakespeare wird am 12.02.2014 in Mainz (Rheinland-Pfalz) präsentiert.
    Im Gegensatz zu Autobahnbrücken hat die Literatur Shakespeares der Zeit getrotzt. (picture-alliance/ dpa / Daniel Reinhardt)
    Brücken bröseln, Haushaltslöcher reißen Schlaglöcher in die Straßen, anderes hält. Das Reinheitsgebot. 500 Jahre deutsches Bier, 450 Jahre Shakespeare, der Mann überlebte zwei Pestepidemien, zum Vergleich: Autobahnbrücken bisher nicht mal eine. Vielleicht liegt es daran: Shakespeare ist Thema in der Schule, Brücken sind es nicht. Doch, manchmal gibt es zwischendurch in der Schule Brückentage, aber genau dann geht keiner hin. Und so geht das Brückenbröseln weiter.
    "Ich hab ja Macht, zu bauen und umzustürzen über Nacht, was Sitte war", sagt bei Shakespeare die Zeit. Aber wir haben ja keine Zeit mehr. Wir haben aber Thorsten Albig. Der hat auch Macht zu bauen: zum Beispiel Brücken. Er fühlt sich als Schleswig-Holsteiner vom Meer umzingelt, und will vom Gesamtdeutschen ein ja quasi Überbrückungsgeld, einen Straßen-Soli. Jeder, der motorisiert die Straße nutzt, soll zahlen. Wer viel fährt, soll viel zahlen, wer wenig fährt, auch. Asphalt und Einfalt geben sich die Hand. Die Macht zu bauen.
    Vorbild Berlin: der monströse BND-Bau, der dicke Nichtflughafen, das luftige Stadtschloss (noch als städtisches Luftschloss) und jetzt auch das Einheitsdenkmal. Die Macht zu bauen. "Ich hoffe, dass wir das Denkmal im kommenden Jahr zu 25 Jahre Deutsche Einheit einweihen können", sagt jetzt Kulturstaatsministerin Monika Grütters und fügt hinzu, als hieße ihr Ghostwriter Mehdorn: "Das ist aber schon nach heutigem Stand ein ehrgeiziger Wunsch".
    Shakespeare hätte gemault: "Wer Worte macht, tut wenig." Aber zu seiner Zeit fand man in staatstragenden Denkmalsockeln auch keine Wasserfledermausnistplätze. Diese Nistenden verlassen den Sockel nicht, also heimlich umsiedeln? Fledermäuse merken alles, sie hören gut.
    Gut hören ist nicht immer gut. Ich sage nur "Heino". Jan Delay sagt mehr. "Heino," sagt er. "Das ist ein Nazi". Die Bild zitierte gestern Heino mit den Worten: "Was sich dieser Herr herausnimmt, ist eine Unverschämtheit."
    Was auch wieder stimmt: Denn Jan Delay versucht sich wie Heino ein Jahr vorher auch als Rocker, wird so Epigone des Epigonen Heinos. Und beider Projekte sind arm an Ideen und reich an Erfolg. Erschreckend ähnlich. Und babbte man ihnen das Wort "modern" auf die Stirn, müsste man feststellen, es läse sich wie das Wort "modern". Shakespeares Falstaff aber kannte Jan Heino Delay und höhnte: "Seine Diebereien waren zu offenbar. Sein Mausen war wie ein ungeschickter Sänger: Er hielt kein Tempo."
    Und "Delay" heißt ja "Verspätung". Tja, es baut halt keiner eine Brücke, eine Brücke zwischen den beiden Rock-Simulanten, dem alten und dem exakt halb so alten. Doch da das ein vorbildlich unnützes Unterfangen ist, wird es kommen. Also, wappne dich, Steuerzahler, wappne dich!