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Is was?!
Der satirische Wochenrückblick

Der Deutsche und sein Verhältnis zum Nachbarn - das ist oft ein Thema voller Konflikte. Diese Woche bot dafür einige besonders kuriose Beispiele: Da krachte es im Haus der Unionsparteien, unter benachbarten Staaten und bei einem Profifußballer von nebenan.

Von Klaus Pokatzky | 03.06.2016
    Deutsche Fußballfans zeigen vor Spielbeginn ein Plakat mit der Aufschrift "Jerome zieh neben uns ein"
    Auch Klaus Pokatzky wünscht sich, Jérôme Boateng wäre sein Nachbar. (picture alliance / dpa / Christian Charisius)
    Ich weiß nicht, was Alexander Gauland von der AfD gegen die Heilige Jungfrau Maria hat. Ich bin katholisch und mag meine Maria sehr - und deshalb mag ich das Stänkern gegen meinen Glauben von Herrn Gauland überhaupt nicht. Den Gauland will ich also nicht als Nachbarn, bei mir in Berlin-Wilmersdorf. Da wäre mir der Horst Seehofer schon sehr viel lieber. Der Horst ist katholisch und glaubt wie ich an die Jungfrau Maria. Allerdings sollte er auch mal ein wenig an die Frau Angela glauben. Mit dem Horst hätte ich aber Sprachprobleme. Ich spreche schließlich deutsch.
    Maria und Gott sei Dank hat die CSU vom Horst jetzt ein Bayerisches Integrationsgesetz auf den Weg gebracht. Das wird nicht nur unsere Zuwanderer integrieren, sondern auch noch ganz andere auf deren Integration wir nun seit Jahrhunderten warten. Der Horst und seine CSU wollen mit ihrem Gesetz Deutsch-Sprachkurse für Migranten zur Pflicht machen. Und wer das nötige Sprachniveau unserer schönen deutschen Sprache nicht erreicht, der soll zu einer "Erstattung von Förderkosten" verdonnert werden. Tolle Idee! Da in diesem Lande ja alle Menschen gleich zu behandeln sind, müssen dann auch die Bayern Deutsch lernen - oder zahlen. So werden dann die Bayern endlich integriert und mein Nachbar Horst spricht richtiges Deutsch.
    Wenn die Angela noch ein Haus weiter zu uns zieht, dann müssen der Horst und die Angela auch nicht mehr ewig darüber streiten, an welchem Ort zwischen Berlin und München sie ihren Friedensgipfel zelebrieren. Jetzt wollen sie sich ja in Potsdam treffen. Ausgerechnet da, wo der Gauland wohnt. Angela und Horst, wenn Ihr erst mal meine Nachbarn seid, könnt Ihr Euch gerne bei mir treffen! Solange Ihr den Erdogan nicht mitbringt. Den möchte ich nicht in meiner Wohnung haben. Mit dem Erdogan, liebe Angela, solltest Du Dich lieber irgendwo zwischen Berlin und Ankara treffen, wenn Ihr den Krach über die Bundestags-Resolution zu Armenien austragen wollt. Potsdam ist übrigens nicht so geeignet. Da würde sich der Erdogan sofort ein Haus direkt neben dem Gauland kaufen.
    Der beste Ort für ein Treffen von der Angela und dem Erdogan wäre der Gotthard-Tunnel. Da ist für die gebotene Nähe gesorgt. Ist ja schließlich jetzt der längste Eisenbahntunnel der Welt: 57 Kilometer lang. Allerdings sollten sich die beiden da nicht zwischen dem 10. Juni und dem 10. Juli gegenübersitzen. Da wird der Tunnel für was Wichtigeres gebraucht. In der Zeit sollte die Fußball-Europameisterschaft ja eigentlich in Frankreich über den Rasen gehen. Dürfte aber nicht klappen in Frankreich, weil die Franzosen jetzt so wild streiken wie der Gauland gegen mögliche Nachbarn – außer: sie heißen Erdogan. Da würde sich der Gotthard-Tunnel als Ausweich-Ort für die Kicker anbieten: schön groß und mit unübertrefflicher Akustik für unzählige Fans. Und der Mann, den ich am allerliebsten als meinen Nachbarn hätte, der kommt damit schon klar beim EM-Kick. Den Mann liebe ich. Der ist sauber und bescheiden. Der ist katholisch wie ich. Der liebt die Heilige Jungfrau wie ich. Der hat sich die Maria sogar auf seinen linken Unterarm tätowieren lassen. Und der hat seine Kindheit in meinem Berlin-Wilmersdorf verbracht. Ich warte auf Dich - Jérôme Boateng!