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Is was!?
Der satirische Wochenrückblick

Toll so eine Demokratie, was? Man kann sogar für Undemokraten auf die Straße gehen, ohne negative Konsequenzen fürchten zu müssen. Der, um den es da ging am Sonntag in Köln, der sieht das leider ganz anders.

Von Sigrid Fischer | 05.08.2016
    Toll so eine Demokratie, was? Man kann sogar für Undemokraten auf die Straße gehen, ohne negative Konsequenzen fürchten zu müssen. Der, um den es da ging am Sonntag in Köln, der sieht das leider ganz anders.
    Deshalb irritiert es schon, liebe deutsch-türkische Mitbürger, dass Ihr offenbar gleichzeitig zwei so unterschiedlichen Vorstellungen von Demokratie anhängen könnt. Und es wäre ja einfach, in alter West-Ost Tradition zu rufen: Dann geht doch rüber! Also in dem Fall natürlich "runter".
    Aber nö, wir halten die Irritation schon aus. Solange man "irritiert" ist, denkt man nach, überprüft man sich und sein Handeln. Und bleibt am Ende dabei, zum Beispiel Demonstranten nicht in den Knast zu stecken, auch wenn sie mit Galgensymbolen provozieren. Und nicht zu Denunziationen aufzurufen. Und weiterhin ohne Folter und Todesstrafe leben zu wollen. Und die bayrischen Trotzphasen zu ertragen. Ok, das kann man demo "crazy" finden, aber wer hat behauptet, Pluralismus sei nicht "irre" anstrengend und lästig?
    Diese demokratische Staatsform hält auch aus, dass gewählte Abgeordnete, die 30 Jahre die Unwahrheit sagen, an ihrem Mandat kleben. Wie SPD-Frau Hinz. Die Parteiämter hat sie niedergelegt, ihr Bundestagsmandat nicht. Aber, frage ich mich, durch welchen unterirdischen Schleichgang will sie denn unerkannt jemals wieder den Weg auf ihren Platz auf der Hinterbank finden? Es gibt ja folgenreichere Lebenslügen: Also ich lass mir lieber von einer pseudojuristischen Politikerin das Blaue vom Himmel versprechen als von einem behaupteten Mediziner den Herzkatheter legen. Im Grunde genommen zeigt der Fall Hinz eigentlich nur, dass man lange Studienzeiten bequem durch Strippenzieherei und Vetternwirtschaft ersetzen kann und wie blöd die waren, die sich noch ein "Dr." vor dem Namen zusammengezimmert haben.
    War gar nicht nötig, Karl-Theodor, Politik geht ohne, auch ohne Fachwissen und Qualifikation. Aber das wussten wir vorher schon. Heute Innen-, morgen Außen-, übermorgen Verteidigungsminister. Na und? Dass Frau Hinz in Autokraten-Manier einige ihrer Mitarbeiter therapiereif behandeln konnte, ohne Konsequenzen, das sollte warnen. Nicht nur Lebensläufe, sondern auch das Wort "demokratisch" im Parteinamen muss wohl hin und wieder überprüft werden. Genau wie die Urkunde, die in Rio verteilt werden.
    Welche werden am Ende wirklich verdient sein? Das IOC hätte ja genau eine Möglichkeit gehabt, effektiv gegen Doping vorzugehen: die Spiele absagen. Die unsauberen Athleten aussortieren käme fast aufs Gleiche raus. Oder hätten Sie hingeguckt, wie da pro Disziplin maximal einer antritt, gegen sich selbst? Die Spiele absagen, bis Doping, Korruption, Zwangsenteignungen, Menschenrechtsverletzungen, Größenwahn und erzwungene Staatsüberschuldungen den olympischen Gedanken nicht mehr vernebeln. Wie sich das für demokratische Strukturen gehört. In der Zwischenzeit kann man eine Runde Schlammwälzen in Wacken. Soll auch viel Spaß machen. Und Bier ist auf der Dopingliste mit den verbotenen Substanzen bisher jedenfalls nicht geführt.