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ISL-Akten müssen geöffnet werden

Es wird eng für den Fußball-Weltverband und seine Spitzenleute: Das Obergericht im Kanton Zug hat verfügt, dass brisante Dokumente zu Schmiergeldzahlungen an hohe FIFA-Vertreter veröffentlicht werden müssen.

Von Thomas Kistner | 28.12.2011
    Damit gibt es einem Antrag der Schweizer "Handelszeitung" statt. Zugleich wiesen die Richter die Beschwerden zweier betroffener Funktionäre sowie der FIFA selbst ab. Dem Weltverband unter Boss Joseph Blatter sowie dem belasteten Funktionärsduo bleiben 30 Tage Zeit, um Einspruch beim Bundesgericht in Lausanne einzulegen.

    Bei dem brisanten Papier handelt es sich um eine Einstellungsverfügung von Mai 2010. Es legt dar, welche Personen von der 2001 bankrott gegangenen Sportagentur ISL bestochen wurden. Das Verfahren wurde eingestellt, weil die FIFA und die betroffenen Funktionäre insgesamt 5,5 Millionen Franken bezahlt hatten. Bei einem Strafprozess wäre deren Anonymität aufgeflogen. Ein solcher Deal ist nach Artikel 53 Schweizer Strafgesetzbuch möglich. Die Richter korrigieren aber nun die Version Blatters, nach der die FIFA bei der Zuger Verfahrenseinstellung von Vorwürfen bereinigt worden sei. Im Gegenteil, sagen die Richter, es sei im Fall FIFA "eben gerade kein Freispruch" erfolgt – Artikel 53 setze voraus, dass der Beschuldigte das Vergehen eingesteht und sich um Wiedergutmachung bemüht.

    Nun bestünde "ein gewichtiges Interesse der Öffentlichkeit" daran, zu erfahren, auf welcher Basis dies Verfahren eingestellt worden. Viele Fragen seien offen, etwa die, ob es richtig gewesen sei, dass sich die Betroffenen hätten freikaufen können oder ob sie damit privilegiert behandelt worden seien. Das Dokument, gegen dessen Veröffentlichung sich FIFA und Funktionäre seit Januar 2011 immer wieder massiv juristisch wehrten, beschreibt insbesondere die Rolle der FIFA-Spitze, die von Schmiergeldzahlungen an ihre Funktionäre gewusst, aber nichts dagegen unternommen hatte.

    Bei den zwei FIFA-Offiziellen soll es sich nach Aktenlage um FIFA-Ehrenpräsident Joao Havelange und seinen Ex-Schwiegersohn Ricardo Teixeira handeln, den Boss der Fussball-WM 2014 in Brasilien. Gegen Teixeira wird in der Heimat bereits wegen Geldwäsche ermittelt.

    Blatter, der gerade ein Reformprojekt in seiner affärenumtosten FIFA betreibt, hatte im Herbst die Offenlegung des Dokuments versprochen. Dann verschob er dies aus rechtlichen Gründen auf unbestimmte Zeit. Erhebt die FIFA jetzt Einspruch, wäre ihre Reform gescheitert. Andererseits gilt als sicher, dass die zwei übrigen Betroffenen auch das letzte Mittel ergreifen werden, um etwas Zeit zu gewinnen.