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Islam und Musik
Didgeridoos im Sufismus

Didgeridoos sind oft zwei Meter lang. Fachleute sprechen von einem "obertonreichen Blasinstrument". Dieses exotische Instrument findet nun Eingang in die islamische Sufi-Musik. Ein deutscher Didgeridoo-Künstler macht mit seinem Instrument Musik zu den religiösen Zeremonien der Sufis. Ein ungewöhnlicher Weg, Musik und Religion zu verbinden.

Von Hüseyin Topel |
    Ein Straßenmusiker spielt ein Didgeridoo, der Musiker selbst ist nur verschwommen im Hintergrund zu erkennen
    Das australische Didgeridoo ist auf neuen Spuren unterwegs - im Sufismus (dpa / Daniel Naupold)
    Melodie, Tanz und Lyrik - sie spielen ein wichtige Rolle im Sufismus, diesem mystischen Zweig im Islam. Musik prägt die religiösen Rituale der Sufisten. Etwa wenn tanzende Derwische sich mit Musik in einen Trance-Zustand versetzen. Marvin Dillmann gehört zu einem solchen Sufi Orden, in dem neben klassischen islamischen Elementen auch Platz für Außergewöhnliches ist. Dillmann ist Didgeridoo-Künstler und Percussionist. Mit seinem Didgeridoo ist der Wuppertaler ein echter Exot in muslimischen Gemeinden. Vor rund 20 Jahren ist er mit dem Didgeridoo erstmals in Berührung gekommen.
    "Meine Oma ist nach Australien ausgewandert. Wir haben sie damals besucht 1995. In Sydney am Hafen haben Aborigines Straßenmusik gemacht für Touristen. Meine Oma sagte: Komm setz dich mal zu ihnen."
    Die erste Begegnung mit den australischen Ureinwohnern eröffnet dem Jungen eine völlig neue Welt. Einer der Straßenmusiker erklärte ihm, wie das Instrument funktioniert.
    "Er gab mir dann irgendwann ein Kleineres und machte so eine Art Vibrieren mit den Lippen und guckte mich dabei ernst an und machte: brrrrrr… Das war mein Schlüsselerlebnis. Nach dieser Anweisung, oder ich nenne es Initiation, habe ich dann einen Ton rausbekommen. Danach war es um mich geschehen."
    Mindestens 20.000 Jahre alt
    Das Didgeridoo ist ursprünglich ein von Termiten ausgehöhlter Eukalyptus-Baumstamm, mit dem sich besondere Töne erzeugen lassen. Über die Entstehungsgeschichte dieses Instruments streiten sich die Experten. Und es gibt zahllose Legenden. Marvin Dillmann nennt eine:
    "Frauen haben Feuerholz gesammelt, und da waren wohl ein paar hohle Äste dabei. Der Wind fegte da durch und es gab dann diesen Ton. Dann haben die das gehört und haben es dann selber ausprobiert und es dann so als Instrument entdeckt. Man weiß nicht genau, wie alt das Instrument ist. Es ist wahrscheinlich das älteste Blasinstrument, wenn nicht sogar das älteste Instrument. Es gibt welche, die sagen, es ist 40.000 Jahre alt, aber es wird wahrscheinlich mindestens 20.000 Jahre alt sein."
    Marvin Dillmann, fasziniert vom Didgeridoo, fühlt sich einige Jahre später auch vom islamischen Sufismus angezogen. So entsteht die Idee, das Didgeridoo als Instrument im Sufismus einzusetzen. Und so findet ein hohler Eukalyptusstamm aus dem fernen Australien seinen Weg in die mystischen Sphären der islamischen Sufi-Welt - und zwar ausgerechnet nach Deutschland.
    "Ich bin vor zehn Jahren zum Sufismus gekommen und habe einen Menschen kennengelernt, der mich sehr inspiriert hat und so eine Art, mein spiritueller Vater wurde und der ist Musiker und da hatte ich die Möglichkeit, dieses Instrument dort einzubringen. Das Besondere an diesem Menschen ist, dass er auch ursprünglich aus dem Westen kommt und eigentlich da auch eine Brücke schlägt, verschiedene Dinge mit einbaut, in diese moderne Art der Sufi- Musik."
    Gotteserinnerung in islamischer Mystik
    Im Sufismus schließt man sich traditionell einem Meister an, der dann für den Schüler zum geistigen Vater wird.
    "Dadurch dass ich mit meinem Lehrer Musik machte, hat er mich sozusagen über die Musik ein Stück weit auch erzogen. Vorher war mein Ego viel vordergründiger bei der Musik. Es ist heute noch bei mir da, aber es hat nicht mehr den Stellenwert, sondern eigentlich ist etwas Größeres in den Vordergrund gerückt. - Im Indischen kennt man das Wort "Nada Brama", das heißt: die Welt ist Klang, dass alles eigentlich eine Frequenz hat. Selbst Materie, die scheinbar leblos ist, eigentlich schwingt. In der Sufi-Tradition spricht man davon, dass alles im Zikrullah ist, also dass alles in der Gotteserinnerung ist. Jedes Atom und jedes Geschöpft lobpreist und singt die Namen Gottes."
    Die Mitglieder von Sufi-Orden kommen regelmäßig zu sogenannten Zikrs zusammen. Dabei wird mit Musik, Rhythmik und intensiver Atmung Gottes Namen gepriesen.
    Mit Musik versuchen Sufis dem näher zu kommen, den sie für ihren Schöpfer halten. So auch der Wuppertaler Didgeridoo-Spieler Marvin Dillmann. Und ganz nebenbei belegt er mit seiner Musik, dass es islamische Strömungen gibt, die undogmatisch und weltoffen sein können.
    "Ich glaube, es geht bei der Sufi- Musik, darum aus seinem Ego herauszutreten und Gott zu lobpreisen. Also schöne Klänge zu machen, etwas Schönes zu machen. Allah ist schön und liebt die Schönheit."