Gestern wurde in Auschwitz wieder ein neuer Rekord erreicht. Nicht weniger als zwanzigtausend Menschen, meist Jugendliche, nahmen an dem Gedenkmarsch von Auschwitz nach Birkenau teil. Doch auch jenseits dieses kalendarischen Anlasses steigt die Zahl der jungen Israelis, die zu den Konzentrationslagern in Polen reisen. Man kann mittlerweile durchaus von einem Massenphänomen sprechen, der Begriff nationalpolitische Pilgerfahrt wäre nicht unangebracht; die Vernichtungslager sind längst zum Ort kollektiver Identitätsfindung geworden.
Entsandte das israelische Militär, das in Israel nach wie vor eine wichtige erzieherische Rolle spielt, 2001 noch zwei Delegationen nach Auschwitz, sind es in diesem Jahr bereits 16. Und die Schülerzahl stieg innerhalb von 15 Jahren von 2000 auf 22.000. Zwar sollen diese Exkursionen generell dazu beitragen, den Schülern Geschichte zu vermitteln. Doch in Israel sind sie inzwischen äußerst umstritten und seit einigen Jahren auch wiederholt Gegenstand kritischer soziologischer Untersuchungen. Und die belegen, dass diese Polenreisen weniger dazu dienen, die israelischen Jugendlichen zu mehr Toleranz zu erziehen als vielmehr dazu, ihnen zionistische Propaganda einzuhämmern.
Die Schüler, die fast immer unter sich bleiben, bekommen an diesen Gedenkorten auch mittels militärisch anmutender Zeremonien eingebläut, dass für Juden Israel der einzig sichere Ort auf der Welt und dass der Antisemitismus weit verbreitet ist. Erziehungsministerin Limor Livnat, militante Verfechterin zionistisch-patriotischer Erziehung, lieferte vorgestern ein anschauliches Beispiel für diese nationalpädagogische Haltung. Auf einer Gedenkzeremonie im Krakauer Judenviertel sagte sie vor mehreren tausend jüdischen, größtenteils aus Israel kommenden Jugendlichen: "Könnten wir die hier Ermordeten fragen, was sie sich wünschen", so Livnat, "wäre es bei den einen Rache, bei anderen vielleicht Trost. Wenn Trost überhaupt möglich ist, so seid Ihr der Trost, und wenn es Rache gibt, dann sind wir alle die Rache."
Parolen wie diese und auch das militärische Gebaren der jungen israelischen Polen-Pilger, die unter schwerer Bewachung mit der israelischen Nationalfahne von einem Vernichtungslager zum nächsten ziehen, verärgern die Polen immer mehr. Sie klagen darüber, dass den israelischen Jugendlichen so gut wie nichts über das jahrhundertelange friedliche Zusammenleben von Juden und Polen und auch kaum etwas über das heutige Polen vermittelt werde.
Die Israelis, so die Kritik, lernten, dass die Polen bis heute Antisemiten geblieben seien; ja der Eindruck entstehe, Polen sei irgendwie für den Holocaust mitverantwortlich. In Israel nimmt man indes diese Kritik ernst. Der Historiker Israel Gutmann von Yad Vashem sah sich jetzt zu der Erklärung veranlasst, Polen sei in keiner Weise in die industrielle Judenvernichtung verstrickt gewesen.
Und im israelischen Außenministerium ist mittlerweile ein heftiger Streit ausgebrochen. Als sich mehrere ranghohe Beamte der jüngeren Generation für eine Abschwächung des militanten Charakters dieser Holocaust-Schulreisen und sogar für deren komplette Abschaffung aussprachen, wurden ihre Einwände als persönliche Meinungsäußerungen abgetan. Der öffentliche Druck bleibt nicht ohne Wirkung: Im Erziehungsministerium signalisiert man jetzt immerhin Bereitschaft, das derzeitige Konzept der Schulreisen zu überdenken, auch wenn man der polnischen Seite gleichzeitig vorwirft, sich in dieser Angelegenheit wenig kooperativ zu zeigen.
Entsandte das israelische Militär, das in Israel nach wie vor eine wichtige erzieherische Rolle spielt, 2001 noch zwei Delegationen nach Auschwitz, sind es in diesem Jahr bereits 16. Und die Schülerzahl stieg innerhalb von 15 Jahren von 2000 auf 22.000. Zwar sollen diese Exkursionen generell dazu beitragen, den Schülern Geschichte zu vermitteln. Doch in Israel sind sie inzwischen äußerst umstritten und seit einigen Jahren auch wiederholt Gegenstand kritischer soziologischer Untersuchungen. Und die belegen, dass diese Polenreisen weniger dazu dienen, die israelischen Jugendlichen zu mehr Toleranz zu erziehen als vielmehr dazu, ihnen zionistische Propaganda einzuhämmern.
Die Schüler, die fast immer unter sich bleiben, bekommen an diesen Gedenkorten auch mittels militärisch anmutender Zeremonien eingebläut, dass für Juden Israel der einzig sichere Ort auf der Welt und dass der Antisemitismus weit verbreitet ist. Erziehungsministerin Limor Livnat, militante Verfechterin zionistisch-patriotischer Erziehung, lieferte vorgestern ein anschauliches Beispiel für diese nationalpädagogische Haltung. Auf einer Gedenkzeremonie im Krakauer Judenviertel sagte sie vor mehreren tausend jüdischen, größtenteils aus Israel kommenden Jugendlichen: "Könnten wir die hier Ermordeten fragen, was sie sich wünschen", so Livnat, "wäre es bei den einen Rache, bei anderen vielleicht Trost. Wenn Trost überhaupt möglich ist, so seid Ihr der Trost, und wenn es Rache gibt, dann sind wir alle die Rache."
Parolen wie diese und auch das militärische Gebaren der jungen israelischen Polen-Pilger, die unter schwerer Bewachung mit der israelischen Nationalfahne von einem Vernichtungslager zum nächsten ziehen, verärgern die Polen immer mehr. Sie klagen darüber, dass den israelischen Jugendlichen so gut wie nichts über das jahrhundertelange friedliche Zusammenleben von Juden und Polen und auch kaum etwas über das heutige Polen vermittelt werde.
Die Israelis, so die Kritik, lernten, dass die Polen bis heute Antisemiten geblieben seien; ja der Eindruck entstehe, Polen sei irgendwie für den Holocaust mitverantwortlich. In Israel nimmt man indes diese Kritik ernst. Der Historiker Israel Gutmann von Yad Vashem sah sich jetzt zu der Erklärung veranlasst, Polen sei in keiner Weise in die industrielle Judenvernichtung verstrickt gewesen.
Und im israelischen Außenministerium ist mittlerweile ein heftiger Streit ausgebrochen. Als sich mehrere ranghohe Beamte der jüngeren Generation für eine Abschwächung des militanten Charakters dieser Holocaust-Schulreisen und sogar für deren komplette Abschaffung aussprachen, wurden ihre Einwände als persönliche Meinungsäußerungen abgetan. Der öffentliche Druck bleibt nicht ohne Wirkung: Im Erziehungsministerium signalisiert man jetzt immerhin Bereitschaft, das derzeitige Konzept der Schulreisen zu überdenken, auch wenn man der polnischen Seite gleichzeitig vorwirft, sich in dieser Angelegenheit wenig kooperativ zu zeigen.