New York
UNO-Sicherheitsrat soll sich mit der Lage der Geiseln im Gazastreifen befassen

Der UNO-Sicherheitsrat wird nach israelischen Angaben morgen zu einer Dringlichkeitssitzung zusammenkommen und über die Geiseln im Gazastreifen beraten. Israels Botschafter Danon sagte, es sei an der Zeit, dass die Taten der Hamas "unmissverständlich verurteilt" würden. Propaganda-Videos, auf denen ausgemergelte israelische Männer zu sehen sind, hatten Entsetzen ausgelöst.

    Mitglieder des UNO-Sicherheitsrats sitzen an einem hufeisenförmigen Tisch.
    Der UNO-Sicherheitsrat in New York (Getty Images via AFP / MICHAEL M. SANTIAGO)
    Die Videos waren in den vergangenen Tagen von den palästinensischen Terrorgruppen Hamas und Islamischer Dschihad veröffentlicht worden. Die Milizen hatten Israel am 7. Oktober 2023 überfallen, mehr als 1.200 Menschen getötet und mehr als 200 in den Gazastreifen verschleppt. Ein Teil der Geiseln wurde nach Verhandlungen mit Israel freigelassen. Zahlreiche starben, etwa 20 sind vermutlich noch am Leben.

    Netanjahu bittet Rotes Kreuz um Hilfe

    Israels Ministerpräsident Netanjahu äußerte sich schockiert über die Videos und bat das Internationale Komitee vom Roten Kreuz um Hilfe bei der Versorgung der Geiseln. Er habe mit dem Leiter der Rot-Kreuz-Delegation in der Region, Lerisson, darüber gesprochen, wie Medizin und Nahrungsmittel zu den Geiseln gelangen könnten. Netanjahu erklärte, die Grausamkeit der Hamas kenne keine Grenzen.
    Die Hamas stellte ihrerseits Forderungen auf: Israel solle die Korridore für Hilfslieferungen permanent öffnen und während der Versorgung der Geiseln sämtlichen Flugverkehr über dem Gazastreifen einstellen.

    Abgemagerter Evyatar David

    In einem der Propaganda-Videos ist der 24-jährige Evyatar David zu sehen. Er sitzt bis auf die Knochen abgemagert in einem Tunnel und schaufelt ein Loch in den Boden - nach eigener, mutmaßlich erzwungener Aussage sein eigenes Grab. Die Bilder wurden teilweise mit Aufnahmen unterernährter Palästinenser zusammengeschnitten.
    Lesen Sie hier, wie die Hamas die Geiseln für ihre Propaganda missbraucht.

    Merz: Brauchen Waffenstillstand

    Die Aufnahmen lösten in Israel und darüberhinaus Entsetzen aus. Bundeskanzler Merz sagte der "Bild"-Zeitung, die Hamas quäle die Geiseln, terrorisiere Israel und benutze die eigene Bevölkerung im Gazastreifen als Schutzschild. Er fügte hinzu, gerade deshalb führe zunächst kein Weg an einem verhandelten Waffenstillstand vorbei. Die Freilassung aller Geiseln sei dafür zwingende Voraussetzung, so der CDU-Vorsitzende.
    Auch Frankreichs Präsident Macron äußerte sich entsetzt. Er schrieb im Onlineportal X, die Hamas verkörpere abscheuliche Grausamkeit und grenzenlose Unmenschlichkeit. Für Frankreich sei die Freilassung aller Geiseln "absolute Priorität". Macron hatte vor wenigen Tagen angekündigt, dass Frankreich im September einen palästinensischen Staat anerkennen werde. Hintergrund war die katastrophale Lage der Palästinenser im von Israel abgeriegelten Gazastreifen, in dem nach Aussage der UNO eine Hungersnot droht. Netanjahu hatte kritisiert, Frankreich belohne mit einer Anerkennung Palästinas den Terror der Hamas.
    Die EU-Außenbeauftragte Kallas schrieb auf X, die Videos offenbarten die Barbarei der Hamas. Die Hamas müsse ihre Waffen niederlegen und ihre Herrschaft im Gazastreifen beenden.

    Minister Ben-Gvir fordert Besetzung des gesamten Gazastreifens

    Der rechtsextreme israelische Minister für Nationale Sicherheit, Ben-Gvir, meinte, Israel müsse als Reaktion auf die Videos umgehend den gesamten Gazastreifen besetzen. Zudem müsse man die palästinensische Bevölkerung zur, wie er es formulierte, "freiwilligen Auswanderung" ermutigen. Ben-Gvir äußerte sich nach einem umstrittenen Besuch auf dem Tempelberg in Jerusalem.
    Diese Nachricht wurde am 04.08.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.