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ISS
Raumtransporter soll beim Verglühen gefilmt werden

Das Automatische Transfer-Vehikel (ATV) soll am Samstag von der Internationalen Raumstation ISS ablegen und später in der Erdatmosphäre verglühen. Dabei soll es vollständig überwacht und auch gefilmt werden - von der ISS aus, vom Boden aus und sogar von innerhalb des Gefährts selbst.

Von Guido Meyer |
    Der europäische Raumtransporter "Georges Lemaître"
    Der europäische Raumtransporter "Georges Lemaître" soll am 15. Februar 2015 verglühen. (picture alliance / dpa / David Ducros/ESA)
    Wer den Kinofilm Gravity gesehen hat, der hat eine ungefähre Ahnung davon, wie es aussieht, wenn eine Raumstation in die Erdatmosphäre eintritt und verglüht – oder zumindest wie sich Hollywood diesen Prozess vorstellt. Doch solch ein Film soll nun wirklich gedreht werden, mit Europas Automatischem Transfer-Vehikel (ATV) als Hauptdarsteller.
    "Der Film soll zeigen, wie das ATV auseinanderbricht. Der tatsächliche Film wird etwa eine halbe Stunde sein, wovon die letzten zehn Sekunden, wo das ATV auseinanderbricht, die interessanten Sekunden sein werden."
    Projektleiter Willem Coppoolse von der Firma RUAG Space in Zürich, die die sogenannte ATV Breakup Camera gebaut hat – eine Kamera, die den Zerfall des ATVs in der Atmosphäre dokumentieren soll. Einschalten wird sich die Kamera automatisch erst dann, wenn der Wiedereintritt beginnt.
    "Um das ATV abstürzen zu lassen, müssen wir es abbremsen. In der ATV Breakup Camera befindet sich ein Beschleunigungsmesser. Sobald dieser den entsprechenden Gegenschub der Triebwerke registriert, schaltet er die Kamera ein. Sie ist auf das vordere Ende des ATVs ausgerichtet. Ihre Bilder überträgt sie in Echtzeit an eine spezielle Kapsel."
    Neil Murray, der Technische Offizier der ATV Breakup Camera am europäischen Weltraumforschungszentrum ESTEC im holländischen Noordwijk. Diese Kapsel ist das einzige, was letztendlich vom ATV übrig bleiben wird.
    "Wenn das ATV zerbricht, wird auch die Kamera zerstört. Die Kapsel mit den Daten jedoch wird aus dem ATV herausfallen und während ihres Absturzes ihre Daten an Iridium-Kommunikationssatelliten übertragen."
    Damit diese Kapsel den Eintritt in die Erdatmosphäre übersteht, ist sie mit einer Keramikhülle versehen. Sie soll den hohen Temperaturen widerstehen. Mit der Übertragung der beim Wiedereintritt gesammelten Daten kann die Kapsel erst beginnen, wenn sie die oberen Schichten der Atmosphäre passiert hat. Vorher ist keine Funkverbindung möglich, da sich um die Kapsel herum ein Plasma aus elektrisch geladenen Partikeln bildet, das keine Signale durchlässt. Erst ab einer Höhe von circa 40 Kilometer öffnet sich ein dreiminütiges Zeitfenster zur Datenübertragung – und das sollte auch reichen, hofft Volker Schmid aus der Abteilung Bemannte Raumfahrt, ISS und Exploration beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Bonn.
    "Und jetzt will man eben das auch optisch mal sehen. Was tut sich da? Was desintegiert zuerst? Wo versagt die Struktur zuerst? Wie fragmentiert es? Sind vielleicht Anteile da, die wieder in ein höheres Orbit geschleudert werden durch eine Explosion oder wie auch immer? Wie viel kommt unten an, auf der Wasseroberfläche?"
    An Bord des ATVs selbst sind neben der europäischen Spezialkamera auch eine japanische Kamera sowie ein amerikanischer Breakup Recorder, der Temperatur und Beschleunigung des berstenden Gefährts aufzeichnet. Zu Testzwecken soll das Raumschiff diesmal in einem sehr flachen Winkel in die Atmosphäre eintreten, so Volker Schmidt vom DLR.
    "Jetzt will man damit Anhaltspunkte haben wenn irgendwann mal in der Zukunft die Raumstation das Lebensende erreicht und die zurückgetaucht werden soll in die Atmosphäre, kann man mit einem ATV was 20 Tonnen hat und auch schon relativ groß und schwer ist vielleicht Rückschüsse ziehen auf die Fragmentierung einer Raumstation."
    Denn irgendwann wird auch die ISS in die Atmosphäre eintreten, und dann wird es wahrscheinlich doch so ähnlich aussehen wie in dem Film Gravity.