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IT-Nachwuchs aus Indien

Computer-Spezialisten sind in Deutschland Mangelware. Immer mehr Universitäten und Unternehmen schauen deshalb über den Tellerrand und schielen nach Indien. So wie die Universität in Siegen: In dieser Woche hat sie erste indische Studenten in Empfang genommen. Sie sollen Berufserfahrung in deutschen Unternehmen sammeln und an Vorlesungen teilnehmen.

Von Mike Roth |
    In den Vorlesungen der Wirtschaftsinformatik an der Universität Siegen wird Englisch gesprochen. Zumindest das erinnert die indischen Studenten in ihrer ersten Vorlesung in Deutschland an ihre Heimat. Erst vor wenigen Tagen sind sie nach Siegen gekommen. Eine der Studierenden ist die 24jährige Preeti Najak.

    "Wir haben gehört, dass die Ausbildung von Computerfachleuten in Deutschland sehr gut ist. Deshalb ist das hier eine gute Chance für uns. Außerdem wollen wir natürlich auch die Deutsche Kultur kennen lernen. "

    Preeti Najak und zwei weitere der indischen Studenten in der Vorlesung kommen von der Universität in Belgavi im Südwesten Indiens. Die Universität Siegen und eine Softwareberatungsfirma aus Heidelberg haben sie zum Studium nach Deutschland geholt.

    "Ich habe in Indien bereits meinen Bachlor gemacht. Und jetzt will ich hier zusätzliches Fachwissen lernen. Und das soll ziemlich gut sein. "

    In der Wirtschaftsinformatik der Universität Siegen fehlt genügend Nachwuchs. Um das Jahr 2000 gab es in dem Fach noch bis zu 180 Studienanfänger pro Semester. Mittlerweile sind es etwa nur noch 30. Die Hochschule hat deshalb einen Vertrag mit zwei indischen Universitäten abgeschlossen. Und jetzt sollen künftig bis zu 30 Studierende pro Semester aus Indien kommen. Damit eröffnet sich die Universität Siegen neue Möglichkeiten, erklärt Professor Thomas Barth.

    "Sie kann den Studenten die Möglichkeit geben auch nach Indien zu gehen, an die Partneruniversitäten dort. Auf der anderen Seite können auch Wissenschaftler dorthin gehen. Es können nicht nur indische Studenten hier her kommen, es können auch indische Professoren hier her kommen, hier für eine gewisse Zeit Lehre übernehmen. Insofern gibt es dort ein Wissensaustausch auf ganz unterschiedlichen Ebenen. "

    Mit im Boot sitzt ein mittelständisches Softwareunternehmen aus Heidelberg. Die Brockhaus GmbH engagiert sich bereits seit längerem in Indien, um dort Nachwuchs für das eigene Unternehmen zu bekommen. Weil an den deutschen Universitäten der Nachwuchs fehlt, sei das bei vielen Computerfirmen schon lange üblich, erzählt Geschäftsführer Matthias Bohnen.

    "Wir beobachten die Tendenz gerade auch in Indien, dass dort insbesondere große Unternehmen, auch große deutsche Softwareunternehmen, ich will mal nicht konkreter werden, sich bemühen, mit indischen Universitäten zu kooperieren, um dort letztlich auch Studenten auszubilden und für die eigenen Unternehmen zu rekrutieren. "

    Firmenchef Matthias Bohnen arbeitet bereits seit Jahren mit der Universität Siegen zusammen und hat bereits viele Computerfachleute direkt nach dem Studium übernommen. Die gleichen Berufsaussichten hätten nun auch die indischen Hochschüler, die zum Studium nach Siegen kommen. Für die Studenten in Siegen ist das kein Problem. In Deutschland fehlen laut Branchenverband BITKOM gut 20.000 Computerfachleute pro Jahr. Eine ernsthafte Konkurrenz seien die indischen Studenten deshalb nicht, meint Informatikstudent Gregor Stuhldreier.

    "Nein definitiv nicht. Es sind Partner ansonsten würden wir diese Partnerschaft nicht aufbauen mit der Universität in Indien. Und dich denke das ist eine große Unterstützung. Wir können viel von ihnen lernen, sie mit Sicherheit auch was von uns. Und dem entsprechend glaube ich, dass es sich sehr gut ergänzen kann. "

    Die indische Studentin Preeti Najak und ihre Kommilitonen sehen das ähnlich. Sie wollen zunächst nur für ein Jahr in Siegen bleiben und danach wieder nach Indien zurückkehren, um ihr Studium abzuschließen. Einen sicheren Job haben sie bereits fast in der Tasche, egal ob nun in Indien oder in Deutschland. Wo sie nach ihrem Studium arbeiten, sei jetzt noch nicht wichtig, meint der indische Student Dayanand Jhintri.

    "Wo du gute Arbeit ablieferst, verdienst du auch gut. Egal ob das nun in Indien ist, oder in Europa. Natürlich verdient man in Europa mehr Geld. Aber das Geld steht nicht an erster Stelle. Das wichtigste ist, einen guten Job zu machen. Das Geld fließt dann automatisch."