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IT-Standards im Rathaus

Informationstechnologie. - Computer und digitale Welt bauen auf logischen Gesetzmäßigkeiten auf - was man von der kommunalen Verwaltung nicht immer behaupten kann. Die Schwierigkeiten bei der Digitalisierung von Verwaltungsvorgängen waren ein Thema auf dem Kongress "Moderner Staat" in Berlin. Die Zeit drängt: Ein europäisches Gesetz schreibt vor, dass die Bürger schon im kommenden Jahr ihre Verwaltungsvorgänge über einen einzigen Ansprechpartner in den Verwaltungen erledigen sollen.

Von Wolfgang Noelke |
    Technisch gesehen, geht es in deutschen Verwaltungen sehr bunt zu: Da werkeln in einigen Verwaltungen noch Programme aus Konrad Zuses Zeiten, neben bundesweit kompatiblen modernsten Programmen der Einwohnermeldeämter. Da werden handschriftlich ausgefüllte Anträge anschließend von Mitarbeitern einer Behörde auf Disketten abgetippt, um dann mit dem Taxi zu einem Rechenzentrum gefahren zu werden, wo man den Inhalt der Disketten ausdruckt, während im selben Amt eine andere Abteilung bereits bundesweit vernetzt ist mit den Schwesterabteilungen anderer Kommunalverwaltungen.

    Die Europäische Dienstleistungsrichtlinie, ein Gesetz, das eine radikale Vereinfachung der Verwaltungsvorgänge vorschreibt, sorgt dafür, dass nicht nur die Technik modernisiert wird, sondern auch die Prozesse, also die Verwaltungsvorgänge selbst. Die kommunale Finanzverwaltung, so Dirk Kleemeier von der Bundesarbeitsgemeinschaft der kommunalen IT Dienstleister werde bereits umgestellt von der alten Kameralistik auf das sogenannte Doppik-System, eine Art der doppelten Buchführung:

    " Die Kameralistik war einzig und allein auf Zahlungsströme, Ein- und Auszahlung, wie auf Ihrem Girokonto ausgerichtet. Man hat seinen Erfolg danach beurteilt, wie viel Geld man auf dem Konto hatte. Das ist aber keine Maßgröße. Jeder Kaufmann kann Ihnen erklären, dass Aufwand und Ertrag die Maßgrößen sind für ein erfolgreiches Wirtschaften, und davon sind Kommunen in der Vergangenheit leider sehr weit entfernt gewesen, weil vielleicht auch das Know-how gerade bei den kleineren Kommunen gefehlt hat. Und wir waren aufgrund der Einführung der Doppik gezwungen, Technologie bereitzustellen, Prozesse darzustellen, die eben diesen Aspekt beleuchten. "

    Weil Doppik alle Entscheidungen kommunaler Abteilungen verknüpft, haben die Entscheidungsträger die Möglichkeit, Nachhaltigkeit und die Folgen ihrer amtlicher Entscheidungen und Verordnungen für mehrere Jahre im Voraus zu berechnen. Dazu sollte Doppik jedoch in der gesamten Kommunalverwaltung installiert sein. Technisch wäre das kein Problem, wenn nicht noch Hürden in anderen Details der durchschnittlich 3000 Verwaltungsvorgänge lauern würden. Stephan Hauber, Geschäftsführer eines der größten Unternehmens für kommunale Behördensoftware erklärt ein typisches Problem:

    " Hier ist es eben so, dass es durchaus unterschiedliche Auffassungen gibt: Was ist überhaupt ein Name einer Person? Gehört der Doktortitel dazu, beispielsweise der Adelstitel? Hier muss man sich einfach die Frage stellen: Wie lange können wir uns noch Zeit lassen, um hier zu einer einheitlichen Auffassung, zu einer Norm, einem Standard zu kommen? Und ein zweites Beispiel: Ist es zulässig, dass wir Zeichen, die nicht im deutschen Alphabet sind, verwenden? Und hier ist es eben auch so, dass wir noch Lücken in der Festlegung im Standard haben. "

    Lücken, die sich jedoch schließen lassen im Lauf der Zeit sagt Frank Steimke, der eine inzwischen von allen Einwohnermeldeämtern Deutschlands benutzte Software entwickelte:

    " Auf der technischen Seite haben wir im Moment die Herausforderung, dass es bisher uns eigentlich gut gelungen ist, zum Beispiel innerhalb des Meldewesens eine Standardisierung tatsächlich durchzuführen, ebenso in anderen Bereichen, und wir merken, in einer vernetzten Welt steigt jetzt einfach der Bedarf, diese Bereiche auch zusammenzubringen. Und da gibt es Probleme, die aber nicht darauf zurückzuführen sind, dass man einen Fehler bei der Standardisierung gemacht hat, sondern es sind die rechtlichen Vorgaben und die organisatorischen Vorgaben an der Stelle unterschiedlich. Was im Moment unsere größte Herausforderung ist, ist der Versuch genau, dieses zu lösen und zu übergreifender Diskussion beizutragen. "

    Eine Diskussion, die bei durchschnittlich 3000 Verwaltungsvorgängen in den kommenden Jahrzehnten noch aktuell sein dürfte.