Und eben dies hat Donata Pizzi getan. Sie folgt den Zeugnissen einer abgebrochenen italienischen Moderne durch die Wüstenstädte von Libyen und die kargen Landstriche Äthiopiens und Eritreas über einige griechische Inseln und Sizilien bis nach Latium, der Gegend um Rom Da die engagierte Römerin einerseits eine Ausbildung als professionelle Fotografin genossen, andererseits zuvor jedoch auch ein Geschichtsstudium absolviert hat, verbindet sich in ihren Bildern dokumentarische Sorgfalt, die kein Detail unbeachtet lässt, mit einer kritisch nüchternen Ästhetik, die diese Bauten in ihrer ganzen befremdlichen Unheimlichkeit entlarven will. Entweder als einsame, melancholische Solitäre oder als geradezu surreale Ensembles. Der Anspruch klassischer Architekturfotografie, Bauten und Ensembles stets menschenleer abzubilden, beflügelt hier unweigerlich Assoziationen mit Gemälden De Chiricos, gerade dann, wenn sich Versatzstücke römischer Antikiensehnsucht mit dem Maschinenglauben der dreißiger Jahre verschwistern. Dass der Ausstellungstitel "Metaphysical Cities" insofern einen leicht ironischen Unterton hat, liegt auf der Hand. Einige Ensembles, wie der Borgo Mezzanone in Foggia beispielsweise, strahlen noch immer die Kälte militärischer Raumordnung aus, während manche dörflichen Ensembles Siziliens wie Modellstädte wirken, in denen sich menschliches Leben nicht einmal vorstellen lässt. Mitten im eritreischen Asmara leuchtet einem ein Stadtturm entgegen, der direkt von Erich Mendelsohn inspiriert sein könnte. Manche der Fotografien sind in Farbe ausgeführt, weil, wie Pizzi erklärt, die Einheimischen die Fassaden der Gebäude oft nachträglich selber mit den in ihren Ländern gebräuchlichen Häuserfarben bemalt haben. Ein grandioses Beispiel dafür ist das so genannte Villagio D'Annunzio im Libyschen Bayada, ein Schulenensemble aus dem Jahr 1938, das in einem matten Orange-Rosa bemalt wurde. Pizzis Farbfotografien wirken hier selbst fast wie Gemälde, so stofflich und dabei so unwirklich, dass man einen Moment lang zweifelt, ob es sich nicht doch vielleicht um eine Nachbearbeitung à la Gerhard Richter handelt.
Dass diese Ausstellung im Italienischen Kulturinstitut gezeigt wird, das seit einiger Zeit im riesigen Mussolini-Bau der Italienischen Botschaft in Berlin residiert, rundet diese Präsentation in unfreiwilliger Zuspitzung ab. In der niedrigen Ausstellungsetage, die eher wie ein langer Durchgang wirkt, können sich die großformatigen Fotoprints Donata Pizzis nicht entfalten. Dass die Italienische Botschaft diese Bilder offenbar eher mit Stolz präsentiert, weil sie den Nachweis einer tatsächlich existierenden italienischen Moderne führen, kann man indes nur zu den vielsagenden Missverständnissen zählen.