Donnerstag, 25. April 2024

Archiv

Aus in der WM-Qualifikation
Italiens Profifußball steckt in einer Systemkrise

Die erneute Pleite Italiens in der Qualifikation zur Fußball-Weltmeisterschaft sei eine Pleite mit Ansage gewesen, kommentiert Thomas Wheeler. Besserung sei nicht in Sicht, denn in der Nachwuchsförderung und der Infrastruktur mangele es in Italien an Geld und Professionalität.

Ein Kommentar von Thomas Wheeler | 26.03.2022
Italiens Ciro Immobile im Spiel der WM-Qualifikation gegen Nord-Mazedonien.
Italiens Ciro Immobile im Spiel der WM-Qualifikation gegen Nord-Mazedonien. (IMAGO / AFLOSPORT)
Incubo: Albtraum! Disastro: Selbsterklärend! Bella Italias Lack ist ab. Un estate italiana, der EM-Triumpf von 2021, kommt einem nach den dürftigen Darbietungen der letzten Monate wie Lichtjahre entfernt vor. Seitdem hat die Squadra Azzurra nicht mehr geliefert.
Die erneute Pleite in der WM-Qualifikation - mit Ansage! Kein Enthusiasmus, keine Leidenschaft, keine Leichtigkeit! Die alten Recken um Capitano Chiellini sind müde und satt. Jetzt stehen Italiens Blaue genau dort, wo sie schon einmal standen, als Roberto Mancini 2018 den Kommandoposten übernahm. Draußen vor der Tür.

Schon 2010 und 2014 in WM-Vorrunde gescheitert

Seit Jahren steckt Italiens Profifußball in einer Systemkrise. Die Nationalmannschaft hatte bereits vorher nichts zu melden und scheiterte 2010 als Titelverteidiger und 2014 in der WM-Vorrunde. Um richtig durchzustarten, müsste das Land des viermaligen Welt- und zweimaligen Europameisters eigentlich morgen WM- oder EM-Gastgeber sein. Stand jetzt will sich der italienische Verband aber erst für die Europameisterschaft 2032 bewerben. Also erst in zehn Jahren.
Italy's manager Roberto Mancini stands on the bench during the World Cup qualifying play-off soccer match between Italy and North Macedonia, at Renzo Barbera stadium, in Palermo, Italy, Thursday, March 24, 2022. North Macedonia won 1-0. (AP Photo/Antonio Calanni)
Italy's manager Roberto Mancini stands on the bench during the World Cup qualifying play-off soccer match between Italy and North Macedonia, at Renzo Barbera stadium, in Palermo, Italy, Thursday, March 24, 2022. North Macedonia won 1-0. (AP Photo/Antonio Calanni)
Italiens Fußball-Nationaltrainer Mancini lässt Zukunft weiter offen
Italiens Fußball-Nationaltrainer Roberto Mancini hat seine Zukunft nach der verpassten WM-Qualifikation seines Landes weiter offen gelassen.
Und das, wo die Nachwuchsförderung von gestern ist. Bis heute gibt es keine Nachwuchsleistungszentren, und die Erstligavereine haben erst seit wenigen Jahren U 21-Teams. Die Stadien sind zwar nicht so alt wie das Kolosseum, aber bis auf das Juventus-Stadium keine internationalen Salons. Immerhin: Inzwischen planen auch Rom und Mailand neue Mehrzweckarenen. Kleineren Klubs dagegen fehlen oft die finanziellen Mittel. In der letzten Saison stiegen die Schulden der Serie A auf ein Rekordhoch von 2,8 Milliarden Euro.

Nord-Mazedonien nur die Spitze des Eisbergs

Es mangelt aber nicht nur an Geld, sondern auch an Professionalität. Nord-Mazedonien sei nur die Spitze des Eisbergs warnte U-21 Nationaltrainer Paolo Nicolato. Die Probleme des italienischen Fußballs lägen viel tiefer. Momentan gebe es einfach zu wenig erstklassige Talente. Eine Analyse, die den Tifosi wenig Hoffnung machen dürfte.
Andererseits ist die Squadra Azzurra auch immer wieder aufgestanden. Diesmal bedarf es jedoch viel mehr, als mal eben den Trainer auszuwechseln. Wenn sich wirklich grundlegend etwas zum Positiven verändern soll, sind alle gefordert: Amateure und Profis, Spieler und Vereine, Funktionäre und Verbände. Der Calcio steht vor einem nationalen Kraftakt.