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Italienische Filmfabrik nach römischem Vorbild

Die Studioanlagen der Cinecittà vor den Toren von Rom bilden die Traumfabrik des italienischen Kinos. Architektonisch lehnen sie sich an antike römische Vorbilder an. Benito Mussolini legte 1936 den Grundstein und weihte Cinecittà dann am 28. April 1937 ein.

Von Henning Klüver |
    Rom, 28. April 1937. Die italienische Wochenschau berichtet von der Einweihung einer großen Studioeinrichtung vor den Toren der Hauptstadt. Auf 40 Hektar Boden ist zunächst mit neun großen Filmstudios, Parkanlagen und weiten Freiflächen eine richtige kleine Stadt für das Kino entstanden – Cinecittà. An der Spitze von Vertretern des Staates, der faschistischen Partei und der Standesorganisationen kommt Benito Mussolini selbst zur Eröffnung dieser Cinecittà:

    "Der Regierungschef hat die neuen Einrichtungen eingeweiht, die ein leuchtendes Beispiel italienischer Architektur und Technik darstellen."

    Anfang der dreißiger Jahre des vergangenen Jahrhunderts hat sich der Faschismus als totalitäre Staatsform unter dem Duce Benito Mussolini endgültig im Land durchgesetzt. Ein Konkordat sichert dem Staat die Zustimmung der katholischen Kirche. Die Wirtschaftskrise wird erfolgreich bekämpft. Propagandamaßnahmen unter Ausnutzung neuer Medien wie Radio und Wochenschau lassen den Konsens in der Bevölkerung wachsen. Kultur, Kunst und Architektur werden eingesetzt, um die Ideologie eines neuen, eines faschistischen Italien zu verbreiten, das an antike, an imperiale Größe anknüpfen will. Und dem Film soll dabei eine wichtige Rolle zufallen. 1934 wird im Propagandaministerium eine Generalabteilung für Kinofragen eingerichtet.

    "Der Duce hatte begriffen, dass das Kino ein wichtiges Kommunikationsmittel war und er wollte die Filmproduktion erhöhen. Zu jener Zeit benötigte man wegen des schwach empfindlichen Filmmaterials viel Licht für die Aufnahmen und also entsprechende Studioeinrichtungen."

    Carole André-Smith, Sprecherin der heutigen Cinecittà-Gesellschaft, zur Gründungsgeschichte der Kinostadt:

    "In Rom gab es damals nur die relativ kleinen Studios der Cines-Produktionsgesellschaft. Und die brannten im September 1935 auf mysteriöse Weise ab. Das war der willkommene Auslöser für eine Planung im großen Stil, für eine richtig große Kinostadt."

    Das Propagandaministerium koordiniert eine Unternehmung, die wie viele andere Projekte des Regimes größtenteils privat von Baukonsortien und Banken finanziert wird. Man findet in Gino Peressuti einen Architekten, der die Absichten Mussolinis für ein neues Italien kongenial umsetzt. In weniger als 400 Tagen zwischen der Grundsteinlegung 1936 und der Eröffnung am 28. April 1937 wird Cinecittà im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Boden der römischen Campagna gestampft. Die Kunsthistorikerin Christine Beese, die sich am Deutschen Historischen Institut in Rom mit dem Städtebau im Faschismus beschäftigt, analysiert die Planung:

    "Was gleich ins Auge sticht, wenn man sich den Masterplan von 1936/37 anguckt, ist, dass er tatsächlich axial angelegt ist. Es gibt eine Hauptachse, die von zwei, drei Querachsen geschnitten wird. Und es gibt einen Hauptplatz, der so etwas wie ein Eingangsplatz ist. Und das Ganze ist eigentlich das typische römische Muster von Stadtgrundrissen, wie man es eben aus der Antike auch kennt."

    In dieser römischen Stadt entsteht römisches Kino. Zunächst, wie es Mussolini will. Nach dem Krieg werden hier die großen amerikanischen Historienfilme "Ben Hur" oder "Quo Vadis" gedreht. Und dann kommt Federico Fellini mit "La Strada", "8 1/2" oder "Satyrikon". Carole André-Smith:

    "Fellini liebte Cinecittà über alles. Er hat einmal gesagt: Ich wurde geboren, bin nach Rom gekommen, habe mich verheiratet und habe in Cinecittà gearbeitet. Das waren die vier Fundamente seines Lebens."

    In Cinecittà produziert man heute noch Kinofilme, wie zuletzt Nanni Morettis "Habemus Papam". Aber die meisten Studios sind zurzeit von Fernsehproduktionen belegt.