" Wir kaufen italienische Lebensmittel, Mode, Schuhe und Autos und verbringen unseren Urlaub in Italien. Viele haben dort ein Stück Land, dafür zahlen sie Steuern. Wir Auslands-Italiener haben spürbar zum Wohlstand Italiens mit beigetragen und deshalb möchten wir auch politisch mitreden."
Früher mussten Italiener, die im Ausland lebten, zurück in ihre alte Heimat reisen, um wählen zu können. Jetzt stimmen sie zum ersten Mal sogar für eigene Kandidaten, die sie in Rom vertreten: Insgesamt 18 Abgeordnete aus aller Welt - 12 werden im Parlament und sechs im Senat sitzen. Die Regierung Berlusconi änderte dafür eigens das Gesetz. Lara Giordano ist begeistert. Die gebürtige Turinerin führt ein Cafe in Sydney und war eine der ersten, die einen Exil-Italiener gewählt hat. Sie nennt das "Globalisierung auf italienisch."
" Es ist phantastisch, dass wir in Rom jetzt durch einen lokalen Abgeordneten vertreten werden. Denn der weiß, wo uns Italienern in Australien der Schuh drückt. Wir sind damit wieder Bürger erster Klasse. Es ist ein Anfang und in Zukunft wird man auf unsere Stimme vielleicht auch hören. "
Übersee-Parlamentarier zu werden ist ein begehrter Job. Die frühere Schlagersängerin Rita Pavone möchte für die Italiener im übrigen Europa ins römische Parlament einziehen, eine der Kandidatinnen in den USA ist Angela Turner, die Schwiegertochter von Medien-Mogul und CNN-Gründer Ted Turner. Guiseppe Musso ist von der Vereinigung "Italiener im Ausland" in Sydney. Er schätzt, dass im größten der vier so genannten Welt-Wahlkreise, in dem auch Australien liegt, etwa 160.000 Exil-Italiener ihre Stimme abgeben dürfen.
" Hier in Australien sind etwa 120.000 von uns wahlberechtigt. Wir bestimmen zwei Abgeordnete. Das ist großartig für uns und für die Kandidaten, die wir wählen."
Kandidaten aus sechs Parteien traten in Australien gegeneinander an: Mit Internetseiten, Wahlwerbung im Radio und Fernsehen, aber auch Plakaten, Hochglanzbroschüren - und mit dicken Wahlkampfbudgets. Das Geld dafür kam aus den römischen Parteizentralen oder es handelte sich um Spenden. Umberto Volpi ist der Spitzenkandidat für "L'Unione", der Partei des Berlusconi-Herausforders Romano Prodi. Seine Kampagne kostete 400.000 Euro. Volpi reiste wochenlang quer durch Australien und bis nach Bangkok, Kenia, Johannesburg und Kuala Lumpur.
" In jedem Land unseres Wahlkreises haben Auslands-Italiener die gleichen Probleme. Wenn ihre Kinder in Europa arbeiten möchten gibt es Schwierigkeiten, weil die Eltern oft ihre italienische Staatsbürgerschaft abgeben mussten. Die möchten sie jetzt wiederhaben. Und mehr Unterstützung für Rentner."
Wahlversprechen gibt es mehr als Pizza-Beläge: Von höheren Renten für Auslands-Italiener ist die Rede, von niedrigeren Steuern für Besitztümer in Italien und vom Recht auf doppelte Staatsbürgerschaft für jeden mit italienischem Stammbaum. Wie aber ein Abgeordneter aus Sydney die italienische Gemeinde in, sagen wir, Uganda oder Laos aktiv vertreten will, das hat bisher niemand erklärt.
Derweil sind für die Übersee-Parlamentarier First-Class-Flugtickets zu den Parlamentssitzungen in Rom vorgesehen, eine Suite im Nobelhotel und Zutritt zu den Vorzimmern der Macht. Dazu: Monatlich 5000 Euro Gehalt und 14.000 Euro Reisekostenpauschale für jeden der Auslands-Abgeordneten. Daniele Luca verschluckt sich in einem Straßencafe in Sydney fast an seinem Gelato. Für ihn klingt das nicht nach Politik, sondern nach "La dolce vita" für die Spesenritter-Mafia.
" Das ist doch Betrug. Es geht nur um Freiflüge um die ganze Welt für diese "so genannten" Kandidaten. Sie machen älteren Auslands-Italienern weis, dass sie in Rom etwas für sie ändern könnten. Von wegen. Sie werden das tun, was italienische Politiker immer tun: Alles rausholen, was für sie drin ist und dann im Fernsehen damit angeben."
Den Steuerzahlern in Italien ist das Lachen längst vergangen. Sie finanzieren die 18 Auslands-Italiener, die ins Abgeordnetenhaus und den Senat einziehen. Kritiker bemängeln es wäre sinnvoller Italien-Einwanderern ein Mitspracherecht zu geben, als Landsleuten, die weit weg und oft seit Jahrzehnten im Ausland lebten. Die australische "Forza Italia"-Kandidatin Teresa Restifa macht da keinen Unterschied. Einer ihrer Slogans im Wahlkampf war: "Einmal Italiener, immer Italiener."
" Nehmen wir an sie haben fünf Kinder und jedes lebt in einem anderen Kontinent. Würden sie sie deshalb vergessen ? Oder würden sie sich um sie kümmern und mit ihnen in Kontakt bleiben. Mit uns Exil-Italienern ist es dasselbe. In unseren Adern fließt italienisches Blut. Wir dürfen nicht vergessen werden. Und endlich bekommen wir auch die Anerkennung, die wir verdienen."
Es heißt: Alle Wege führen nach Rom. Der ins italienische Parlament führt jetzt sogar bis über Australien. Auslands-Italiener, selbst vom Ende der Welt, sollen künftig als Parlamentarier dafür sorgen, dass "Bella Italia" überall noch schöner wird. Man könnte fast glauben: Die spinnen, die Römer.