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Itanium schwächelt

Hardware.- Vor etlichen Jahren erwarteten Branchenbeobachter, dass ein neuer Superprozessor namens Itanium die IT-Industrie aufmischen würde. Doch er wurde zum Ladenhüter. Nun hat das Unternehmen Oracle seine Unterstützung für Itanium angekündigt.

Von Achim Killer |
    Zehn Milliarden Dollar haben sich nach Expertenschätzungen Intel und Hewlett-Packard die Entwicklung der Itanium-Prozessor-Architktur kosten lassen. Die Geschichte eines der ambitioniertesten Projekte der IT-Industrie geht zurück bis in die Mitte der 1990er-Jahre. Aber sie ist schnell erzählt:

    1994 beginnen die Entwicklungsarbeiten, und in der Folge verschwinden rasch konkurrierende Prozessor-Linien, die MIPS-Chips, die zuvor in Spielekonsolen, Workstations, Servern und Supercomputer takteten, der Alpha-Prozessor und Hewlett-Packards PA-RISC-Linie. Viele erwarteten, dass Intel den Markt für Serverprozessoren genauso aufrollen würde wie zuvor jenen für PC-Chips.

    Der Itanium ist ein 64-Bit-Prozessor, also er kann mehr als 4 Gigabyte Arbeitsspeicher verwalten. Sowas braucht man im Rechenzentrum. Und er bringt ein völlig neues Programmiermodell mit. Der Entwickler, respektive der Kompiler, sagt ihm explizit, welche Programmbefehle er gleichzeitig ausführen kann, deshalb muss es der Prozessor nicht selber ausprobieren. Epic-Explicitly Parallel Instruction Computing – nennt sich das und spart Rechenleistung. Dann aber bringt der Konkurrent AMD 64-Bit-Standardprozessoren heraus, die vom Markt begeistert aufgenommen werden. Andrew Butler vom Analystenhaus Gartner formuliert es damals so:

    "Nutzer von 32-Bit-Systemen wollen sich nur langsam in die 64-Bit-Welt vorwagen, quasi erst einmal nur einen Zeh ins kalte Wasser stecken. Und so etwas fällt einem leichter, wenn man es mit einem altbekannten System zu tun hat und nicht mit einem völlig neuen."

    Intel muss denn auch 2004 nachziehen und seine Xeon-Standard-Chips 64-Bit-fähig machen. Sie werden zum Verkaufsschlager, die Itanium-Prozessoren zu Ladenhütern. Und damit ist die Geschichte zuende. Der Rest sind Nachträge. Microsoft und Redhat entwickeln keine Betriebssysteme für die Plattform mehr. Und vor kurzem hat Oracle erklärt, es auch mit Datenbanken und Betriebswirtschaftsoftware so halten zu wollen. Ein aktuelles Problem für die Nutzer von Itanium-Servern sei das nicht, sagt Albrecht Munz, der bei HP für Hochleistungssysteme zuständig ist.

    Und Linux und Windows würden eher besser zu x86-, also zu Intels Standardprozessoren passen als zum Itanium, fügt er hinzu.

    Aber dass Oracle der Itanium-Plattform einen schweren Schlag versetzt hat, das lässt sich nicht wegdiskutieren. 90 Prozent der Systeme werden von HP vertrieben. Und dieser Konzern hat jetzt einen Hochleistungsprozessor, auf dem künftig just jene Software nicht läuft, für die man Hochleistungsprozessoren üblicher Weise einsetzt. Das könnte das Ende des Itanium sein. Schon als Intel begann, ihm mit Xeon-Chips Konkurrenz zu machen, höhnte der damalige Vice-President von Sun Microsystems Bill Scharrenberg.

    Die Parallelen zum Alpha-Prozessor sind in der Tat frappierend. Auch das war ein technisch brillantes Millarden-Projekt. Aber die Chips konnten sich nicht am Markt durchsetzen. Den Alpha-Entwickler Digital Equipment hat das damals die wirtschaftliche Eigenständigkeit gekostet.